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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung
Autoren: Bernard Cornwell
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Radscha von Berar sein, aber er war jedenfalls ein Kämpfer.
    »Greifen Sie jetzt an!«, sagte Dodd eindringlich. Am Morgen hatte er davon abgeraten, überhaupt gegen die Briten zu kämpfen, doch jetzt hielt er diesen Rat für falsch, denn die britische Attacke war im Ansatz stecken geblieben, lange bevor sie Musketen-Reichweite erreicht hatte. »Greifen Sie mit allem an, was Sie haben, Sahib«, drängte Dodd.
    »Wenn ich alles nach vorne werfe, Colonel Dodd«, sagte Bappu mit seiner sonderbar zischenden Stimme, »dann werden meine Geschütze das Feuer einstellen müssen. Sollen die Briten ins Kanonenfeuer marschieren, und dann lassen wir die Infanterie los.« Bappu hatte seine Schneidezähne durch einen Lanzenstoß verloren, und so zischte er seine Worte. Es klingt wie von einer Kobra, dachte Dodd. Bappu wirkte sogar wie eine Schlange. Vielleicht lag das an seinen verdeckten Augen, oder vielleicht auch nur, weil er eine stumme Bedrohung ausstrahlte. Aber er konnte wenigstens kämpfen. Bappus Bruder, der Radscha von Berar, war vor der Schlacht bei Assaye geflohen, doch Bappu, der nicht bei Assaye anwesend gewesen war, war kein Feigling. Er konnte zubeißen wie eine Schlange.
    »Die Briten sind bei Assaye ins Kanonenfeuer marschiert«, grollte Dodd, »und dort waren es weniger, und wir hatten mehr Geschütze. Dennoch haben sie gesiegt.«
    Bappu tätschelte sein Pferd, als es beim Donnern einer nahen Kanone scheute. Es war ein großer schwarzer Araberhengst, dessen Sattel reich mit Silber geschmückt war. Pferd und Sattel waren Geschenke eines arabischen Scheichs, dessen Stammesangehörige nach Indien gesegelt waren, um in Bappus Regiment zu dienen. Sie waren Söldner aus der erbarmungslosen Wüste, die sich die Löwen Allahs nannten, und man hielt sie für das wildeste und grausamste Regiment in ganz Indien. Die Löwen Allahs wurden von Bappu ins Feld geführt: eine Phalanx dunkelgesichtiger Männer in weißen Uniformen, bewaffnet mit Musketen und langen Krummsäbeln. »Meinen Sie wirklich, wir sollten vor unseren Geschützen kämpfen?«, fragte Bappu.
    »Musketen werden mehr töten als Kanonen«, sagte Dodd. Eines mochte er an Bappu: Der Mann war bereit, auf seinen Rat zu hören. »Treffen Sie sie auf halbem Weg, Sahib, dünnen Sie die Bastarde mit Musketenfeuer aus, dann ziehen Sie sich zurück und lassen Sie die Kartätschen den Rest erledigen. Besser noch, Sahib, lassen Sie die Geschütze an den Flanken aufstellen, um Sie von dort zu beharken.«
    »Dazu ist es zu spät«, meinte Bappu.
    »Nun, vielleicht.« Dodd rümpfte die Nase. Warum die Inder stur darauf bestanden, Geschütze vor der Infanterie in Stellung zu bringen, konnte er nicht begreifen. Es war eine blöde Idee, aber sie ließen sich nicht davon abbringen. Immer wieder sagte er ihnen, sie sollten ihre Kanonen zwischen den Regimentern aufstellen, sodass die Kanoniere schräg über die Infanterie hinweg feuern konnten, doch indische Kommandeure nahmen an, dass der Anblick von Geschützen direkt vor ihnen ihre Männer aufmunterte. »Aber setzen Sie einige Infanterie vor ihnen ein, Sahib«, drängte er.
    Bappu dachte über Dodds Vorschlag nach. Er mochte den Engländer nicht sehr – er war ein großer, linkischer und verdrossener Mann mit langen, gelblichen Zähnen und einer sarkastischen Art –, doch Bappu hielt seinen Rat für gut. Der Prinz hatte noch nie gegen die Briten gekämpft, und es war ihm klar, dass sie sich irgendwie von den anderen Feinden unterschieden, die er auf vielen Schlachtfeldern im westlichen Indien abgeschlachtet hatte. Da war eine unerschütterliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod bei diesen Rotröcken, die sie gelassen in die heftigste Kanonade marschieren ließ. Er hatte das noch nicht mit eigenen Augen gesehen, doch von genug Männern gehört, um den Berichten zu glauben. Dennoch fand er es schwer, die bewährten Schlachtmethoden aufzugeben. Es kam ihm unnatürlich vor, seine Infanterie vor seinen Geschützen vorrücken und somit die Artillerie erst einmal nutzlos warten zu lassen. Er verfügte über achtunddreißig Kanonen – alle schwerer als jene, die bis jetzt von den Briten eingesetzt worden waren –, und seine Kanoniere waren so gut ausgebildet wie die jeder anderen Armee. Achtunddreißig großkalibrige Kanonen konnten vorrückende Infanterie fein abschlachten, doch wenn stimmte, was Dodd sagte, dann würden die Rotröcke den Beschuss stoisch ertragen und sich nicht aufhalten lassen. Abgesehen davon, dass einige
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