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Segnet die Tiere

Segnet die Tiere

Titel: Segnet die Tiere
Autoren: Karen Haber
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»Vielleicht wird’s jetzt Zeit für einen Drink.« Ich könnte jetzt wirklich einen vertragen, fügte er in Gedanken hinzu.
    Paris lächelte humorlos. »Ja. Vielleicht auch für zwei.«
    5
    Es war ziemlich dunkel in der Kneipe; ein vages rosarotes Glühen vertrieb nur einen Teil der Schatten. Nischen gab es nicht, nur hohe, gepolsterte Sitzstangen. In einer Ecke hockte ein Musiker und spielte auf einem Instrument, das wie ein mit Saiten ausgestatteter Metallkasten aussah. Die Töne klangen seltsam, erinnerten an das Rauschen des Meeres.
    Tom Paris sah sich um und hielt vergeblich nach anderen Gästen Ausschau.
    Er schritt zur Theke, die ihm bis zum Hals reichte. Als er davor stehenblieb, fühlte er sich fast wie ein Kind.
    »Was wird hier gezapft?« fragte er.
    Der Wirt blickte auf ihn hinab und strich purpurnes Haar beiseite, das eine Art Vorhang vor seinen Augen bildete. »Wie bitte?«
    »Wir möchten Ihr Bier probieren. Sie haben doch was
    Gebrautes, oder?«
    »Wollen Sie nichts zum Schnuppern?«
    Paris hätte fast eine Grimasse geschnitten, erinnerte sich jedoch rechtzeitig an die Bedeutung von Diplomatie, gerade in einer Taverne. »Vielleicht später. Derzeit haben wir vor allem Durst.«
    »Nun, ich könnte nachsehen, ob noch etwas Demara da ist.
    Wir bewahren es für die Rinder auf.« Der Wirt zögerte und hielt es ganz offensichtlich für absurd, daß ein vernünftiger Erwachsener so etwas trinken wollte. »Wenn noch etwas da ist… Wieviel möchten Sie?«
    »Für zwei Personen.«
    »Zweimal Demara. Na schön.« Die Nasenschlitze des Sardalianers vibrierten kurz. Er wandte sich ab und kramte hinter der Theke.
    Paris lächelte zufrieden. Dann sah er zu Kim, und seine gute Stimmung verflog sofort wieder. Harry hatte einen Zettel hervorgeholt und schrieb Noten auf. Der Bursche muß immer arbeiten.
    »Zwei Demara.« Der Wirt stellte zwei schmale Gläser auf den Tisch. Sie enthielten purpurne Flüssigkeit, in der hier und dort goldene Flecken glänzten.
    Paris trank einen vorsichtigen Schluck. Das Aroma war…
    süß, mit einem bitteren, scharfen Nachgeschmack. Wie denebianischer Brandy. Nicht schlecht.
    »Stecken Sie den Zettel weg und probieren Sie das hier, Harry«, sagte er.
    Kim hob den Kopf und sah zum Glas. »Äh, nein, danke.«
    Paris beschloß, etwas energischer zu sein. Er beugte sich näher an den jungen Fähnrich heran. »Die Wahrsagerin hat mich ebenso verblüfft wie Sie, Harry. Aber vergessen Sie das jetzt. Sie sollen sich vergnügen – und wenn ich Sie dazu fesseln und Ihnen das dort in den Hals gießen muß.« Er nahm das Glas und stellte es vor seinem Begleiter ab. »Trinken Sie dies. Oder irgend etwas anderes.«
    Kim bedachte ihn mit einem verärgerten Blick. »Herzlichen Dank.« Doch er setzte das schmale Glas an die Lippen und trank. Kurz darauf lächelte er. »He, nicht übel. Wie süßer Sake.« Zwei weitere Schlucke leerten das Glas. »Wirklich nicht schlecht. Noch einmal für mich.«
    Der große Wirt mit dem purpurnen Haar grinste.
    Paris nickte stolz. »So ist es richtig. Nachschub auch für mich.«
    »Und zwar auf meine Rechnung«, erklang eine trillernder Stimme.
    Der Wirt nickte hastig. »Selbstverständlich!«
    Paris drehte den Kopf und sah eine ätherische Schönheit mit bernsteinfarbenen Augen und langem violetten Haar, das in sanften Wellen ein rundes Gesicht umrahmte. In den
    Augenwinkeln zeigten sich elegante silberne
    Tätowierungsmuster. Die Sardalianerin trug ein schimmerndes Gewand mit weißen Beinlingen, die in weichen Stiefeln endeten.
    »Ich heiße Marima«, sagte sie. »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Paris stand so hastig auf, daß er fast gefallen wäre. »Hier, nehmen Sie meinen Platz.«
    Kim stand direkt neben ihm. »Nein, meinen.«
    »Wie wär’s, wenn ich einen eigenen Sitzplatz wähle?«
    Marima sank auf ein hohes Polster und faltete die Arme vor der Brust. »Was trinken Sie?«
    »Demara.«
    Die Nasenschlitze der sardalianischen Frau vibrierten kurz.
    »Ich verstehe. Nun, Sie sind fremd hier. Wie heißen Sie?«
    »Ich bin Tom Paris, und das ist Harry Kim.«
    Marima nickte. »Es freut mich, daß Sie unsere
    Gastfreundschaft genießen. Wie gefällt Ihnen unsere Stadt?
    Erscheint sie Ihnen rätselhaft? Übt sie mit ihrer Exotik und Fremdartigkeit einen großen Reiz auf Sie aus?«
    »Wir haben kaum etwas anderes gesehen als das Innere
    dieser Taverne«, erwiderte Kim.
    Marima kniff die Augen zusammen. »Erzählen Sie mir von Ihren Reisen. Bestimmt haben Sie viele
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