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Seine junge Geliebte

Titel: Seine junge Geliebte
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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dem anderen, löste die Verpackung und lehnte es gegen die Wand, bis alle Bilder gleichmäßig im Raum verteilt waren. Der Galerist stellte sich in die Mitte und schaute sich um. »Ich finde Ihre Auswahl ausgezeichnet. Genauso würde ich sie auch hängen. Was meinen Sie?« wandte er sich an Bärbel.
    »Ich glaube auch, so ist es gut. Richtig beurteilen kann man es ja schließlich erst dann, wenn alle Bilder hängen. Aber ich meine doch, daß das so schon richtig ist.«
    »Dann –«, Axel rollte die Ärmel hoch, »à l'attaque!«
    Der Zug fuhr langsam in den Pariser Nordbahnhof ein. Peter Sartorius hatte die ganze Reise verschlafen. Er wurde immer nur dann geweckt, wenn ein neuer Schaffner Karten kontrollierte oder wenn die Zollbeamten den Ausweis sehen wollten. Er stand auf, als der Zug hielt, und fühlte sich unausgeschlafen. Er nahm seinen Koffer aus dem Gepäcknetz, stieg aus dem Zug und ging zum Ausgang. Er hatte noch kein Hotel gebucht. Das beste würde sein, meinte er, sich auch im Méridien einzuquartieren. Er hoffte, daß dort noch ein Zimmer frei wäre.
    Er überlegte, ob er die Untergrundbahn nehmen sollte, aber beschloß dann doch, in einem Taxi zum Hotel zu fahren.
    Er bestieg den ersten Wagen der wartenden Schlange, ließ sich in die Polster fallen und genoß die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Bärbel.
    Draußen begann es dämmrig zu werden. Er schaute auf die Uhr. Es war fast zehn. Durch die Sommerzeit blieb es aber Abends länger hell. Er schaute durch das Fenster auf die Boulevards, durch die sie fuhren, freute sich wie ein Kind an den französischen Inschriften über den Geschäften. Er hatte den Eindruck, richtig Urlaub zu machen, total auszuspannen. Vielleicht konnte er Bärbel überreden, noch ein paar Tage länger zu bleiben. Sie konnten dann ja Paris verlassen, konnten in den Süden fahren – vielleicht nach Nizza, wo er einmal als junger Mann gewesen war – oder nach Monte Carlo, um im Spielcasino viel Geld zu gewinnen …
    Der Wagen hielt. Ein betreßter Portier trat an den Schlag und öffnete ihn. Peter stieg aus, zahlte für die Fahrt und betrat die Vorhalle des eleganten Hotels. Er ging zur Rezeption. »Ich hätte gern ein Zimmer für eine Nacht!«
    Der Empfangschef schüttelte den Kopf. »Wir sind leider voll kommen ausgebucht.«
    Sartorius überlegte. Er konnte vielleicht bei Bärbel übernachten. In diesem großen Haus fiel es doch überhaupt nicht auf wenn sich jemand einschmuggelte.
    »Kann ich dann vielleicht Fräulein Bärbel Linke sprechen Sie wohnt bei Ihnen.«
    »Einen Moment, bitte.« Der Empfangschef sprach ein perfektes Deutsch. Er öffnete ein Buch, sein Finger fuhr über die verschiedenen Namen, blieb auf einer Zeile stehen. »Bärbel Linke – die ist ausgezogen.«
    »Sie ist ausgezogen?« Kopfschüttelnd schaute Peter Sartorius den Empfangschef an. »Das weiß ich ja gar nicht. Wissen Sie wo sie hingezogen ist?«
    »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Wir haben zwar eine Anmeldepflicht – aber keine Abmeldepflicht.« Er wollte das Buch zuklappen, dann hielt er inne. »Halt –, sie hat uns eine Nachsendeadresse angegeben, falls Post kommt. Sie wohnt jetzt im Hotel Saint-André-des-Arts in der gleichnamigen Straße.«
    »Ich danke Ihnen vielmals.« Sartorius nahm seinen Koffer auf. Mit gemischten Gefühlen ging er zum Ausgang. Er verstand überhaupt nichts mehr. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als selbst nach dem Rechten zu sehen.
    »Ich möchte zur Rue Saint-André-des-Arts. Können Sie mir sagen, wie ich dahin komme?« wandte er sich an den Portier.
    »Mit der Metro?«
    Peter Sartorius nickte.
    »Sie nehmen die Metro bis zur Station Chatelet. Dort steigen Sie um und fahren bis Odéon. Von dort sind es etwa fünf Minuten zu Fuß. Aber …« Der Portier warf einen mitleidigen Blick auf die dunkle Brille.
    Sartorius nahm seinen Koffer, ging auf den Metroeingang zu und stieg in die Unterwelt hinab. Er versuchte sich vorzustellen, was geschehen sein konnte, aber je länger er nachdachte, desto verwirrter wurden seine Gedanken.
    Die Fahrt dauerte nicht lange. Er fand sich beim Umsteigen gut zurecht. Die Stationen waren klar und deutlich markiert. Er stieg am Odéon aus, wie ihm der Portier gesagt hatte.
    Im Bahnhof kam er an einem Blumenkiosk vorbei. Er trat ein, kaufte drei rote Rosen und ging weiter, bis er vor dem Hotel stand. Er betrat das schmalbrüstige Gebäude. Er wandte sich an den jungen Mann, der im Empfang saß. »Wohnt Fräulein Bärbel Linke
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