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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Autoren: Michael Thiele
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Bitte bleibt! Wohin geht ihr? Warum wendet ihr euch ab?
    Verwirrt blieb ich stehen und wandte mich nach allen Seiten. Was auch immer ich tat, das Lebenszeichen wurde schwächer, erstarb unaufhaltsam, rieselte wie Sand durch die Finger. Fassungslos beschleunigte ich meine Schritte, getrieben von der Angst, so kurz vor dem Ziel doch zu spät zu kommen. Noch vernahm ich etwas, erschreckend schwach zwar, aber immerhin... und dann, von einem atemlosen Moment auf den anderen, riss der Kontakt ab.
    Nein!
    Bitte nicht...!
    Es dauerte, bis sich mein Atem einigermaßen beruhigte. Verzweifelt lauschend, mit noch immer heftig hebendem und senkendem Brustkorb, verharrte ich an Ort und Stelle.
    Doch da war nichts mehr.
    Es war vorbei.
    Ich war zu spät.
    Das einsetzende Gefühl der Niederlage war niederschmetternd. All die Entbehrungen und Anstrengungen der letzten Wochen – umsonst. Es ließ sich nicht so kurzerhand hinnehmen.
    Unnachgiebig kämpfte ich mich wieder auf die müden Füße und ging einfach weiter, weiter in jene Richtung, in die das Signal bis kurz vor seinem Absterben geleitet hatte. Es war jetzt auch schon egal.
    Was dann geschah, grenzte an ein Wunder. Über Stunden war ich ohne jeden Anhaltspunkt in die einzige logisch erscheinende Richtung weitergelaufen. Es gab nichts mehr zu verlieren, rein gar nichts. Erst zu Beginn der Dämmerung, als ich mir eigentlich schon um eine Bleibe für die Nacht hätte Gedanken machen müssen, stieß ich auf ihn.
    Mein Herz schlug rasend schnell.
    Es war ein Mensch, ein Mensch wie ich!
    Er sah zerschunden aus, war wohl aus großer Höhe in die Tiefe gestürzt. Lange konnte er noch nicht hier liegen. Er musste es gewesen sein, der Mensch, zu dem ich bis heute Morgen Kontakt hatte. Mit seinem jähen Tod war auch die Stimme in mir verstummt.
    Nun zahlte sich die unendliche Geduld meiner Mutter aus, mir eine Fähigkeit zu vermitteln, welcher ich stets wenig Bedeutung zugeschrieben hatte. Wie sehr ich es verabscheut hatte, Lesen und Schreiben lernen zu müssen, mögen keine Worte beschreiben. Niemals hätte ich gedacht, eines Tages tiefen Dank für diese Fertigkeit zu empfinden. Im Bündel des auf tragische Weise Verunglückten fand sich zu meiner größten Überraschung eine Schriftensammlung. Ehrfurchtsvoll wischte ich beide Hände an der Hose ab, griff nach dem ersten vergilbten Blatt und ließ den Blick über die zittrige Schrift gleiten.
     
     
    „Ich weiß nicht, ob das, was ich hier niedergeschrieben habe, jemals in die Hände anderer Menschen gelangen wird. Ich bezweifle es, denn seit vielen Jahren bin ich keinem anderen Vertreter meiner Rasse mehr begegnet. Ich überlasse es also dem Zufall, was mit meinen Aufzeichnungen, meinen Erinnerungen, geschieht.“
     
     
    Ich blickte auf. Er war also auch ein Suchender gewesen, ein Suchender wie ich! Ganz offensichtlich hielt ich sein Leben in den Händen, festgehalten auf einer Unmenge von faserigen, hochgradig fragilen Blättern. Immer mehr wurde mir bewusst, welchen Verlust sein Tod bedeutete. Verdammt, verdammt! Warum musstest du so kurz vor unserem Zusammentreffen abstürzen? Warum?
     
     
    „Ich würde mir sehr wünschen, dass meine Aufzeichnungen irgendwann einmal, wenn sich der dunkle Mantel des Vergessens über den Staub der Jahrhunderte gelegt hat, dazu beitragen, die Verdienste der anständigen Menschen dieser Welt zu würdigen und am Leben zu erhalten.“
                                                                                      Jack Schilt
    Stoney Creek, Avenor
    Im Frühjahr des Jahres 700
     
     
    Die Erkenntnis traf wie ein Faustschlag. Schmerzhaft wurde mir bewusst, wer der Verfasser dieser Chronik gewesen war.
    Er trug meinen Namen!
    Er hieß Jack Schilt!
    Hastig atmend zog ich die letzte Seite heraus, die die jüngsten Eintragungen enthielt. So wie es aussah erst gestern geschrieben, gestern, als nicht nur er voller Hoffnung auf eine baldige Begegnung irgendwo da oben in den kalten Bergen in einer Felsnische an einem wärmenden Feuer die Nacht verbracht haben musste.
    Jene letzten Sätze trieben mir Tränen in die Augen.
    Er war es also wirklich gewesen, der mich geleitet hatte.
    Wir waren einander so nahe gekommen, so unbeschreiblich nahe und doch sollten wir uns verfehlen. Ich verfluchte die vergangenen beiden Tage, an denen ich aufgrund meines schmerzenden Knöchels deutlich langsamer vorangekommen war. Womöglich lag es
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