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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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in seiner Grabrede verarbeiten würde.
    »Obwohl, mit dem Pfarrer hat sie auch scho über ihre Erbschaft und das Tierheim g’redet«, meinte Schmiedinger nachdenklich. »Aber dann ist ja diese komische G’schicht passiert.«
    Franziska zwang sich zur Ruhe. Gewisse Dinge brauchten nun mal ihre Zeit. Sie sah auf ihre Armbanduhr und wartete zwanzig Sekunden ab. Dann fragte sie: »Was für eine Geschichte?«
    »Na, mit der Weissagung. Also das ist noch gar ned so lang her. Die Malwine hat’s meiner Frieda erzählt, und die hat’s wiederum mir berichtet.«
    Ausführlich erzählte der Schmiedinger Adolf, wie es der Moosthenninger Martha gelungen war, nach Agnes’ Tod den kryptischen Eintrag auf Seite siebenunddreißig in ihren Aufzeichnungen zu entschlüsseln, nachdem sie in der Passauer Neuen Presse einen Artikel über Koordinatenkreuze gelesen hatte. Endlich wusste sie, dass das, was Agnes ihr vor etwa zwei Jahren diktiert hatte, stinknormale Koordinaten zur Bestimmung eines Geländepunktes waren: Gemessen werden musste gen Osten, und zwar vom Ausgangspunkt jenes Runensteins, an dem der unglückselige Waldmensch damals sein Leben beendet hatte. Irgendwie hatte es die Martha geschafft, einen Landauer Geometer zu dieser Messung zu überreden, um den Ort für wer weiß was für eine Quelle zu bestimmen. Dass es eine Quelle sein würde, war Agnes’ Weissagungen eindeutig zu entnehmen gewesen.
    Den Geometer hatte sie mit der Aussicht geködert, ihn am Gewinn zu beteiligen. Und so hatten sie sich eines Morgens in aller Herrgottsfrüh verabredet. Schritt für Schritt hatten sie sich so vom Runenstein entfernt und waren letztendlich auf Malwines Hof gelandet.
    Joschi hatte laut gebellt, und Malwine war zur Tür gestürzt. Mitten in ihrem Gemüsegarten hatte sie Martha Moosthenninger stehen sehen, die jemandem etwas zu erklären schien. Wen sie da bei sich hatte, konnte Malwine nicht erkennen. Beunruhigt hatte sie ihre Gummistiefel angezogen und war vors Haus getreten.
    »Länge achtundvierzig Komma fünfunddreißig Grad Nord, Breite dreizehn Komma achtundzwanzig Grad Ost, Zeitpunkt der Bestimmung neun Uhr gemäß der Mitteleuropäischen Standardzeit. Wenn diese Daten übereinstimmen und eine Linie mit dem menschenschulterhohen Astloch der dicken südöstlichen Linde bilden, werden wir den Ort gefunden haben, aus dem das Heil kommt«, las Martha aus Agnes’ Aufzeichnungen vor.
    »Wollen wir es hoffen!« Der Geometer steckte brav kleine Zweiglein in die Erde und konsultierte dazu ein Ding in seiner linken Hand, das aussah wie ein Kompass.
    »Was machts ihr denn da?« Die Hände in die Hüften gestützt, hatte sich Malwine vor ihrem Gemüsegarten aufgebaut.
    »Das siehst du doch«, rechtfertigte sich Martha Moosthenninger. »Ich arbeit die Notizen deiner Schwester durch. Einer muss sich ja darum kümmern, dass ihre Weissagungen in Erfüllung gehen können, dass ihr alle seht, welche Wunder sie vollbringt.«
    »Hättest du angerufen, dann hätt ich ein Brot gebacken und ein Frühstück hergerichtet. Ich freu mich doch immer, wenn mal jemand vorbeikommt, ist einsam g’nug hier oben.«
    »So viel Zeit ham mir ned«, erklärte Martha und blickte demonstrativ auf ihre Armbanduhr.
    Das untersetzte Männlein an ihrer Seite stöhnte: »Jetzt ist mir der Nullmeridian aus dem Ruder gelaufen. Ich fürchte, ich muss den Sextanten bemühen.«
    Auch wenn Malwine so gut wie nichts von seinen Ausführungen begriff, eines seiner Worte machte sie richtig wütend: »Was, Ihre sechs Tanten kommen auch noch? Und das alles ohne Anmeldung? Aber da hätt ich doch glatt einen Kuchen gebacken, also wirklich, es wär scho gut g’wesen, ich hätt Bescheid g’wusst und hätt was vorbereiten können. Was sollen die von mir denken, die Damen!«
    An diesem Punkt hatte Martha Moosthenninger laut gelacht und sich in ihrem Herrschaftswissen gesonnt. »Naa, naa, nix mit sechs Tanten. Ein Sextant, das ist nämlich ein technisches Gerät, um den Ort zu bestimmen, an dem man sich aufhält. Gell, Herr Geometer?«
    Das kleine Männchen nickte, packte mit verbissenem Gesichtsausdruck einen flachen Computer aus und stellte ihn auf den angerosteten Gartentisch.
    Dann holte er aus seinem speckigen Lederetui ein weiteres Gerät, an dem verschiedene Fernrohre befestigt waren. Konzentriert blickte er durch eines der Gucklöcher in Richtung des Runensteins. Zufrieden setzte er den Apparat ab und verkündete den staunenden Frauen: »Wenn meine Uhr stimmt, beträgt die
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