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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Autoren: Michael Thiele
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den Anfängen der menschlichen Geschichte auf Gondwana? Wohl nicht, denn als ich mich endlich dazu durchringe, das düstere Dickicht zu betreten, lässt der Kontakt spürbar nach. Erst auf dem Weg in westliche Richtung, über Stock und Stein, wird das Signal wieder stärker.
    Ich lasse Otago hinter mir und dringe nach Onega vor, dem westlichsten Zipfel des alten Aotearoa. Dort gelange ich am Mittag des fünfzehnten Tages an die Gestade des Algon, vermutlich irgendwo in der Nähe des Gebietes, welches in der alten Karte mit einer Brücke gekennzeichnet war. Natürlich finde ich keine vor. Jedoch lädt die Stelle geradezu zu einem Brückenbau ein. Der Strom verengt sich hier zu einer tiefen, schnell fließenden Rinne und vollführt dabei zudem eine Richtungswendung nach Norden auf die nicht mehr weit entfernte December Bay zu. Eine Brücke wäre mir jetzt recht gewesen.
    An ein Übersetzen an dieser reißenden Stelle ist nicht zu denken. Das Wildwasser hätte mich unweigerlich mitgerissen und wer weiß in welchem Zustand irgendwo wieder an Land gespült. Der Weitermarsch in südlicher Richtung – das weiß ich – macht wenig Sinn, denn dort wartet unweigerlich die Mündung des Angara. Also wende ich mich nach Norden. Die Parallelen zur ersten Überquerung des Skelettflusses drängen sich förmlich auf. Seinerzeit waren Krister, Luke und ich auf der Suche nach einer Furt ebenfalls seinem weiten Lauf gefolgt und schließlich fündig geworden.
    Diesmal ist es nicht anders. An einer günstigen Stelle überwinde ich das natürliche Hindernis und betrete cimmerianischen Boden, die östlichen Ausläufer der Nullarborwüste. Die Reise führt von jetzt an nach Süden, entlang den Flüssen Algon und Angara.
    Vier lange Tage folge ich ihrem Lauf, die vegetationsarme Halbwüste zur Rechten, den rauschenden Strom zur Linken. Treu und ergeben gehe ich meinem inneren Kompass nach, ganz und gar ausgerichtet auf jenes feine Signal. Verzaubert von der herben Schönheit der Natur wandere ich unbeschwert drauflos. Es ist wie eine Befreiung von Jahrzehnte alten Lasten. Immer weniger gelingt es mir nachzuvollziehen, was mich in den vergangenen Dekaden seit dem Tod meiner alten Gefährten in Stoney Creek gehalten hat. Hier, hier und jetzt, beim Durchschreiten dieser einzigartigen Pracht universeller Schöpfungskraft, fühle ich mich erfüllt und lebendig wie seit ewigen Zeiten nicht mehr. Kein Muskel brennt, kein Knochen schmerzt, nicht ein peinigender Gedanke trübt die Sinne.
    Versuchte Avalea nicht einst, mir den Begriff „göttlich“ zu erklären? Damals verstand ich sie nur bruchstückhaft. Doch jetzt begreife ich, was sie damit meinte. Benötigt der Mensch in der Tat ein ganzes Leben, um zu verstehen? Um zu verstehen, dass jeglicher Sinn im Kleinsten wie im Größten gleichermaßen verborgen liegt und in der bedingungslosen Hingabe an den unabwendbaren Lauf des Seins die erlösende Erfüllung findet? Insofern habe ich meinen Gott gefunden, spät fürwahr, aber nicht zu spät.
    Trotzdem treibt noch etwas anderes an. Der Gedanke, irgendwo hier draußen auf Menschen zu treffen, auf Vertreter der eigenen Art, löst unbändige Sehnsucht aus, der zu folgen ich den Rest meines Lebens zu widmen beabsichtige. Und wenn diese Expedition Jahre dauern soll, ich bin bereit alle Entbehrungen auf mich zu nehmen, nur um einmal noch die wärmende Nähe anderer Menschen zu spüren – und sei es nur für wenige Stunden.    
    Den Angara weit hinter mir lassend erreiche ich das MacMillan-Gebirge. An seinen atemberaubend zerklüfteten, schneeweißen Westhängen entlang leitet mich der Impuls, folge ich der unsichtbaren Spur. Den Niedrigwasser führenden Manapuri durchwatend betrete ich Yalga, das alte Land der Uhleb. Immer weiter geht es voran, unverdrossen gehorche ich dem Ruf und zögere keine Sekunde, als mir klar wird, wohin der Weg weist. Nein, ich fürchte mich nicht mehr vor Fennosarmatia, der Taorwüste oder gar dem Taorsee, an dessen Ufer ich jetzt viele Wochen nach dem Abschied von der Heimat stehe. Weder der glühenden Tageshitze noch der klammen Kälte unzähliger Nächte ist es gelungen, mich aufzuhalten. Kein noch so leerer Magen, keine noch so trockene Kehle hat meinen Lauf gestoppt.
    Zum zweiten Mal stehe ich am Ufer des Schicksalssees und blicke hinaus auf sein stahlblaues Wasser. Nichts deutet auf die Katastrophe hin, die sich hier am Ende der Ära der Uzu zugetragen hat. Friedlicher kann kein Teil dieser Welt aussehen. Klar und
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