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Sein

Sein

Titel: Sein
Autoren: Lilly Gruenberg
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reden.«
    Myriam grinste breit und zupfte Härchen von Nadines Oberlid, um die Augenbraue in eine perfekte Form zu bringen. Kam es ihr nur so vor, oder zog Myriam besonders langsam an jedem einzelnen Haar, um sie zu quälen?
    »Das klingt erst recht interessant. Du willst mir doch nicht weismachen, dass du dir von irgendjemandem sagen lässt, worüber du mit wem sprechen darfst?«
    Stimmt, das klingt lächerlich
. Bevor der Zufall der ehemaligen Schulkameradin Gerüchte zuspielte und diese eins und eins zusammenzählte, war es vermutlich besser, dieses Thema selbst in die Hand zu nehmen und so harmlos wie möglich darzustellen.
    »Okay, es ist so, ich lebe in einer etwas speziellen Beziehung. Hast du schon mal von BDSM gehört?« Nadine bemühte sich um einen eher gelangweilten, beiläufigen Tonfall. Dabei hämmerte ihr Herz protestierend wie eine Aneinanderreihung von Paukenschlägen.
    Myriam zog die Augenbrauen hoch. »Ähm, nicht wirklich. Was ist das?«
    Sie sollte die Hoffnung begraben, schnell aus dieser Nummer herauszukommen. Nadine ballte die Fäuste unter dem Tuch. »Aber von Sadomaso hast du gehört, oder?«
    »Ja, schon.« Myriam kniff die Augen zusammen. »Marquis de Sade, oder?«
    Nadine nickte. »Unter anderem.«
    »Okay, und weiter?«
    »Du behältst das für dich, was ich dir erzähle, nicht wahr?«
    »Natürlich«, versprach Myriam, während sie mit routinierten, mechanischen Bewegungen einen mit einer Lotion getränkten Pad gleichmäßig über Nadines Stirn, Nase und Kinn kreisen ließ. »Logo. Meine Lippen sind versiegelt.«
    Das glaubte Nadine nur bedingt.
    »Also? Erzähl schon. Mach‘s nicht so spannend!«
    Nadine seufzte. »Bei BDSM-Beziehungen ist so, dass einer von beiden Partnern der
Dom
ist, also der dominante Part, der sagt, wo es langgeht, aber auch die Verantwortung übernimmt. Und der andere unterwirft sich seinen Wünschen. In unserem Fall bin das ich. Ich bin seine Sub.« Bestimmt klang das jetzt ziemlich verworren und für jemanden, der damit noch nie zu tun gehabt hatte, vollkommen abstrus. Hoffentlich hörte Myriam jetzt auf zu bohren.
    »Du redest jetzt von was genau? Vom Alltag oder von Sex?«
    Verdammt
. »Ein bisschen von allem. Für manche ist es nur eine sexuelle Spielart, für andere ihre Lebensphilosophie.«
Wenn Myriam im Details wüsste, wie ich lebe, du meine Güte. Wobei – wenn sie erfahren würde, wie es bei Sophie zugeht, da würden ihr die Augen vor Neugierde aus dem Kopf kugeln
.
    »Aha, und für was steht denn dieses Kürzel, dieses wie? BMS?«
    Es war Zeit, das Thema zu wechseln. Sie hatte sowieso schon viel zu viel verraten. »Lass uns von etwas anderem reden. Wohin soll dein nächster Urlaub gehen?« Hoffentlich verstand Myriam diesen sprichwörtlichen Wink mit dem Zaunpfahl. »Wir waren letztes Jahr zwei Wochen in der Toscana. Einfach super. Viel anzuschauen, tolle Landschaft, herrliches Wetter. Und dieser Wein, einfach köstlich. Wenn du eine Empfehlung für ein Hotel brauchst …«
    Myriams leises Lachen ließ sie innehalten. »Lenk nicht ab, Nadine. Du genierst dich wohl, mich genauer aufzuklären. Ist es dir etwa peinlich?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Na dann erzähl weiter!«
    »Aber du behältst das für dich!«, gab Nadine halbherzig nach, innerlich seufzend über ihre eigene Dummheit. Warum plapperte sie manchmal so leichtfertig über ihr Privatleben? Leuten, die ein wenig selbstbewusster auftraten als sie selbst, hatte sie einfach nichts entgegen zu setzen. In sich hinein seufzend schloss sie die Augen, weil Myriam nun mit einem warmen, feuchten Tuch die zuvor aufgetragene Creme wieder von ihrem Gesicht aufnahm. »BDSM ist die Kurzform von Bondage, Discipline oder auch Domination, Sadism und Masochism.«
    »Wow, das klingt interessant – und hart. Und was bedeutet das für dich?«
    Wasserrauschen war zu hören. Nadines Herz klopfte härter. Was würde Myriam von ihr denken? Andererseits, machte sie sich Mut, war das egal. Jahrelang waren sie sich nicht begegnet und wenn sie künftig zu einer anderen Kosmetikerin ginge, würde sie nicht noch einmal in die Verlegenheit kommen, darüber zu reden. Sie würden sich vermutlich nie wieder sehen.
    »Na ja, zu einer BDSM-Beziehung gehört, dass ich als der devote Partner mache, was meinem
Dom
gefällt. Es baut alles auf einem erotischen Spiel auf.«
    »Aha. Dein
Dom

    Nadine drückte sich die langen Fingernägel in die Handinnenflächen bis es schmerzte. »Im BDSM heißt der unterlegene Partner der
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