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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Autoren: Eleanor Moran
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Tristram Fawcett mit Vorspeisen einzuwickeln, könnte die Situation noch zu retten sein. Bruce steckt bis zur Nase in einem Hasen, Grundlage einer römischen Spezialität, auf die er besonders stolz ist, und er ist nicht allzu begeistert, mich zu sehen.
    »Entschuldige, Bruce, ich weiß, das ist eine echte Zumutung, aber wenn ich keine Forelle herbeischaffe, verliere ich meinen Job. Hast du …«
    Er versenkt das Haubeil in der Flanke des Hasen und nimmt sich kaum Zeit zum Luftholen. »Was bildest du dir eigentlich ein? Wir sind hier nicht bei Tesco!« Doch als er meine offenkundige Bedrängnis sieht, wird er nachgiebiger. »Ich ruf mal Jerry an, da gibt es immer Fisch. Vielleicht kann er dir weiterhelfen.«
    Jerry ist mir neu, aber es sind dennoch gute Nachrichten. Er führt die Filiale einer Kette mittelmäßiger Fischrestaurants drüben in Islington. Gott sei Dank ist er erreichbar, und als er den Hörer auflegt, um seinen Kühlschrank zu durchsuchen, bleibt mir fast das Herz stehen, doch das Versprechen von Schmiergeld in Höhe von fünfzig Pfund sichert mir meine kostbare Trophäe. Es sind fünfzig Pfund, die ich eigentlich gar nicht habe, aber ich werde dann eben für den Rest des Monats Bratkartoffeln mit Spiegeleiern essen. Ich knutsche Bruce regelrecht vor Freude (er ist allerdings schwul) und texte Maya, dass der Fisch unterwegs ist.
    Ich jage die Upper Street hinunter und fahre dabei über ein paar rote Ampeln, bevor ich vor Jerrys Laden zum Halten komme. Er ist ein fettleibiger Kettenraucher, der darauf besteht, erst anderthalb Kippen zu rauchen, bevor er bereit ist, mir die Beute auszuhändigen. »Nehmen Sie eine Beruhigungspille«, meint er spöttisch grinsend, obwohl er ganz genau weiß, dass es hier um einen Notfall geht.
    »Darf ich reingehen und ihn mir selbst holen?«, frage ich in meiner Verzweiflung, ehe er sich zögernd in Bewegung setzt und hineinwatschelt.
    »Herzlichen Dank«, sagt er, als ich ihm mein hartverdientes Bargeld überreiche.
    Wie hatte ich nur vergessen können, einen Rucksack mitzunehmen? Nachdem ich den gut verpackten Fisch in meinem Ausschnitt verstaut habe, springe ich aufs Moped und gebe Vollgas. Bald schon wird mir klar, dass Beschleunigung und Fischgezappel nicht gut zueinanderpassen. Die Forelle vibriert fürchterlich und steht immer kurz vor einem Fluchtversuch, vor allem, als ich beim Anblick eines Polizeiautos auf die Bremse trete. Ich kann nur hoffen, dass Tristram Fawcett, sollte der Fisch je seinen Teller erreichen, nie dahinterkommt, auf welchen Umwegen er dort hingelangt ist. Oscars Alleinstellungsmerkmal ist die Herkunft der verwendeten Zutaten. Das wird mir jetzt klar: »Wir garantieren, dass alle Hauptzutaten sich vor dem Servieren keine zwei Meilen von Ihrem Teller entfernt an eine liebevolle Brust gekuschelt haben.«
    Nachdem ich geparkt habe, renne ich hinein und platze, während ich den Fisch aus seinem wohlgestalteten Ruheplatz ziehe, durch die Tür. Oscar schreitet mit düsterer Miene die Kochplätze ab, steckt einen Löffel in die diversen Töpfe und begutachtet deren Inhalt. Er ist das genaue Gegenteil eines glücklichen Kaninchens. Vielleicht ein Hase mit Selbstmordabsichten.
    »Forelle«, keuche ich und komme rutschend neben ihm zum Stehen, wobei ich die Bratpfanne auf Mikes Kochfeld nur um ein Haar verfehle. Er starrt mich an und lässt mein rotes, verschwitztes Gesicht auf sich wirken.
    »Wie bitte?«
    »Die Forelle, Chef.«
    »Die Forelle, Chef«, wiederholt er, und der Schatten eines Lächelns spielt dabei um seine Lippen. »Erzählen Sie mir bloß nicht, woher Sie die haben. Worauf warten Sie denn noch, Fischmädchen? Nehmen Sie das verdammte Ding aus!«
    »Ich nehme sie ja aus, ich nehme sie ja aus!«, rufe ich und düse durch die Küche, um mit der Operation zu beginnen. So schnell habe ich noch nie gearbeitet, und das Adrenalin durchpulst meine Adern, als ich den ersten Schnitt mache. Ich gebe den Fisch zurück, und er nimmt ihn mir ab, wobei er sich mir kaum zuwendet, geschweige denn mich ansieht. Mike steht bereit, aber Oscar greift selbst zur Pfanne. Ich halte eine verbotene Minute lang inne, um ihn zu beobachten. Ängstliche Konzentration furcht seine Züge, während er wie ich alles in seiner Macht Stehende dransetzt, dafür zu sorgen, dass auch dieser letzte einsame Fisch serviert werden kann. Wie ein vernarrter Vater, der seinen einzigen Sohn in den Krieg schickt, folgt er ihm hinaus aus der Küche und bleibt stehen, um mit Fawcett zu
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