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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd
Autoren: U Renk
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im Rücken geschnürt und hatte Haken und Ösen statt Knöpfe. So war auch ihre Mutter gekleidet und die Schwestern ebenso. Fast alle Frauen der Gemeinde kleideten sich schlicht und gottesfürchtig. Knöpfe, Schleifen, Zierrat aller Art war nicht gefällig, sondern eitel. Aber dennoch änderte sich allmählich die Mode, und so manche Frau sah die Sitten nicht mehr so streng.
    Margaretha van Akens Familie kam aus dem Bergischen Land, sie hatte sich noch nie um den Despotismus der Gemeinde geschert, auch wenn sie fast jeden Sonntag am Gottesdienst teilnahm.
    »Madame von der Leyen, ich grüße Euch!« Esther ging auf sie zu, sie lächelte, doch das Lächeln erreichte nicht ihre Augen. Catharina folgte ihr, ein wenig scheu, aber auch neugierig. Die dicken Teppiche dämpften den Schritt, und es war angenehm, darauf zu gehen, auch wenn Catharina erst zögerte, sie mit ihren Straßenschuhen zu betreten. Niemand sagte jedoch etwas, es schien keinem aufzufallen.
    Alles glitzerte und funkelte. Ein Feuer prasselte in dem großen Kamin, dessen Sims aufwendig verziert war. Das Feuer spiegelte sich in den blank polierten Tischen aus dunklem Holz, in den silbernen Kerzenständern und Pokalen. Vor dem Kamin standen zwei Sessel, deren Polster aufwendig bestickt waren. Die Farben der Seide leuchteten und sahen so kostbar aus, dass Catharina für einen Moment die Luft anhielt, alssich Madame von der Leyen, ohne zu zögern, auf dem Sessel niederließ.
    »Nele!«, rief sie. »Nimm Madame te Kamp und ihrer Tochter die Mäntel ab. Nicht zu glauben, dass du das noch nicht gemacht hast. Mögt Ihr etwas trinken, Madame? Ach, was für eine Frage! Aletta, hole Wein und zwei Gläser. Vielleicht auch etwas Käse?« Sie zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Nein, nein.« Esther winkte zu Catharinas Bedauern ab. »Das sind zu viele Umstände. Hier sind die Kostüme, die die Franzosen bestellt hatten.« Sie nahm das Paket aus dem Korb, wickelte es aus den Leinentüchern. »Fünf Kostüme habe ich genäht, drei weitere bringe ich Euch morgen, da fehlen noch Kleinigkeiten. Ich hoffe, sie sind zu Eurer Zufriedenheit.« Sie faltete eins der Kostüme auseinander, schlug es vorsichtig aus und hielt es hoch. »Ich habe vier Kleider für Schäferinnen genäht und vier Anzüge für Schäfer – Jacke und Bundhose.«
    »Oh!« Madame von der Leyen schlug die Hände vor den Mund. »Magnifique! Tres bien!« Sie wandte sich um. »Frederik, komm und schau!«
    Erst jetzt bemerkte Catharina die zweiflügelige Schiebetür, die zu einem weiteren Raum führte. Sie war einen Spalt geöffnet. Man konnte einen Tisch und Stühle erkennen, weitere Teppiche und Kaminfeuer.
    Frederik von der Leyen schob die beiden Teile der weißlackierten Tür auseinander und betrat den Salon.
    »Bonsoir, Madame te Kamp. Mademoiselle.« Er nickte beiden zu. Gegenüber seiner Frau wirkte er reservierter, aber nicht unfreundlich, fand Catharina. Sie blickte durch die nun weit geöffnete Flügeltür in den weiteren Raum. Am Tisch saß ein junger Mann, die Haare gepudert und überden Ohren, der Mode entsprechend, in Rollen gelegt. Den Zopf in seinem Nacken zierte eine schwarze Samtschleife. Es musste Friedrich von der Leyen sein. Ihre Blicke trafen sich, und Catharina senkte verschämt den Kopf, um ihn dann schnell, aber verstohlen, wieder zu heben. Prächtig sah der Mann aus, er lächelte gelassen. Als er ihren Blick bemerkte, stand er auf und verbeugte sich leicht.
    O nein, dachte Catharina, ich war wohl zu forsch. Das Blut schoss ihr in die Wangen.
    »Das sind die Kostüme?«, fragte Frederik von der Leyen. Er nahm eins der Kleider von dem Packen, den Esther auf den Tisch gelegt hatte. »Sehr neckisch.« Er lächelte. »Das wird unseren Gästen gefallen.«
    »Ich habe es wieder so gemacht wie im letzten Jahr. Die Kleider sind großzügig geschnitten und können im Rücken entsprechend geschnürt werden.« Esther drehte das Kleid um und zeigte es.
    »Tres bien! Das wird wieder genauso passen wie im letzten Jahr. Was waren das noch für Kostüme?« Auch Margaretha von der Leyen war wieder aufgestanden und hatte eine der Jacken zur Hand genommen.
    »Sie sind als Marketenderinnen und Ausrufer gegangen.« Esther verzog das Gesicht, lächelte dann aber wieder höflich.
    »Ach, ich erinnere mich. War das ein Spaß.« Frederik ließ das Kleid achtlos in den Korb fallen. Esther hob es auf und faltete es zusammen.
    »Sind Eure Gäste schon da?«, fragte sie.
    »Nur ein Teil, doch im Laufe der nächsten
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