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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein
Autoren: Ake Edwardson
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Kollegen?«, fragte die junge Polizistin.
    Aneta Djanali nickte.
    »Niemand, soviel ich weiß.«
    »Niemand?«
    »Sie hat nie jemanden reingelassen.«
    »Aber fünf Mal hat jemand angerufen und angezeigt, dass sie misshandelt wurde?«
    »Ja.«
    »Jemand, der seinen Namen genannt hat?«
    »Äh ... ja. Es war eine Nachbarin.« Das Mädchen wandte sich ihr zu. »Die, mit der wir eben gesprochen haben.«
    Aneta Djanali näherte sich der City. Sie fuhr an den Fabriken in Gamlestaden vorbei. Die ersten Häuser von Bagaregärden tauchten auf. Sie waren für eine andere Zivilisation gebaut worden. Schöne Häuser, nur für eine Familie oder zwei. Man konnte um sein Haus herumgehen und genießen, dass man dort lebte und das Geld hatte, das nötig war, damit es die ganze Woche lang Samstag sein konnte. Sie überlegte plötzlich, ob es in der Gegend, die sie verlassen hatten, eine Samstagstraße gab. Vielleicht nicht, vielleicht machten die Stadtplaner bei Dienstag Halt, oder bei Montag. Montagstraße. Da war die Grenze. Die ganze Woche Montag.
    »So kann das doch nicht weitergehen«, sagte Aneta Djanali.
    »Woran denkst du grade?«
    »Woran ich denke? Ich denke daran, dass es an der Zeit ist, den Tatort zu untersuchen.«
    »Ist das denn statthaft?«
    »Kennst du die Polizeigesetze nicht?« Aneta Djanali warf der jungen Kollegin einen raschen Blick zu, die wie ertappt aussah, wie durchgefAllen bei einer Prüfung.
    »Das läuft unter öffentlicher Klage«, sagte Aneta Djanali mit nachsichtiger Stimme. »Wenn ich den Verdacht habe, dass jemand misshandelt wird, kann ich mir Zugang verschaffen und überprüfen, wie sich die Sache verhält.«
    »Und willst du es tun?«
    »Bei Lindstens eindringen? Vielleicht ist es an der Zeit.«
    »Sie sagt, dass sie jetzt allein wohnt.«
    »Aber der Mann besucht sie noch?«
    Die junge Polizistin zuckte mit den Schultern.
    »Selbst hat sie nichts gesagt.«
    »Aber die Nachbarn?«
    »Eine von ihnen sagt, sie habe ihn gesehen.«
    »Und keine Kinder?«, fragte Aneta Djanali. »Sie haben keine Kinder?« »Nein.«
    »Wir müssen rauskriegen, wo er ist«, sagte Aneta Djanali.
    Der Scheißkerl, dachte sie. Genau das dachte sie. »Der Scheißkerl.«, murmelte sie. »Was hast du gesagt?«
    »Der Mann«, erklärte Aneta Djanali und merkte, dass sie lächelte, als sie sich wieder dem Mädchen zuwandte.
    Es war Abend, als Aneta Djanali die Haustür öffnete. Im Treppenhaus schlug ihr der vertraute Geruch entgegen. Ihr Haus, oder genauer: das Haus, in dem sie wohnte. Aber sie hatte das Gefühl, als gehörte das Haus ihr. Ihr gefiel es in diesem alten Patrizierhaus in der Sveagatan. Es lag mitten in der Stadt. Von hier aus konnte sie fast alles zu Fuß erreichen.
    Der Fahrstuhl schlich aufwärts. Auch das gefiel ihr. Sie hatte es gern, wenn sie die Wohnungstür aufschloss und die Post von den Holzdielen aufhob. Es gefiel ihr, Mantel oder Jacke einfach auf den Boden fAllen zu lassen, wo sie stand, die Schuhe von den Füßen zu schleudern, das große alte Schneckenhaus zu sehen, das immer auf der Kommode lag, die afrikanischen Masken zu sehen, die darüber hingen, auf Strümpfen in die Küche zu gehen, Wasser in den Schnellkocher laufen zu lassen, sich einen Tee zuzubereiten oder sich ein anderes Mal ein Bier zu nehmen oder auch mal ein Glas Wein. All das gefiel ihr.
    Sie hatte das Alleinsein gern.
    Manchmal machte es ihr Angst, dass es ihr gefiel.
    Der Mensch soll nicht allein sein. Fanden andere. Etwas stimmt nicht, wenn man allein ist. Man wählt die Einsamkeit nicht selber. Einsamkeit ist eine Strafe. Ein Urteil.
    Nein. Sie saß keine Strafe ab. Ihr gefiel es, hier zu sitzen und jeden Augenblick frei zu sein, sich für irgendetwas zu entscheiden.
    Jetzt saß sie auf einem Küchenstuhl, aus ihrem eigenen freien Willen, das Wasser kochte. Sie wollte gerade aufstehen und den Tee aufgießen, als das Telefon klingelte.
    »Ja?«
    »Was machst du gerade?«
    Die Frage kam von Fredrik Halders, ihrem Kollegen, der kein Blatt vor den Mund nahm. Nicht mehr gar so grob wie zu Anfang, aber immer noch sehr drastisch, im Vergleich zu fast Allen anderen.
    Vor zwei Jahren hatte er seine Exfrau bei einem Unfall verloren. Sie war von einem betrunkenen Autofahrer überfahren worden.
    Sie ist nicht mal mehr als meine Ex da, hatte Halders eine Zeitlang danach wie betäubt wiederholt.
    Sie hatten zusammengearbeitet, als es passierte, sie und Fredrik, und hatten begonnen, sich auch privat zu sehen. Sie hatte seine Kinder kennen
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