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Seifenblasen kuesst man nicht

Seifenblasen kuesst man nicht

Titel: Seifenblasen kuesst man nicht
Autoren: Elisabeth Herrmann
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gebrauchen, hatte sie immer gemocht.
    Â»Oben. Wir können gleich frühstücken. Sag ihr, ich bin in fünf Minuten fertig.«
    Â»Aber nicht mit dem da.« Sie wollte auf den Oldtimer deuten, als von der Straße ein untertouriges, bullerndes Geräusch zu ihnen drang. Es wurde lauter. Jemand fuhr gerade mit schätzungsweise 500 auf Schritttempo gedrosselten PS auf ihren Hof. Sie stürmte hinaus und wäre um ein Haar auf der Motorhaube eines feuerroten Ferraris gelandet.
    Â»Matze!«, schrie sie und warf sich dem Mann, der sich unter Ächzen und Stöhnen aus der viel zu niedrigen Sitzschale befreite, an den Hals. »Wo kommst du denn her? Bist du unter die Millionäre gegangen?«
    Matze, der beste, älteste und offenbar einzige Freund ihres Vaters, war klein, rund und prall wie ein Medizinball. Die Haare lichteten sich über seiner Stirn. Eigentlich war er das genaue Gegenteil von René, nur das Lächeln der beiden ungleichen Freunde ähnelte sich: Es war offen, herzlich und ehrlich. Mit Matze hatte sie Autofahren gelernt, immer rund um die Abladerampe auf seinem Schrottplatz.
    Â»Coralie«, schnaufte er, nachdem er ihr drei Küsse auf die Wangen geschmatzt und beinahe die Brötchentüte samt Inhalt zerdrückt hatte. »Wenn ich diesen Wagen hätte, hätte ich ihn nicht mehr.«
    Sie sah Matze ratlos an.
    Â»Dann säße ich schon längst in der Ardeche auf meinem kleinen Weingut, dass ich mir für das Geld angeschafft hätte.« Er lachte dröhnend. »René! Tut mir leid, dass ich dich so früh störe.«
    Die Freunde begrüßten sich mit Handschlag und einer schnellen Umarmung. Während René um den Wagen herumging, immer noch den Lappen in der Hand, erklärte ihm Matze, was es damit auf sich hatte.
    Â»Runtergeheizt bis aufs Gestell. Ist ja nicht mehr der Jüngste. Kannst du ihn mal durchchecken?«
    Â»Dafür habe ich das Gerät nicht.«
    Â»Einfach nur durchsehen. Dann kann er wieder für ein Jahr in die Garage. Wofür nennt man dich denn The Car Whisperer? « Er zwinkerte Coralie zu. »Meine Ersatzteile, dein Können, mein lieber René, und wir rocken das Blech! – Gehört einem Bekannten von mir. Ist das ein Schätzchen? Oder?«
    Coralie hob bewundernd die Augenbrauen, weil man das von ihr erwartete. So war das in einer Familie von hugenottischen Autoschraubern. Als sie sechs war und man sie nach ihrer Lieblingsfarbe gefragt hatte, hatte sie »Frostschutzmittel« geantwortet. Das war rosa. Manchmal glaubte sie, René wäre ein Sohn statt einer Tochter lieber gewesen. Einer, mit dem er fachsimpeln konnte und der den Wagenheber nicht fallen ließ, weil es Zeit war für Tanzstunden.
    Mit einem Seufzen wandte sie sich ab und ging über den Hof ins Haus. Sie bewohnten den ersten Stock des grauen Mehrfamilienhauses. Frischer Kaffeeduft stieg ihr in die Nase, als sie die Wohnungstür öffnete.
    Ihre Mutter Marion deckte in Frotteebademantel, Pantoffeln und einem um die feuchten Haare geschlungenen Handtuch den Tisch. An anderen Frauen hätte dieser Look vielleicht etwas asselig ausgesehen. Das weiße Handtuch war schon leicht grau und die Pantoffeln hatten auch schon bessere Tage gesehen. Doch Marion konnte sogar einen Werkstattoverall tragen und damit aussehen wie Taylor Swift – okay, eine etwa fünfundvierzigjährige Taylor Swift vielleicht. Zumindest aber wie jemand, der selbst nach zwanzig Jahren Ehe immer noch ein verliebtes Lächeln ins Gesicht ihres Mannes zaubern konnte. Glücklicherweise hatte sich das in den letzten Jahren etwas gelegt. Coralie erinnerte sich noch daran, wie peinlich es ihr gewesen war, dass ihre Eltern die Einzigen gewesen waren, die auf Klassenkonferenzen Hand in Hand erschienen.
    Â»Guten Morgen, chérie!« Marion holte eine Tüte Milch aus dem Kühlschrank. Sie hatte winzige Fältchen um die Augen, wenn sie lächelte. »Wie war die Tour?«
    Â»Anstrengend. Ich will ins Bett.« Sie nahm ihrer Mutter die Tüte ab und trank einen großen Schluck, bevor sie sie auf den Tisch stellte. Marion nahm das stirnrunzelnd zur Kenntnis.
    Â»Was ist? Außer mir trinkt sie doch keiner.« Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und legte theatralisch die Arme auf den Tisch und den Kopf gleich dazu.
    Ihre Mutter seufzte. »Noch zwei Wochen, dann sind Ferien. Jetzt iss erst mal was und trink einen Kaffee, dann sieht
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