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Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Winter
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Zustand.«
    »Ach, das.« Ruppert winkte ab. »Ich denke schon seit einiger Zeit darüber nach, es abzustoßen. Mit der Landwirtschaft sind keine Geschäfte mehr zu machen. Und das Baltikum ist weit weg. Die Zukunft liegt in Berlin.«
    Malu deutete auf die Uniform, die auf einem Bügel an der Garderobe hing. »Meinst du das, wenn du von der Zukunft sprichst?«
    Ruppert lachte auf. »Die Uniform meinst du? Ja. Hitler ist nicht der Hellste, aber er ist der Mann, den Deutschland in diesen Tagen braucht. Er gibt dem Land seinen Stolz zurück. Bald wird er für Arbeit sorgen, für Wohlstand. Ich bin sicher, das Volk wird ihn lieben. Den Faulenzern aber, den Intellektuellen, den Juden und all den anderen Miesmachern, denen wird es an den Kragen gehen.«
    »Warum den Juden?«, fragte Malu.
    »Bist du blind?«, fragte Ruppert zurück. »Sie halten das Finanzwesen in ihren Händen. Sie haben die Inflation gebracht, haben Millionen in Armut gestürzt.«
    »Dann sind sie wohl sehr mächtig, diese Juden?« Malu lächelte naiv.
    Ruppert haute die Faust auf den Tisch. »Nicht mehr lange, meine Liebe. Deutschland den Deutschen. So, wie es sich gehört. Und das Gut stoße ich ab. Ich suche bereits nach einem Käufer.«
    »Gut. Ich bin einverstanden.«
    Ruppert hob fragend die Augenbrauen.
    »Ich habe lebenslanges Wohnrecht dort. Es müsste dich freuen, mich hier zu sehen. Ich kann sofort eine Verzichtserklärung unterschreiben. Ohne die kannst du nicht verkaufen.«
    Ruppert tätschelte ihr die Hand. »Das ist mir klar. Ich wollte dich auch nicht überfallen. Ich weiß ja, dass du ein wenig sentimental bist, wenn es um Zehlendorf geht. Ich wollte dich nicht ängstigen. Sobald ein Käufer gefunden ist, hätte ich dich darüber informiert.«
    Malu lächelte. »Das ist noch nicht alles.«
    »Was willst du noch?«
    Das Mädchen brachte den Kaffee. Malu ließ sich Zeit und rührte umständlich zwei Stück Zucker in ihr Getränk. Ruppert rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her.
    Schließlich hielt er das Schweigen nicht länger aus. »Was willst du noch?«
    »Mutter lebt im Armenhaus.«
    Ruppert zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht meine Schuld, dass Vater für sie keine Vorsorge getroffen hat. Ich bin dabei, mir ein Geschäft aufzubauen. Das ist nicht leicht in diesen Zeiten. Man muss das Geld zusammenhalten.«
    »Du wirst Geld genug haben, wenn du Zehlendorf verkauft hast.«
    Ruppert lehnte sich zurück. »Als ob es dafür noch viel gäbe! Kein Mensch will mehr Ackerland. Die Preise auf dem Agrarmarkt sind zwar noch recht hoch, doch wenn Hitler erst einmal allen Arbeit und Brot gegeben hat, dann wird es die Landwirtschaft schwer haben.«
    »Getreide, Milch und Fleisch wird man immer brauchen.«
    Ruppert trommelte mit den Fingern auf seinen Schreibtisch. »Mag sein, aber ich bin es leid, im Kuhmist zu wühlen.« Er rief nach seiner Sekretärin. Als sie kam, befahl er ihr: »Setzen Sie eine Erklärung auf, dass meine Schwester auf all ihre Ansprüche verzichtet, was Gut Zehlendorf betrifft. Meine Schwester wird sofort unterschreiben.«
    Nachdem die Sekretärin das Büro verlassen hatte, fragte Malu: »Was gibst du mir als Ausgleich für den Verzicht?«
    Ruppert lehnte sich zurück. »Was willst du haben? Geld? Ach, komm, Malu, wir sind doch eine Familie.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich brauche dein Geld nicht. Im Übrigen wäre es ohnehin meins. Aber dazu kommen wir später. Ich möchte, dass du deine Tochter als deine Erbin im Testament einsetzt. Sie soll gut versorgt sein, wenn ich einmal nicht mehr bin. Wenn du schon die Vaterschaft nicht anerkannt hast, so erkenne Viola wenigstens als deine Nichte an. Es kann sein, dass sie es brauchen wird. Und ich möchte außerdem, dass Constanze ein würdiges Begräbnis erhält.«
    »Was?« Ruppert riss die Augen auf.
    »Ja. Sie ist tot. Es hat einen Unfall gegeben. Gestern, in der Klinik.«
    Ruppert entspannte sich. »Wenn es ein Unfall war, wird die Klinik dafür haften müssen. Was habe ich damit zu tun?«
    »Es war Selbstmord, Ruppert.«
    »Na und? Constanze hat diese Entscheidung getroffen. Sie allein ist für die Folgen verantwortlich.«
    »Sie ist tot, Ruppert. Sie kann die Folgen nicht mehr tragen.«
    »Ich auch nicht.« Ruppert schlug mit der Hand leicht auf den Tisch, um klarzumachen, dass das Thema für ihn beendet war. »Willst du sonst noch etwas?« Er machte Anstalten aufzustehen. »Ich werde die Papiere holen.«
    Malu blieb sitzen. »Das war beinahe alles. Eines
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