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Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers

Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers

Titel: Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
Autoren: Jacquelyn Frank
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klaustrophobisch und lähmend wirken lassen. Das war Gott sei Dank besser geworden, nachdem ihre Augen sich überraschend schnell an die völlige Dunkelheit gewöhnt hatten. Sie hatte sich sogar daran gewöhnt, dass immer Nacht war und dass es nie Tag wurde, wie es eigentlich sollte.
    Alles war jedenfalls besser geworden, als sie aufhörte, nach Gründen dafür zu suchen, warum es wohl keine Sonne gab.
    Noch so eine seltsame Sache war das mit dem Essen. Das Essen war immer frisch zubereitet, füllte sich irgendwie von selbst auf, so als würden unsichtbare Angestellte noch immer ihren täglichen Pflichten nachgehen. Sie sah nie, wie es passierte, es passierte einfach.
    Sie war zu dem Schluss gekommen, dass es am besten war, wenn sie nicht zu viel Zeit damit verbrachte, darüber nachzudenken. Sie bekam keine Antworten, und sie erschreckte sich damit nur selbst zu Tode. Sie fand keine Erklärung für diese und für viele andere unnormale Dinge, und sie war das panische Herzrasen leid, das sie jedes Mal überfiel, wenn sie über ihre düstere Umgebung nachdachte. Stattdessen lernte sie, manche Dinge zu genießen … wie Essen, das sie noch nie probiert hatte, oder sich in Häuser in Chinatown zu schleichen, einfach um zu sehen, wie anders sie waren.
    Ein Licht gab es allerdings. Das Mondlicht. Es war das Einzige, was Erleichterung in diese dunkle Welt brachte. Der zunehmende Mond, der immer größer wurde, verströmte immer mehr wunderbar blasses Licht auf die Welt um sie herum. Ashla machten nicht einmal die unheimlichen Schatten etwas aus, die in langen schwarzen und grauen Streifen auf die Erde fielen. Sie wusste ja schon, dass niemand sich darin versteckte.
    Ihre Wirklichkeit blieb vollkommen menschenleer, so wie es schon den größten Teil des Monats gewesen war. Oder waren es zwei Monate? Oder noch mehr? Selbst die Zeit schien aufgegeben zu haben in dieser leblosen Ödnis, die keinen Sinn ergab. Und sie selbst hatte anscheinend ebenfalls aufgegeben und sich schließlich gelöst von der überwältigenden Trauer über geliebte Menschen, die sie verloren hatte, und sogar ihre wütende Verzweiflung über eine plötzlich sinnlos gewordene Welt überwunden. Jetzt streifte sie einfach durch New York und das restliche Dreiländereck und versuchte sich ein bisschen die Zeit zu vertreiben.
    Bis zu diesem Zeitpunkt war ihr nicht bewusst gewesen, wie elementar wichtig die Gegenwart von anderen Menschen für das Wohlergehen war.
    Eine Weile hatte es sogar Spaß gemacht, Wege entlangzugehen und Plätze aufzusuchen, die normalerweise streng bewacht wurden, und die verborgene Funktionsweise von Dingen zu untersuchen, nach denen sie sich noch nie gefragt hatte. Zumindest war es so lange unterhaltsam gewesen, bis sie in einer U-Bahn-Station gestürzt war und ihr der Gedanke kam, dass ihr niemand zu Hilfe kommen würde, wenn sie schwer verletzt wäre; niemand würde sie zur Behandlung in ein Krankenhaus bringen; niemand würde sich darum kümmern, dass sie nicht allein in einem dunklen, gefliesten Tunnel vor Hunger und Durst krepierte.
    Seit diesem Panikanfall war sie nicht mehr im Untergrund gewesen. Oberirdisch war es vielleicht nicht weniger gefahrvoll, doch es war nicht so beengt, und sie zog Trost aus allem, was nur möglich war. Doch Ashlas Gefühl von Sicherheit oben auf den Straßen war relativ. Sie war zwar sicher vor dunklen und unheimlichen unterirdischen Gefahren, aber sie fühlte sich noch einsamer, wenn Gebäudetürme über ihr aufragten und ihr das Gefühl gaben, dass sie winzig klein war und am Grund eines riesigen verlassenen Canyons stand. Sie musste gegen die wachsende Furcht ankämpfen, dass irgendwann womöglich etwas passieren würde und sie nicht wüsste, wie sie sich selbst helfen sollte.
    Und dann, wenn sie einen ganz schlechten Moment hatte, erinnerte sie sich manchmal nicht einmal mehr an die Namen der Menschen, die sie kannte. Dann wurde ihr richtig angst und bange. Dann fürchtete sie, dass sie einfach den Verstand verloren hatte. Welche Erklärung sollte es sonst geben? Wie sollte sie sonst ihre geliebte Schwester Cristine vergessen? Oder ihre Brüder Malcolm und Joseph? Ihre Eltern. Es erschreckte sie, wenn sie sich vorstellte, dass irgendetwas sie dazu bringen konnte, zu vergessen, wie es gewesen war, unter der Fürsorge ihrer Mutter aufzuwachsen.
    Es tröstete sie, dass sie sich am heutigen Tag an alles erinnern konnte, und sie versuchte, nicht an den nächsten Tag zu denken.
    Von dem allen abgesehen
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