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Septimus Heap 05 - Syren

Titel: Septimus Heap 05 - Syren
Autoren: Angie Sage
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Glücksbringern und Amuletten und spähte hinein. Auf dem blauen Fries, mit dem die Schublade ausgeschlagen war, lagen ordentlich allerlei geschliffene Edelsteine und Kristalle. Tante Zeldas Hand schwebte über einer Auswahl an Sicherheits-Charms, und ihre Stirn legte sich in Falten – was sie suchte, war nicht da. Sie zog noch einmal das Buch zurate, dann fasste sie tiefer in die Schublade hinein, bis ihre Finger ganz hinten einen kleinen Riegel ertasteten. Sie machte ihren kurzen, dicken Zeigefinger ganz lang und schaffte es gerade so, den Riegel nach oben zu klappen. Ein leises Klicken ertönte, und etwas Schweres fiel in die Schublade und rollte nach vorn in den Schein der Laterne.
    Tante Zelda nahm eine kleine, birnenförmige goldene Flasche heraus und legte sie sich vorsichtig in die Hand. Sie sah den satten dunklen Glanz reinsten Goldes – von den Aurum-Spinnen gesponnenen Goldes – und einen dicken Silberstöpsel, der mit der Hieroglyphe eines längst vergessenen Namens beschriftet war. Eine leichte Unruhe überkam sie – die kleine Flasche in ihrer Hand war ein unvorstellbar seltener Sicherheits-Charm, den sie nie zuvor berührt hatte.
    Seit dem frühen Vormittag, als Marcia die Hüterhütte besucht und den Trank für Ephaniah und Hildegard geholt hatte, war Tante Zelda fürchterlich nervös. Marcia war kaum wieder fort, da hatte sie plötzlich eine Erscheinung gehabt: Septimus auf Feuerspei, ein blendender Blitz und dann nichts mehr, nur schwarze Nacht. Tief erschüttert hatte sie dagesessen, ganz still, und in die schwarze Nacht gestarrt, aber sie hatte nichts mehr gesehen. Und das machte ihr Angst.
    Nach der Erscheinung war sie ganz aufgewühlt gewesen. Sie hatte genug Erfahrung mit dem zweiten Gesicht, wie es die Leute nannten, um zu wissen, dass es eigentlich das erste Gesicht heißen müsste – es irrte nämlich nie. Niemals. Und darum wusste sie, dass Septimus auf dem Drachen sitzen würde, obwohl Marcia die Absicht hatte, selbst zu Jenna, Nicko, Snorri und Beetle zu fliegen. Was sie gesehen hatte, würde mit Sicherheit eintreffen. Und sie konnte es nicht verhindern. Sie konnte nur eines tun, sie konnte Septimus den besten Sicherheits-Charm schicken, den sie hatte – und dies war er.
    Tante Zelda quetschte sich aus dem Schrank und trug den lebenden Sicherheits-Charm ganz vorsichtig zum Fenster. Sie hielt die kleine Flasche hoch ans Tageslicht, drehte sie und prüfte das alte Wachsiegel rund um den Stöpsel. Es war noch unversehrt – es wies weder Risse noch irgendwelche Anzeichen dafür auf, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hätte. Sie lächelte: Der Charm schlief noch. Alles war gut. Tante Zelda holte tief Luft, und mit einer sonderbar eintönigen Stimme, die jedem Zuhörer Gänsehaut verursacht hätte, machte sie sich daran, ihn aufzuwecken.
    Fünf Minuten lang sang Tante Zelda einen der seltensten und kompliziertesten Gesänge, die sie jemals angestimmt hatte. Er enthielt eine Fülle von Regeln, Vorschriften, Klauseln und Unterklauseln, die, hätte man sie aufgeschrieben, jede Rechtsurkunde in den Schatten gestellt hätten. Es war ein verbindlicher Vertrag, und Tante Zelda tat alles Erdenkliche, um mögliche Schlupflöcher zu stopfen. Sie begann damit, dass sie Septimus – den Empfänger des Charms – in aller Ausführlichkeit beschrieb, und während sie sein Lob sang, schwoll ihre Stimme an und erfüllte die kleine Hütte, brachte drei Fensterscheiben zum Zerspringen und die Milch zum Stocken und kringelte sich schließlich durch den Schornstein hinaus in den windigen Frühlingsmorgen des Marschlandes.
    Während Tante Zelda sang, schraubte sich ihre Hexenstimme über den Bereich hinaus, in dem das menschliche Ohr Töne wahrnehmen kann, und drang in die Höhen vor, in denen Geschöpfe der Marschen Warnrufe ausstoßen. Eine Familie von Marschhüpfern hüpfte in den Mott, und fünf Wassernixen tauchten tief in das Lieblingsschlammloch des Boggarts. Zwei Marschwühlmäuse rannten quiekend über die Mott-Brücke und purzelten in eine Matschpfütze, und die Marschpython, die gerade in den Mott abbiegen wollte, besann sich eines Besseren und nahm Kurs auf die Hühnerinsel.
    lindlich verstummte der Gesang, und die Panik unter den Marschbewohnern rings um die Hütte legte sich. Tante Zelda fädelte ein geflochtenes Lederband durch die silberne Öse am Hals der Flasche und steckte diese vorsichtig in eine der vielen tiefen laschen ihres Kleides. Als Nächstes ging sie nach hinten in die
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