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Sein Anteil

Sein Anteil

Titel: Sein Anteil
Autoren: Holger Wuchold
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sagen sollte, dass Pia in Spanien sei.
    Aber dann sagte er: »Nein. Ich weiß nicht, wo Pia steckt. Ich habe sie seit dem Abend bei euch nicht mehr gesehen. Das war auch das letzte Mal, dass ich Nikita sah.«
    »Merkwürdig, dass sie sich nicht gemeldet hat.«
    Patrick wurde nachdenklich.
    »Ich glaube, sie hatte mit Nikita Streit«, sagte Willem dann, um Patrick nicht all zu viel Zeit zum Nachdenken zu lassen. »An dem Abend, als ich mit beiden bei euch aß, hatte Nikita von ihr verlangt, ihren Job aufzugeben. Du weißt ja, dass sie in so einem Schuppen mit Table-Dance arbeitete. Das passte Nikita nicht.«
    »Was? Davon hat er mir nie etwas erzählt.«
    »Doch, doch«, versuchte Willem Patrick zu überzeugen. »Sie sagte Nikita, dass sie den Job nur aufgeben würde, wenn er mit ihr nach Spanien ginge. Das wollte Nikita wiederum nicht. Vielleicht ist Pia daraufhin allein nach Spanien zurückgegangen. Aber ich weiß es nicht, wirklich nicht.«
    »Pia wird doch nichts mit der Entführung zu tun haben?«
    »Nein, das glaube ich nicht«, brachte Willem möglichst überzeugend hervor.
    »Du kennst sie besser als ich«, sagte Patrick. »Falls du von ihr hörst, sag ihr bitte, dass sie mich anrufen soll. Und wann bist du wieder in London?«
    »Ich bin mir noch nicht sicher, wann ich hier weg kann. Meine Mutter ist nämlich gestorben, und ich habe hier deshalb noch allerhand zu regeln.«
    Willem glaubte zu bemerken, dass Patrick in diesem Augenblick zusammenzuckte.
    »Mein herzliches Beileid«, sagte Patrick verlegen, ebenso verlegen, wie er selbst auf den Tod von Johns Mutter reagiert hatte, dem Mann, dem er unmittelbar vor seiner Abreise aus London begegnet war. Willem war stolz auf seine Lüge.
    »Ich danke dir.«
    »Dann vielleicht bis demnächst.«
    Patrick schien immer noch verlegen.
    »Ja, vielleicht. Auf Wiedersehen.«
    Willem hörte nur noch, wie Patrick auflegte.
    Die Frage, die Willem mehr als alles andere interessierte, hatte er Patrick nicht gestellt: Hatte Michail seinen Namen, gleich in welchem Zusammenhang, gegenüber der Polizei erwähnt? Denn nur durch Michail könnte die Polizei darauf kommen, dass es zwischen ihm und Nikita eine Verbindung gab, ja überhaupt von seiner Existenz erfahren. Aber er hatte Patrick die Frage nicht stellen können, ohne sich verdächtig zu machen. Zwar konnte Willem diesen rothaarigen Iren nicht ausstehen. Aber er hielt ihn nicht für dumm. Er hielt ihn für verschlagen. Ob Patrick ahnte, dass Willem mit der Entführung und Nikitas Tod zu tun hatte? Willem war sich nicht sicher. Aber er vermutete, dass Patrick Pia in Verdacht hatte, an der Entführung beteiligt gewesen zu sein. Patrick hatte seinen Verdacht sogar mehr oder weniger deutlich am Telefon ausgesprochen. Und er wünschte Pia zu sprechen. Warum? Um sie zu erpressen?
    Dann fiel Willem ein, dass Patrick in der ganzen Geschichte noch tiefer drinsteckte als Michail, auch wenn er sich selbst darüber nicht im Klaren sein mochte. Michail war der Polizei dadurch aufgefallen, dass Nikita seinen weißen Lieferwagen für die Entführung benutzt hatte. Patrick hatte Nikita die Waffe geliehen. Das wusste die Polizei nicht. Aber Patrick musste befürchten, dass es seine Waffe war, mit der Hewitt erschossen wurde, und dass die Polizei davon erfahren würde. Vielleicht wollte er deshalb Pia sprechen. Um sie zu fragen, wo die Waffe abgeblieben war. Willem war froh, dass er das Ding noch nicht weggeschmissen hatte. Es lag immer noch im Handschuhfach seines Alfas.
    Um zu vermeiden, von den anderen Gästen in eine Konversation verwickelt zu werden, aß Willem in einem anderen, größeren und eleganteren Hotel zu Abend. Er wollte einfach für sich allein sein. Nach seiner Rückkehr ging er gleich auf sein Zimmer und legte sich aufs Bett. Nach kurzer Überlegung rief er Pia an.
    Eine junge Frau meldete sich. Es war offenbar Pias Schwester. Da er kein Wort Spanisch sprach und sie keine andere Sprache beherrschte, gestaltete sich die Unterhaltung äußerst schwierig. Er glaubte zu verstehen, dass Pia Barcelona verlassen hatte. Dann fragte Willem die Schwester in radebrechendem Italienisch nach Pias neuer Telefonnummer, die sie ihm wiederum auf Spanisch durchgab. Anschließend wählte er die Nummer.
    Gott sei Dank, er hatte sie sich richtig notiert. Denn Pia meldete sich, gut gelaunt wie immer. Sie hatten nicht mehr miteinander gesprochen, seit sie sich in London getrennt hatten. Zunächst musste er Pia alles erzählen, was er in den
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