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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)
Autoren: Raphael M. Bonelli
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»Dein bin ich, Vater! Rette mich!« Es graut ihr vor ihrem früheren Liebhaber ( »Heinrich, mir graut’s vor dir« ) und seinen Taten. »Sie ist gerichtet!«, ruft Mephisto recht abgegrenzt. Doch aus der Höhe ertönt eine Stimme – »Ist gerettet!«. Das ist das ziemlich unlustige Ende von Faust I.
    Die Dynamik bei meiner – zugegebenermaßen eigenwilligen – Faustinterpretation ist gekennzeichnet durch eine kraftvolle Ausblendung der Frage nach der Verantwortung, nach persönlicher Schuld. Kriterien sind die eigenen Bedürfnisse und die eigene Befindlichkeit. Rücksichtslosigkeit ist weniger direkt intendiert als eine logische Folge. Faust schiebt vor allem die Schuldfrage weg. Das ist angesichts der Dramatik und des entstandenen Schadens erstaunlich. In der realen psychotherapeutischen Praxis des 21. Jahrhunderts sieht man aber häufig, dass diese Karikatur mitunter Fleisch annimmt. Die eigene Schuld und die eigene Verantwortung können durchaus in einem Grad weggeblendet und verdrängt werden, dass einem unbeteiligten Zuschauer schwindlig wird.
    Faust verdrängt seine Schuld. Ist das nun so schlimm? Nun, dadurch, dass er seine eigenen Motive nur mangelhaft hinterfragen kann, reduziert er Gretchen tatsächlich auf ein Triebziel und handelt letztlich nach dem Motto »Der Zweck heiligt die Mittel«. Und der Zweck ist die eigene Befindlichkeit, das eigene Bedürfnis, die eigene Befriedigung. Eingeschlagene Handlungsstraßen können vom ihm nicht korrigiert werden, weil er sie nicht richtig zu interpretieren vermag und nicht abschätzen will, wohin sie führen. Faust wird durch seine Verdrängung skrupellos und unfähig, die dramatische Eskalation zu vermeiden. Leicht hätte er die beiden ersten Todesopfer verhindern können. Seine Rücksichtslosigkeit – insbesondere gegenüber Gretchen – gipfelt in seiner Flucht nach erfolgter Schwängerung, die sie in völlige Verzweiflung stürzt.
FALL 1: Herr Alfred G., ein 56-jähriger Mann, kommt zum Psychiater. Auf die Frage nach dem Überweisungskontext gibt er an, dass er auf »Befehl seiner Gattin« komme. Die halte ihn nämlich für sexsüchtig und wolle sich scheiden lassen, wenn er sich nicht schleunigst in Therapie begebe. Und für seine Ehe tue er alles, deswegen sei er da. Sie habe blöderweise ein paar Pornos auf dem Computer gefunden, die er mit anderen Frauen gedreht habe. Im Grunde nicht der Rede wert, schon ältere Sachen, er habe ja eigentlich schon alles gelöscht, er wisse gar nicht, wie sie noch etwas habe finden können. Er sei seit über 30 Jahren glücklich verheiratet und habe halt ab und zu die eine oder andere Affäre gehabt. Auf Nachfrage und nach umständlichen Überlegungen wird die Zahl der Frauen mit über 50 angegeben, mit denen teilweise jahrelange Verhältnisse gepflegt wurden. Früher habe er neben seiner Frau etwa sechs Gespielinnen parallel gehabt, das habe sich im Laufe der Jahre stark reduziert. Aber er sei immer sehr rücksichtsvoll mit seiner Frau umgegangen – denn er habe immer versucht, dass sie es nicht merke. Er liebe seine Frau nämlich über alles. Und das mit den anderen Frauen, das seien nur so körperliche Sachen, nichts Ernstes, da habe er schon aufgepasst. Sein Herz schlage nur für seine Ehefrau, da könne sich der Therapeut sicher sein. Deswegen wolle Herr G. auch die Scheidung nicht. In der Zwischenzeit habe er sich ohnehin beruhigt und bis auf zwei Damen alle Affären beendet. Nein, schlechtes Gewissen habe er eigentlich nicht. Wortwörtlich: »Ich bin ja ein anständiger Mensch. Ich habe niemanden umgebracht und niemanden betrogen …« Seine Freunde würden ihm alle bestätigen, dass es ohnehin keinen Mann gebe, der seine Frau nicht betrüge; die würden alle fremdgehen, »obwohl die auch (sic!) alle gute, brauchbare Menschen« seien. Seine Selbsteinschätzung: »Ich bin halt ein lustiger, gepflegter und sportlicher Typ, deswegen laufen mir die Frauen nach.« Später: »Ich hätte ja noch mehr Auswahl, aber man kann in jeder Hinsicht übertreiben, das würde dann massiv auf Kosten meiner Frau gehen, das würde mir gar keinen Spaß mehr machen, da hätte ich auch keine Zeit, weil ich oft zu Hause sein will, nein, eine Frau muss bei mir schon was Außergewöhnliches haben, damit ich zugreife.« Mit den außerehelichen Beziehungen aufzuhören, sei für ihn »fast undenkbar«, aber er wolle nichts mehr riskieren, und es sei ihm sehr, sehr wichtig, dass seine Frau nicht enttäuscht werde. Zum Thema
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