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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Autoren: Michael Thiele
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der Hand und änderte unverzüglich und kommentarlos den Kurs in westliche Richtung und damit auf Radan zu. Ich ärgerte mich, nicht selbst auf diesen Gedanken gekommen zu sein.
    Die Wolkenfront hatte uns inzwischen spielend eingeholt. Wir begruben alle Hoffnungen, ungeschoren davonzukommen. Erste heftige, erstaunlich kalte Böen erreichten uns, welche das Segel auf eine arge Zerreißprobe stellten. Wir zogen wärmende Kleidung über und hofften auf einen guten Ausgang. Das Boot schipperte über die immer stärker werdende Dünung in Richtung Westen auf Radan zu. Bei guter Sicht hätte die Insel bereits in Sichtweite sein müssen, doch verbarg sie sich vor unseren Augen hinter einem düsteren Horizont, der keine Rettung versprach.
    Rob hielt das Steuer umklammert, während ich das gereffte Segel im Auge behielt, bereit, es gänzlich einzuholen, sollte der Wind noch an Kraft zulegen.
    Und das tat er.
    Eine mächtige Bö ergriff uns. Mit garstigem, höhnisch klingendem Knall, nicht unähnlich dem einer Peitsche, riss das Segel entzwei, welches wie ein entfesseltes Gespenst wild flatternd um sich zu schlagen begann.
    „Segel einholen!“ rief Rob.
    Der Wind heulte inzwischen so laut, ich vernahm seine Stimme nur noch wie durch einen Schleier. Er zerrte an seinen Worten und entführte sie aufs Meer hinaus, bevor sie mein Ohr erreichten.
    Mit flinken, tausendfach geübten Handgriffen begann ich die Fetzen einzuholen, die einmal unser Segel gewesen waren. Ein neuerlicher Windstoß riss sie mir mit unheimlicher Gewalt und mitsamt der Takelung aus den Händen. Innerhalb weniger Augenblicke war unser einst seetüchtiges Boot schwer beschädigt und am Rande der Manövrierunfähigkeit. Seewasser wogte überall herein.
    Die rasante Fahrt über Wellenkämme und hinunter in immer tiefere Täler nahm unerträgliche Ausmaße an. Ich spürte Übelkeit aufkommen und schauderte bei dem Gedanken, gegen Todesangst und Brechreiz gleichzeitig ankämpfen zu müssen.
    Rob tat sein bestes, uns vor dem Kentern zu bewahren. Mit aller Kraft hing er am Ruder, riss es mal nach backbord, mal nach steuerbord. Das geschundene Boot tanzte eigensinnig wie eine tollwütige Ballerina auf und ab und hin und her, rotierte dabei um seine eigene Achse, drohte mehrmals umzuschlagen, richtete sich ächzend und stöhnend wieder auf, schluckte immer mehr Wasser und raste auch schon den nächsten Kamm hinauf.
    Meine ermüdenden Arme schöpften unaufhörlich Wasser aus dem volllaufenden Kahn. Zeitgleich mit dem ersten ohrenbetäubenden Donnerschlag verlor ich den Kampf gegen den rebellierenden Magen und fing hemmungslos an zu kotzen, was mir trotz der körperlichen Anstrengung wie eine Befreiung vorkam. Das heftige Schaukeln des um sein Leben kämpfenden Bootes wollte jedoch so gar nicht im Rhythmus der Schüttelkrämpfe ablaufen, die mich im Griff hielten, und als ich mit der Stirn gegen den Bootsrand prallte, wurde mir schwarz vor Augen. Eine Sekunde lang dachte ich, ich verlöre die Besinnung. Hinter meiner Schädeldecke explodierte ein ganzes Farbenmeer. Ich spürte den eigenen Pulsschlag mit der Wucht eines Hammerwerks durchs Gehirn jagen. Robs resignierenden Aufschrei, der mit dem Bersten des Ruders einherging, bekam ich nur noch am Rande mit. Krampfhaft hielt ich mich am Bootsrand fest, um nicht über Bord gespült zu werden. Eines war mir trotz meines angeschlagenen Zustands äußerst klar: keine fünf Minuten würde ich in der aufgewühlten See überdauern. Festhalten hieß die Devise und das war auch alles, auf was ich mich noch zu konzentrieren in der Lage war.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich mich festklammerte, mir die Frage stellte, wie viel Zeit es noch dauern konnte, bis das Boot auseinanderbrach und versank, als es plötzlich mit unerwartetem Ruck zum Stillstand kam. Den Halt verlierend schrie ich auf und stürzte mit dem Kopf voran in die erzürnte See. Augenblicklich ergriff mich starker Sog. Wie Treibgut wurde ich nach allen Seiten hin und her geworfen und spürte plötzlich Sandboden unter meinem gebeutelten Körper.
    Prustend kam ich zum Stillstand, spie Salzwasser und Erbrochenes aus, und versuchte mich instinktiv auf allen Vieren krabbelnd aus der Gefahrenzone zu bringen.
    Wir waren gestrandet, womöglich auf Radan.
    Die Angst, von der Strömung erfasst und aufs Meer hinaus gezerrt zu werden, verlieh mir neue Kräfte. Wie ein Seehund fern seines natürlichen Elements robbte ich die Küste hinauf, kam endlich auf die Füße und rannte
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