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Sehnsucht nach Geborgenheit

Sehnsucht nach Geborgenheit

Titel: Sehnsucht nach Geborgenheit
Autoren: Suzanne Carey
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und die verwitwete Rosemary Kelleher Freundinnen geworden. Sie gingen mindestens einmal im Monat zusammen einkaufen und sprachen beim Essen über vertrauliche Dinge.
    Zweifellos sind wir Freundinnen geworden, weil wir uns so ähnlich sind, dachte Liz. Rosemary, früher Kommunalpolitikerin im benachbarten Maryland und noch immer politisch engagiert, war eine kluge, selbstbewusste und unabhängige Frau. Das hatte Jack immer ein wenig gestört, obwohl nicht zu übersehen war, wie sehr er seine Mutter liebte.
    Liz kehrte jäh in die Gegenwart zurück, als der Geistliche verstummte und Sharons Sarg ins Grab gesenkt wurde. Wie Patsy es vorgeschlagen hatte, warfen die Trauergäste nicht Erde, sondern Blumen hinterher. „Mein armes Kind hätte es so gewollt", hatte Patsy geschluchzt und sich die vom Weinen geröteten Augen mit einem Spitzentaschentuch abgetupft.
    Beim Verlassen der Kirche hatte Jack Liz gebeten, als erste ans Grab zu treten. „Als ihre Zwillingsschwester hast du ihr nähergestanden als jeder andere."
    Zunächst hatte sie widersprechen wollen, dann jedoch eingesehen, dass dies der falsche Ort und Zeitpunkt dafür gewesen wäre. Daher folgte sie dem Nicken des
    Bestattungsunternehmers, trat an die Grube und ließ eine weiße Chrysantheme fallen.
    „Auf Wiedersehen, Shar ... sei glücklich, wo immer du jetzt bist", sagte sie unhörbar. „Wenn es im Himmel auch nur annähernd so ist wie auf Erden, wirst du das hübscheste und beliebteste Mädchen sein und den Mann bekommen, den alle anderen sich wünschen."
    Als sie sich abwandte, bevor ihr die mühsam zurückgehaltenen Tränen kamen, streifte sie Jack, der noch immer Kassie auf dem Arm hielt.
    „Könntest du heute Nachmittag ein paar Minuten bleiben, wenn alle anderen gegangen sind?" fragte er leise. „Ich muss mit dir reden."
    Sie sah ihm kurz ins Gesicht und nickte nur. Worüber konnte er ausgerechnet heute mit ihr reden wollen? Betrübt beobachtete sie,
    wie ihre Eltern Sharons Lieblingsblumen, Casablanca-Lilien, ins Grab warfen und sich tröstend umarmten.
    Mit Jacks Hilfe ließ Kassie eine pinkfarbene Rose folgen. „Dada-da", sagte sie mit scheuem Ernst und legte die Wange an sein Revers.
    Der Geistliche sprach einen letzte Segen, nachdem alle, die wollten, noch einmal ans Grab getreten waren. Während sie sich von mehreren Trauergästen umarmen ließ, versuchte Liz, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr Jacks überraschende Bitte sie verwirrt hatte. Als er die Arme um sie legte, gab sie Kassie einen Kuss und flüsterte ein paar liebevolle Worte, die das Kind zum Lächeln brachten.
    Sämtliche Gäste waren eingeladen, dem Witwer nach der Beisetzung ein wenig Gesellschaft zu leisten. Wenn alle kamen, würde sein restauriertes Farmhaus aus dem Jahre 1791 aus den Nähten platzen. Wie vereinbart fuhren Frank und Patsy mit Jack, Kassie und der Kinderfrau in der schwarzen Limousine des Bestattungsunternehmens.
    Ich würde lieber nach Hause fahren, dachte Liz, als sie in Rosemarys Cadillac stieg. In diesem Moment wollte sie nur an ihre Schwester denken und weinen. Aber ohne Frage würde es ihrer Mutter gut tun, jetzt nicht allein zu sein und mit vielen Menschen über ihre tote Tochter zu sprechen.
    Die schmale Landstraße, die von dem malerischen Dorf Waterford zu Jacks Farm führte, schlängelte sich über sanft geschwungene Hügel und durch kleine Wälder, grüne Wiesen und an schönen Anwesen vorbei. Die meisten Häuser gehörten wohlhabenden Leuten und waren Teil des historischen Erbes der USA. Einige davon waren noch vor dem amerikanischen Bürgerkrieg errichtet worden.
    „Es ist schwer zu glauben, dass Sharon nicht mehr bei uns ist, nicht wahr?" sagte Rosemary, als die Limousine Jacks efeubewachsene Torpfosten passierte. „Manchmal ist das Leben unfassbar kurz."
    Liz nickte.
    „Ich habe dich und Kassie beobachtet", fuhr Jacks Mutter fort und warf ihr einen Blick zu. „Du liebst das Kind wirklich."
    „Das ist nicht zu übersehen, was?"
    „Vielleicht ist es an der Zeit, dass du heiratest und ein eigenes Kind bekommst."
    Was du nicht sagst, dachte Liz. In ein paar Jahren würde es für sie zu spät sein. Aber so richtig hatte sie keinen der anständigen und erfolgreichen Männer geliebt, die lange genug in ihrem Leben geblieben waren, um ihr einen Heiratsantrag zu machen.
    Nicht einer von ihnen reichte an Jack heran. Irgendwie hatte sie immerzu an sein markantes Gesicht mit dem stets ein wenig spöttisch wirkenden Lächeln denken
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