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Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)

Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)

Titel: Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
Autoren: Michelle Günter
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spät gekommen.“
    „Warum nicht gleich so?“, fragte ihr Vater leise und strich sich gedankenverloren durch das kurze, braune Haar. „Und warum bist du zu spät gewesen? Und komm‘ mir jetzt bitte nicht mit dem Blödsinn, den du deiner Mutter gestern auftischen wolltest.“
    „Das war kein Blödsinn!“, protestierte Melica sofort und warf sowohl ihrer Mutter als auch ihrem Vater einen nur wenig freundlichen Blick zu. „Ich wurde wirklich überfallen!“
    Eigentlich war ihr doch klar gewesen, dass ihr niemand glauben würde – warum um Himmels Willen schmerzte es dann trotzdem?
    „Du wurdest überfallen, ja?“, fragte Frank und der Unglaube in seiner Stimme hatte die gleiche Wirkung wie tausende kleine Nadeln, die ihr skrupellos in den Arm gerammt wurden. „Und dabei hat dir der Täter deine Handtasche aus purer Freundlichkeit nicht abgenommen?“
    „Ähm…ja!“ Fantastisch – nach dieser überzeugenden Antwort werden sie gar nicht anders können, als ihr zu glauben. Aber was hätte sie auch anderes sagen sollen? Sie wusste ja selbst nicht, was die Gestalt von ihr gewollt und aus welchen Grund sie sie angefallen hatte!
    „Ich weiß nicht, was ich mit dir anstellen soll“, gab ihr Vater zu. „Egal, auf welche Art und Weise deine Bestrafungen bisher auch ausgefallen sind – der Hausarrest, die vielen Aufgaben, der Schlafentzug... Es scheint, als wärest du einfach nicht in der Lage, aus deinen Fehlern zu lernen. Ganz im Gegensatz zu mir damals. Auch mein Vater…“ Er stockte und ein kleines, kaum merkliches Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Ich glaube, ich habe eine Lösung für unser Problem gefunden, Jane.“
    Melica machte ein verdutztes Gesicht. Hatte sie irgendetwas nicht mitbekommen?
    Frank rieb sich nachdenklich über das Kinn. „Wir schicken sie zu meinem Vater.“
    Fassungslosigkeit schoss durch Melicas Körper. „Was? Wen? Mich? Nein!“, stammelte sie und starrte ihn wie vom Donner gerührt an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
    Auch ihre Mutter schien ihre Zweifel zu haben. „Glaubst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?“, erkundigte sie sich und Melica empfand mit einem Mal unbändige Dankbarkeit für diese Frau.
    Ihr Vater jedoch ließ sich nicht beirren. Er musterte Melica einige Sekunden lang schweigend. Dann nickte er. „Ja natürlich. Er wird ihr schon Vernunft einprügeln.“
    Jane stützte ihren Kopf in die Hände. „Aber was werden denn unsere Freunde dazu sagen?“
    Das war ja wieder einmal typisch! Ihre Mutter machte sich Sorgen um ihren Ruf. Dabei gab es doch viel wichtigere Dinge, die diese Sorge verdient hätten. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass ihre Tochter, ihre arme, kleine, bedauernswerte Tochter, weggeschickt werden sollte. Und nicht zu irgendwem, nein!
    Melicas Großvater war streng, eigensinnig, alt, verrückt, verbittert, verstockt, zynisch, verbissen…
    Ihr wäre wohl auch noch unzählige andere Adjektive eingefallen, eines treffender als das andere, doch ihr Vater unterbrach ihre Überlegungen mit einem kalten „Unsere Freunde werden das verstehen. Erst durch Fehler wird ein Mensch perfekt.“
    Gerne hätte Melica ihn gefragt, aus welcher Zeitschrift er wohl diese unsinnige Weisheit hatte, doch momentan gab es wichtigere Dinge zu tun. Zum Beispiel Schreien. Oder Brüllen. Oder Weinen.
    Melica entschied sich für keine dieser Möglichkeiten. Trotzig stemmte sie die Hände in die Hüften und starrte ihren Vater an. „Werde ich hier eigentlich auch noch gefragt?“
    „Nein“, antwortete Frank knapp, bevor er in die Hände klatschte. „Ich sollte ihn wohl anrufen“, bemerkte er und schritt mit ausladenden Schritten aus der Küche.
    Melica hingegen blieb wie vom Donner gerührt zurück. Sie kochte förmlich vor Wut. Es sollte Eltern nicht erlaubt sein dürfen, innerhalb weniger Minuten über das Schicksal ihres Kindes entscheiden zu können!
    Vor allem nicht jetzt, wo sie gerade erst dem sicheren Tod entronnen war… Wussten sie eigentlich, was sie ihr damit antaten?
    Sie hatte ihren Großvater noch nie gemocht und sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass sich dies in absehbarer Zeit auch nicht sonderlich ändern würde. Sean Parker lebte seit dem Tod seiner Frau vor vielen Jahren alleine in einer kleinen Holzhütte mitten im Schwarzwald, war fanatischer Jäger und hatte ihrer Meinung nach vollkommen den Verstand verloren. Sofern er diesen Verstand überhaupt einmal besessen hatte. Aber was konnte man von einem leidenschaftlichen
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