Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Septemberblut

Titel: Septemberblut
Autoren: Rebekka Pax
Vom Netzwerk:
wunderte mich, dass ich es überhaupt berühren konnte. Aber herrenlos, wie die Waffe war, hatte sie viel von ihrer Kraft eingebüßt.
    Ich konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Sogar Ambers Gegenwart rückte in den Hintergrund. Das Messer war das Einzige, was zählte. In meinem Kopf tobten Warnungen, grauenhafte Berichte von Vampiren, die eine Begegnung überlebt hatten. Das Messer war das Schlimmste, was sich unsere Art vorstellen konnte. Hätte man mir die Wahl gelassen, hätte ich es vorgezogen, in der Sonne zu verbrennen. Ich ballte die Hände zu Fäusten, um Amber nicht sehen zu lassen, dass sie plötzlich zitterten.
    »Julius, was ist es dann?«
    »Ein Messer!«
    »Aus Holz? Und ist es antik, irgendwie wertvoll oder so?«
    »Nein«, wiegelte ich ab, »nichts dergleichen.«
    Der Kellner brachte den frittierten Catfish sowie eine Schale mit haselnussbraunem Reis und riss Amber und michaus der merkwürdigen Anspannung, die uns befallen hatte.
    Meine Begleiterin wandte sich dem Essen zu. Sie benutzte die Holzstäbchen geschickt, um sich Reis und Fisch auf den Teller zu häufen, und schon nach den ersten Bissen bekam ihr Gesicht eine angenehme Röte.
    Ich hätte Amber gerne meine ganze Aufmerksamkeit gewidmet, doch das Messer lag noch immer vor mir auf dem Tisch. Seine Nähe wurde mir mit jeder Minute unangenehmer. Wie konnte so ein kleiner Gegenstand nur so viel Macht besitzen? Das Messer schürte meine Angst, und noch schlimmer, es schien darauf zu reagieren. Je mehr ich mich fürchtete, desto schmerzhafter wurde seine Nähe. Mein Herz begann zu brennen, als sei Säure am Werk. Bald würde es zu spät sein und ich nur noch einen Gedanken kennen: Flucht!
    Aber ich wollte hier sein, hier bei Amber, und ich wollte meinem Meister die Waffe bringen und ihn stolz auf mich machen. Mit letzter Kraft zwang ich mich zu handeln. Meine Hände wollten nicht, doch schließlich griff ich nach dem Messer und wickelte es wieder in das Handtuch. Dann schob ich es zu Amber hinüber. Der Schmerz ließ augenblicklich nach. Ich atmete auf.
    Wenn Frederik seine Schwester zur Erbin bestimmt hatte, dann war sie mein Ziel. Der Gedanke an eine Dienerin erschien mir plötzlich gar nicht mehr so abwegig. Ambers Gesellschaft war mir angenehm, mehr als das. Ich genoss jede Sekunde mit ihr, und der Abend versprach noch besser zu werden. Ich würde von ihr trinken.
    Bei dem Gedanken an ihr Blut krampfte sich mein Magen zusammen. Die kleine wilde Bestie war erwacht und biss wütend um sich, weil ich ihrem Willen nicht sofort nachkommen wollte. In einer selbstzerstörerischen Regung trankich einen großen Schluck Wasser, der sich wie ein lähmendes Elixier in meinem Magen ausbreitete.
    Wir verbrachten die restliche Zeit mit harmlosen Plaudereien über die anderen Gäste und den selbst für Los Angeles ungewöhnlich heißen Sommer. Schließlich war es Zeit zu gehen, und ich ließ die Rechnung bringen. Mit ihr kamen zwei Glückskekse, die wir uns gegenseitig vorlasen.
    Ihr sonniges Gemüt lässt Sie schnell Freundschaft schließen, stand auf meinem.
    Amber verzog ihren Mund zu einem schiefen Grinsen. »Sonniges Gemüt?«, scherzte sie und brach ihren Keks auf. Ihre Zukunft beginnt jetzt.
    Das klang wie mein Startsignal. Ich sah sie an. Tauchte tief in ihre meergrünen Augen und ließ sie einen kleinen Teil von meiner Macht schauen. Energie strömte aus meiner Haut. Sie erschauerte und drehte verwirrt den Kopf zur Seite. »Was war das?«
    Ich hätte alles sagen können in diesem Moment, ohne dass sie hätte fliehen können. Amber war mein. Sie stand unter meiner Kontrolle. Magie streichelte ihre Haut und hielt ihre Seele vorsichtig wie einen Schmetterling. Ich würde ihr nicht weh tun.
    »Gehen wir?«, fragte ich und stand bereits.
    Sie konnte den Blick nicht von meinen Augen wenden, ergriff meine dargebotene Hand, und ich führte sie vorbei an den vollbesetzten Tischen, an denen ahnungslose Menschen Nichtigkeiten austauschten.
    Kapitel7
    Vor der Tür empfing uns kühler Seewind. Palmen, die Blätter ins warme Licht der Reklameschilder getaucht, schwangen träge hin und her. Der Strom der Autos floss auch zu dieser fortgeschrittenen Stunde noch unverändert.
    Amber überließ sich meiner Führung. Ihr Geist war wach, und doch konnte sie mir keine Bitte abschlagen. Magie hing zwischen uns wie ein unsichtbares Seil, verband uns, leitete.
    Ich hatte nur die negativen Gefühle aus Ambers Gedanken verbannt. Sie war etwas Besonderes, mehr als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher