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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)
Autoren: Raphael M. Bonelli
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darin, Schuldbewusstsein zuzulassen und die Schuld nicht weiter zu verdrängen. Diese Dynamik ist ein innerer Konflikt, in dem der wehleidige Bauch und das Gewissen um die Vorherrschaft ringen. Dieser Konflikt wird erst im Schuldbekenntnis aufgelöst; dadurch schwenkt schließlich auch der Bauch auf die Linie des Herzens ein. Die Beichte ist oft ein Alleingang des Herzens, der die Freiheit und den persönlichen Handlungsspielraum vergrößert. Reue ist eine affektive Trauerreaktion über die begangene Schuld, die Selbstannahme ermöglicht. Abschluss der Reue ist die Sühne, eine (selbst- oder fremdauferlegte) Strafe, die läutert und somit subjektiv von der Schuld reinigt.

9. Kapitel
    Die Wende des Herzens
    Jean Valjean auf der Couch
    W enn man das Leben von Richard York (Kapitel 5) mit dem von Rodja Raskolnikow (Kapitel 8) vergleicht, bemerkt man, dass beide Dramen jeweils ähnlich beginnen. Beide Protagonisten nehmen eine subjektiv empfundene Ungerechtigkeit wahr und beschließen, etwas dagegen zu tun. Dieses Tun deckt sich nicht ganz mit dem, was ihnen ihr Gewissen sagt, aber mit verschiedenen Tricks schaffen sie es, diese innere Stimme zum Schweigen zu bringen. Bei beiden kommt es zu dramatischen Kollateralschäden, weil unvorhergesehene Umstände auftreten. Doch danach entwickeln sich die Schicksale in verschiedene Richtungen: Richard kommt durch eine Orgie von Gewalt kurzzeitig an sein Ziel – wird aber seines Lebens nicht froh, manövriert sich immer mehr ins Abseits, wird schließlich gestellt und furchtbar abgestraft. Raskolnikow hingegen bereut nach langem innerem Ringen und stellt sich am Ende freiwillig der Polizei. In Sibirien läutert er sich in der Sühne. Raskolnikow hat durch sein schonungsloses Schuldbekenntnis an Freiheit gewonnen. Während Richard sein Herz verhärtet hat und in Bosheit erstarrt, ist die Entwicklung Raskolnikows durch eine schmerzhafte Öffnung des Herzens gekennzeichnet, die ihm letztendlich neuen Handlungsspielraum gibt. Victor Hugo hat in »Les Miserables« eine ähnliche Herzenswende beschrieben:
    Die Wende im Leben von Jean Valjean
    Jean Valjean ist ein notorischer Dieb, weswegen er im 25. Lebensjahr zu fünf Jahren Haft als Galeerensträfling verurteilt wird. Die Strafe ist hart, denn ertappt wird er, als er Nahrung für seine hungernde Familie stiehlt. Noch dazu werden wegen zahlreicher Fluchtversuche letzten Endes neunzehn Jahre aus den ursprünglichen fünf. Mit 44 Jahren ist er am Ende: verbittert, nach wie vor auf der Flucht, von der Gesellschaft gebrandmarkt und innerlich verhärtet. Er erwartet nichts mehr vom Leben und von den Menschen. Valjean kommt nach einer neuerlichen Flucht in das Haus des Bischofs Myriel von Digne. Dort bestiehlt er nach alter Gewohnheit auch den Geistlichen, der ihn aber auf frischer Tat ertappt. Doch der gütige alte Mann liefert ihn nicht der Polizei aus, sondern schenkt ihm das Diebesgut und gibt ihm sogar noch einige wertvolle Stücke zur Beute dazu. Valjean ist von dieser unerwarteten Menschenfreundlichkeit überwältigt, sie berührt sein Herz, das von der bisher er- und gelebten Unmenschlichkeit hart geworden war. Schlagartig wird ihm klar, worauf es im Leben ankommt: Er beschließt, ein guter Mensch zu werden.
    Mit den geschenkten Wertgegenständen kauft er unter dem Namen »Madeleine« in der Stadt Montreuil-de-Mer eine Glasfabrik und bringt diese zur Blüte. Er behandelt seine Arbeiter gerecht, lässt sie an seinem Reichtum partizipieren und bedenkt die Armen großzügig mit Almosen. Erstmals im Leben wird Jean Valjean von der Gesellschaft wertgeschätzt, wenn auch unter falschem Namen. Sogar das Bürgermeisteramt wird ihm angetragen. So lernt er auch Fantine kennen, eine Arbeiterin in seiner Fabrik. Sie wurde von einem Studenten geschwängert und dann verlassen. Wegen ihres unehelichen Kindes Cosette wird sie aus der Fabrik entlassen und kann ihr Leben nur noch als Prostituierte fristen. Ihr Kind hat sie aus blanker Not an ein geldgieriges Wirtsehepaar gegeben und wird nun von diesem betrogen und finanziell ausgenommen. Valjean bewahrt Fantine zwar vor dem Gefängnis, aber sie stirbt an der Schwindsucht. Am Sterbebett verspricht ihr Valjean, sich um ihre Tochter Cosette zu kümmern.
    Als ein Unschuldiger angeklagt wird, der untergetauchte ehemalige Häftling Valjean zu sein, gibt die Erinnerung an die gute Tat des Bischofs, die ihm sein erfolgreiches neues Leben ermöglicht hat, Valjean die Kraft, sich der Polizei zu stellen,
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