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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume
Autoren: Ilona Andrews
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sie eine weitere rote Woge. Sie kostete davon und zuckte zurück. Der Geschmack war allzu vertraut. Sie hatte sie nicht genommen, sie wurde ihr freiwillig gegeben, trotzdem wehrte sich alles in ihr dagegen, sie anzunehmen. Wie war das möglich?
    Sie zwang sich, auch diese Essenz zu kosten, und ließ sich davon durchdringen. Sie umfloss sie, strömte durch sie hindurch, schmeckte unglaublich köstlich. Falsch. Das war falsch. Ihre Magie schreckte davor zurück.
    Sie wehrte sich, versuchte zu erkennen, was das war. Es musste doch einen Grund dafür geben.
    Richard!
    Es war
Richard!
    Sie hörte eine Stimme aus weiter Ferne, die sie einhüllte, schnitt sie für einen kurzen Moment von der Dunkelheit ab
.
    Meine Liebe, mein Licht … Verlass mich nicht.
    Sie tötete ihn. Sie saugte ihn aus, Tropfen für kostbaren Tropfen …
    Nein! Sie wollte das nicht. Nimm es zurück. Nimm alles zurück!
    Sie versuchte, den Fluss umzukehren und ihm das Leben zurückzugeben, doch die Strömung erfasste sie, schlug über ihr zusammen, wollte ihr den Verstand rauben. Sie fühlte, dass sie darin ertrank, und setzte sich mit allem, was in ihrer Macht stand, dagegen zur Wehr.
    Nein! Ich bin die Heilerin. Du bist ein Teil von mir. Du bist ein Teil von mir. Du wirst tun, was ich sage.
    Schmerz überflutete sie, die Strömung hämmerte gegen ihren Leib. Zu Hunderten bohrten sich Nadelspitzen in ihre Haut, bis die Qualen sie übermannten und sie in blendendem Schmerz verging.
    Wenn sie jetzt aufgab, würde Richard sterben.
    Charlotte riss sich von den Qualen los. Ein Mantel aus goldenem Licht umgab sie. Der reißende schwarze Strom wich davor zurück.
    Du wirst gehorchen.
    Unerträglicher Schmerz. Obwohl sie keine Stimme hatte, schrie sie. Sie entließ einen Lichtblitz, der den Strom in leuchtendes Gold tauchte. Ihre Magie brodelte
.
    Dann riss die Dunkelheit auf, sie sah Richards im toten Gras ausgestreckten Körper und fiel neben ihm auf die Knie.
    Stirb nicht. Bitte, stirb nicht
.
    Sie strengte sich an, aber ihre Magie war versiegt. Es war nichts davon übrig. Weder Licht noch Dunkelheit.
    Und Richard atmete kaum noch.
    Sie versuchte, sich des goldenen Strudels zu bemächtigen. In ihr regte sich Magie, drohte sie zu zerreißen, weigerte sich, ihr zu gehorchen. Wellen unerträglicher Qualen explodierten. Charlotte hatte den Geschmack von Blut im Mund.
    Blut aus ihren Poren sprenkelte ihre Haut mit winzigen roten Tropfen. Endlich gehorchte ihre Stimme ihr wieder, also schrie sie, dass die Schmerzen aus ihr hinausfuhren. Sie dachte, sie müsste sterben. Fast hätte sie es begrüßt, um diese Tortur zu beenden, aber vorher musste sie Richard retten.
    Gehorche. Funktioniere.
Du wirst jetzt funktionieren
.
    Etwas in ihr brach.
    Dann fuhr die Magie aus ihr heraus, das goldene Leuchten darin so mächtig, dass es ihn glatt von der Erde hob. Ihre Macht ließ sie eins werden. Alles, was sie geraubt, jedes Leben, das sie genommen hatte, alles floss nun in Richard. Sie tauchte ihn wieder und wieder in heilendes Gold und hoffte gegen jede Hoffnung, dass er leben würde.
    Komm zu mir zurück. Komm zurück zu mir, Liebster.
    Es fühlte sich an, als wollte ihr Körper vergehen. Trotzdem musste sie weitermachen. Sie musste ihn heilen.
    »Komm zu mir zurück. Ich liebe dich so sehr.«
    Da schlug er die Augen auf.
    Sie konnte es nicht glauben. Das war nur ein Trick.
    Dann hob er eine Hand. Seine Finger berührten ihre Lippen. »Ich liebe dich auch.« Damit stieß er sich vom Boden ab und setzte sich auf.
    Sie sackte an seiner Brust zusammen und ergab sich dem Schmerz.
    Richard saß vor den schweren Holztüren. Dahinter beschäftigten sich die Heilerinnen des Garner Colleges mit Charlotte. Er hatte geglaubt, sie sei vor Erschöpfung eingeschlafen. Danach hatte er fünf kostbare Stunden gebraucht, bis ihm aufging, dass sie nicht aufwachen würde. Daraufhin packte er sie in einen Phaeton und raste mit halsbrecherischem Tempo zum Garner College. Als er sie über die Schwelle trug, eilten Leute herbei und nahmen sie ihm ab. Er folgte ihnen durch das Labyrinth der Flure und Treppenfluchten bis zu diesem Korridor und Raum, wo sie ihm die Türen vor der Nase zuschlugen. Nun saß er schon seit Stunden hier, ohne zu wissen, ob sie leben oder sterben würde. Irgendwann hatte ihm ein Mann eine Schüssel mit Essen gebracht, allerdings verspürte er keinen Appetit. Ein paar Mal stand er auf, um sich im Bad zwei Stockwerke unter ihm zu erleichtern.
    Er war so unglaublich
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