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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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nebenbei kein Katzenvieh, wie du sie zu nennen beliebst, mein Lieber. Sie ist ein vollwertiges Mitglied meiner Familie. Und was soll ich deiner Meinung nach sonst tun, wenn sie mir ausbüxt? Sie ihrem Schicksal überlassen? Das Dach ist steil, da kann sie schnell abrutschen. Und entgegen der landläufigen Meinung fallen Katzen durchaus nicht immer auf die Füße. Aber das verstehst du nicht. So, und nun komm, damit wir endlich was zwischen die Zähne bekommen.«
    Die Bedienung im »Bürgerbräu«, einem schönen alten Fachwerkhaus mitten im Dorf, dem historischen Stadtkern von Überlingen, begrüßte sie wie alte Bekannte. Wolf bestellte, kaum dass sie Platz genommen hatten, eine Flasche Hagnauer Burgstall Rivaner.
    »Den Trockenen, Sie wissen schon. Und bitte vom 2008er«, fügte er rasch hinzu. Als Marsberg die Speisekarte verlangte, winkte Wolf ostentativ ab. »Was willst du mit der Karte? Wir nehmen natürlich das Zanderfilet mit in Butter geschwenkten Petersilkartoffeln. Zweimal, bitte. Und sagen Sie dem Chef, er soll sich beeilen, wir kommen vor Hunger beinahe um.«
    »Ja, aber …«, wandte Marsberg ein, wenn auch nur pro forma, denn er selbst hätte ebenfalls den Zander gewählt. Den ganzen Nachmittag schon hatte er sich schließlich darauf gefreut.
    »Nichts da, heut wird gegessen, was auf den Tisch kommt«, sagte Wolf und fügte hinzu: »Du bist natürlich eingeladen.«
    Marsberg spielte den Resignierten. »Na gut. Zwing ich mir eben den Zander rein«, sagte er mit Leidensmiene.
    Gleich darauf kam der Wein, Wolf schenkte ein, und sie prosteten sich zu.
    Sichtlich zufrieden streckte Marsberg die Beine unter den Tisch. »So. Und jetzt erzähl mal: Was ist aus dem Suizid am Strandweg geworden?«
    Wolf winkte ab, setzte ihn aber dennoch kurz ins Bild.
    »Gut so, dann seid ihr die Sache los«, brummte Marsberg, als Wolf geendet hatte.
    »So sieht’s aus.«
    »Müsste dir eigentlich gelegen kommen. So könnt ihr euch auf den Mord an dem Barbesitzer konzentrieren.«
    »So, meine Herren Kommissare«, wurden sie unvermittelt angesprochen. Simon Metzler, der Wirt, war unbemerkt an ihren Tisch getreten, vorsichtig setzte er zwei Teller ab. »Zweimal Zander. Tut mir leid, schneller ging’s nicht.« Er schmunzelte und ergänzte: »Für euch hab ich alles stehen und liegen gelassen. Nicht, dass es am Ende noch heißt, ich würde die polizeiliche Ermittlungsarbeit behindern.«
    Bevor Wolf etwas erwidern konnte, klingelte ein Handy. Zwei, drei Sekunden vergingen, ehe er die Störquelle als sein eigenes Mobiltelefon identifiziert hatte und peinlich berührt in seine Tasche griff. »Teufel noch mal, hat man nicht mal mehr beim Essen seine Ruhe«, fluchte er halblaut, bevor er sich meldete.
    Konzentriert hörte er einige Sekunden lang zu. Dann blies er die Backen auf und stieß schließlich hörbar genervt die Luft aus. »Ist ja schon gut, ich komme«, rief er ungehalten. Er beendete das Gespräch und erhob sich. »Tut mir leid, Rolf, ein Einsatz, du musst allein essen«, verkündete er mürrisch. »Wenn du willst, kannst du meine Portion gleich mit verdrücken.« Schon zog er seinen Geldbeutel aus der Tasche, um einen Schein auf den Tisch zu legen. Simon Metzler jedoch, bis dahin mit seinem Spitzbart beschäftigt, wehrte heftig ab.
    »Aber, aber, kommt nicht in Frage. Das fällt unter höhere Gewalt.«
    Zu Wolfs Überraschung erhob sich nun auch Marsberg. »Ich komme mit.«
    »Das ist doch Quatsch. Ich geh allein.«
    »Etwa zu Fuß?«
    Als Wolf zögerte, setzte er hinzu: »Na, siehst du. Also ab die Post. Wo müssen wir hin?«
    »Zum Ortsausgang, Richtung Goldbach.« Nach einem wehmütigen Blick auf die Teller hieb Wolf dem Wirt die Pranke auf die Schulter. »Kommt uns hart an, das darfst du uns glauben. Aber es hat nicht sollen sein. Stell uns den Wein bis zum nächsten Mal kalt, ja?«
    Da zog eine männliche Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie gehörte einem Herrn am Nebentisch. »Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische. Wir haben ungewollt mitgehört …«
    Als der Wirt und die Polizisten sich ihm zuwandten, fuhr der Mann fort: »Meine Frau und ich wollten ohnehin Zander essen. Geben Sie doch die Teller einfach uns, dann ist allen geholfen.«
    Ratlos zwirbelte der Wirt seinen Spitzbart, bis Wolf zustimmend nickte. »Na dann, meine Herrschaften, guten Appetit«, sagte er und strebte dem Ausgang zu. Marsberg eilte hinterher.
    »Leo, was ist eigentlich los?«, fragte er, als er Wolf endlich eingeholt
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