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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Autoren: Eleanor Moran
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addieren, aber irgendwas da oben funktioniert verdammt gut.«
    »Danke«, sage ich. »Auch dafür, dass Sie mich nicht feuern. Ich wollte wirklich unbedingt für Sie arbeiten. Jetzt bin ich zwar wirklich eine Arschkriecherin, aber ganz ehrlich …«
    »Gute Nacht, Fischmädchen«, sagt er und geht die Tür aufschließen. Ich rechne fast damit, dass er mich küsst, wenigstens auf die Wange, doch er lässt mich ohne ein weiteres Wort gehen. Ich werfe einen Blick zurück durch die Glastür, aber er ist schon wieder zu seiner Pfanne zurückgekehrt, um deren Inhalt zu kosten, wobei er sich vermutlich denkt, was für eine anmaßende kleine Madam ich bin, ihm Vorschläge zu machen. Geht es ihm nur ums Essen, oder gibt es auch noch andere Dinge, die ihn bis in die frühen Morgenstunden wach halten?

Kapitel 3
    Der nächste Tag, ein Sonntag, verheißt meinen ersten freien Tag nach fast zwei Wochen. Frei ist leicht übertrieben, denn ich bin zu einem »Notfall«-Brunch mit meiner Freundin Marsha eingeladen, doch danach gähnt der Entspannungsabgrund. Marsha war mit mir auf der Schule, und obwohl wir nie beste Freundinnen waren, haben wir es irgendwie geschafft, Kontakt zu halten und uns nie aus den Augen zu verlieren. Es ist eine ganz spezielle Verbindung: tief und bedeutsam, aber sie hat auch eine medizinische Komponente. Käme es zu einem Atomangriff oder einer Flutkatastrophe, würde ich Marsha unbedingt an meiner Seite haben wollen – sie würde sich zu einem menschlichen Damm aufbauen und mich vor dem Ertrinken retten, würde ihre letzten Vorräte mit mir teilen. Ihre Loyalität kennt keine Grenzen. Sie ist auch ein wacher Geist. Es gefällt mir, dass sie mich auf Ausstellungen mitschleift, die ich mir aus eigenem Antrieb nie angesehen hätte, oder mich in einen Film mitnimmt, der mein schwammiges Gehirn in fieberhafte Aktivität und Nachdenklichkeit versetzt. Doch wenn ich mir einen schönen Abend machen und überteuerte Getränke auf einer Dachterrasse zu mir nehmen möchte, wäre Marsha die Letzte, die ich anrufen würde. Denn sie käme in irgendeinem flaschengrünen Trägerrock aus Cordsamt, würde angesichts der hohen Preise missbilligend den Mund verziehen und dann unglaublich früh aufbrechen, um den letzten Bus zu erwischen. Ich habe bei ihr immer das Gefühl, dass sie von mir ein wenig enttäuscht ist, obwohl ich weiß, dass sie mich wirklich gernhat. Was das für ein Notfall sein soll, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen – Marsha gehört nicht zu den Menschen, die normalerweise etwas so verdächtig Transatlantisches wie einen Brunch vorschlagen –, aber ich bin neugierig, es herauszufinden.
    Es spricht für Marshas Hartnäckigkeit, dass wir so lange Freundinnen geblieben sind. In Wahrheit, und darauf bin ich wahrlich nicht stolz, habe ich nämlich, seit ich Dom kannte, den schlimmsten Fall von »Vögeln statt Freunde« entwickelt. Das College war in London, und ich verbrachte dort ein aufregendes Jahr mit Trinken und Knutschen und Flambieren, in etwa dieser Wertigkeit, doch meine erste Festanstellung erdete mich mit einem schallenden Schlag.
    Ich kam nach Poole, in ein schmuddeliges Hotel am Meer, wo ich für einen zu Wutausbrüchen neigenden polnischen Chefkoch, dessen Atem so giftig war sie sein Temperament, Gemüse zubereiten musste. Ich war enttäuscht, weil ich das Gefühl hatte, von ihm weitaus weniger lernen zu können als von den brillanten, leidenschaftlichen Lehrern, die ich in London gehabt hatte, und zudem hatte ich alle meine engen Freunde verloren. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich isoliert. Obwohl ich oft über die Flegelei, den Fußball und die Furzerei gelästert hatte, die das Aufwachsen mit zwei älteren Brüdern mit sich bringt, hatte ich mich doch nie allein gefühlt, und die Zeit auf dem College war erbarmungslos gesellig gewesen. Jetzt saß ich hier in einer mir völlig fremden Umgebung und bemühte mich, Zugang zu der von Angst getriebenen Clique zu finden, die Vlads Küche bevölkerte.
    Es war Dom, der sich meiner erbarmte. Er kellnerte im Gastraum und war derjenige, der immer die Trinkgelder und die Telefonnummern einsackte. Er war ein schlaksiges Energiebündel, so dünn, dass man hätte vermuten können, er sei aus Pfeifenreinigern zusammengesetzt, und ständig unterwegs. Sein Haar war wild und unbändig wie der Rest von ihm, ein unbezähmbarer Schopf elastischer Locken. Alles an ihm war schnell, von seiner hastigen Sprechweise bis zu seiner Fähigkeit,
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