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Sei lieb und büße - Thriller

Sei lieb und büße - Thriller

Titel: Sei lieb und büße - Thriller
Autoren: Loewe
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gestarrt. Ich glaube, sie wollte nicht, dass irgendjemand sieht, wie entsetzt sie ist.
    So. Für dich kein Herz. Einen bunten Kranz mit einer Kerze in der Mitte. An deinem Grab habe ich weniger Angst, dass jemand kommt und mich verscheucht. So wie Mias Vater, als ich das letzte Mal Blumen gebracht habe. Ich verstehe ihn. Trotzdem lege ich weiter Blumen auf eure Gräber. Ich bin ohnehin so selten hier. Deine Mutter kommt noch seltener. Was soll sie hier auch noch? Du warst ihre letzte lebende Verbindung zu Kranbach, bis das Blutgerinnsel in deinem Gehirn deinen Tod verursacht hat, so kurz nachdem du aufgewacht bist. Fast hättest du es geschafft.
    »Tabea?«
    Die vertraute Stimme schreckt mich aus meinen Gedanken. Ich fahre herum, verwundert, ich habe sie gar nicht kommen hören. Sie stehen knapp einen Meter von mir entfernt auf der anderen Seite des Grabs. Sina hält eine weiße Lilie in der Hand. Max’ Arm liegt um ihre Schulter, auf seinem Kopf sitzt der altbekannte Hut.
    Ohne lange zu zögern, löst Sina sich von Max und tritt auf mich zu. »Seit wann bist du in Kranbach?«
    »Heute«, murmle ich, unsicher, wie ich mich verhalten soll. Auf ein Treffen mit ihr bin ich nicht vorbereitet.
    »Wusste ich gar nicht«, sagt Sina so erstaunt, als müsste sie über meine Termine genauestens Bescheid wissen. »Sonst erzählt Adrian immer, wann du kommst.«
    Meine Augen rollen automatisch nach oben. Natürlich. Adrian. Nach wie vor Bens bester Kumpel. Ich höre Sina lachen.
    »Wenigstens das hat sich nicht geändert.«
    »Was? Adrian und Ben?«, frage ich verwirrt.
    »Dein genervter Gesichtsausdruck, sobald man Adrians Namen erwähnt …«
    »Ach«, winke ich ab. »Eigentlich kommen wir inzwischen gut miteinander aus. Er war … wie ein echter Bruder, als alles rauskam. Hat richtig zu mir gehalten.«
    »Gibt es einen besonderen Anlass für deinen Besuch?« Max mustert mich so aufmerksam wie damals, als würde er mir nach wie vor nicht über den Weg trauen. »Du bist doch noch bei deiner Tante in Frankfurt, oder?«
    Ich nicke. Ja, und ich habe ganz sicher nicht vor, nach Kranbach zurückzukehren. Zumindest nicht länger als ein Wochenende. »So eine Art außerfeiertagsmäßiges Familientreffen. Clemens kommt mit dem Sechsuhrzug.« Clemens. Meine Brust zieht sich zusammen. Es ist das erste Mal nach fast zwei Jahren, dass ich ihn sehen werde. Auch wenn er mir verziehen hat und wir in letzter Zeit viel gechattet haben, bin ich nervös.
    »Clemens?«, fragt Sina nach. »Echt? Ich würde ihn so gern kennenlernen – er muss sehr nett sein.«
    Wieder nicke ich. »Vielleicht zieht Clemens auch nach Frankfurt. Ich bin schon auf der Suche nach zwei Zimmern in einer WG oder einer bezahlbaren Wohnung.«
    »Hast du einen Studienplatz dort? Oder machst du eine Ausbildung?«, fragt Max.
    »Freiwilliges Soziales Jahr.«
    Sein Mund verzieht sich zu einem Grinsen.
    »Ja, ich weiß, das machen alle, die nicht wissen, was sie machen sollen …«
    Max hält abwehrend die Hände hoch. »Das hast du gesagt.«
    »Sollen wir uns heute Abend treffen und du stellst mir Clemens vor?«, fragt Sina. »Dann können wir in aller Ruhe quatschen. Wir müssen jetzt nämlich noch aufs Amt, mein Gesundheitszeugnis abholen.«
    Ich hebe fragend die Augenbrauen.
    »Sina gehört auch zu den Planlosen«, grinst Max und legt seinen Arm erneut um ihre Schulter. »Wir verabschieden uns nämlich gerade. Sie begleitet mich morgen nach Hamburg, wo sie in einer Kinderkrippe ihr Soziales Jahr ableistet.«
    »Ja, weil mir das als Wartezeit aufs Studium angerechnet wird«, fällt Sina ihm ins Wort.
    »Natürlich.« Er drückt ihr einen Kuss auf die Haare. »Und wenn nicht, wäre es auch kein Verlust. Hauptsache, du bist endlich bei mir in Hamburg.«
    Und weg von deiner Mutter, ergänze ich im Stillen. »Und Ben?«, frage ich. »Wird er dich nicht vermissen?«
    »Klar, aber Papa gleicht das aus. Er hat einen Bürojob ergattert und kann sogar zum Teil von zu Hause arbeiten.« Sie lächelt mich an. »Und, was meinst du? Schafft ihr es heute Abend?«
    »Ja, doch, ich denke, Clemens würde dich auch gern kennenlernen. Er hat schon viel über dich gehört.«
    »Super!«, sagt Sina. »Ruf mich an, wenn du weißt, wann und wo.«
    »Mach ich«, verspreche ich und beobachte, wie Sina die Lilie auf Riks Grab legt. Sie verweilt ein paar Sekunden in der Hocke, ehe sie wieder aufsteht.
    »Also, bis später dann.«
    Sie geht zu Max und schlüpft unter seinen ausgebreiteten Arm. Im
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