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Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Titel: Seelensplitter: Thriller (German Edition)
Autoren: Michael Koglin
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sie von früher kennt, das Lied von der Biene Maja.
    Lina sieht das kleine Mädchen in dem rosafarbenen Kleid, das seinen Schlüpfer auszieht und sich nach vorn beugt. Lina will schreien, aber sie bringt keinen Ton heraus. Sie zittert am ganzen Körper. Der Mann holt sein gewaltiges Glied aus der Hose, und Lina beginnt zu würgen. Das Mädchen verschluckt sich, hustet, würgt, beugt sich über den Schritt des Mannes.
    Dann sieht sie wieder das nachgebildete Zimmer, Antje Kernel an das Bett gefesselt. Die abgestandene Luft. Kein Geräusch, das von außen hereindringt.
    Etwas reißt Lina weg aus diesem Zimmer, das in einer ehemaligen Diskothek aufgebaut ist. In einen anderen Raum, der diesem hier gleicht. Ein Kinderzimmer, an das sie sich plötzlich wieder erinnert. Dann sieht sie wieder Antje Kernel, die sich unter Schmerzen auf dem Bett windet und die Beine anzieht. Lina will das nicht sehen. Nicht Antje Kernel und nicht das kleine Mädchen, das den Mann befriedigt.
    Sie versucht, ihren Atem unter Kontrolle zu bringen. Du musst still sein, hämmert es in ihren Kopf, jeder im Zimmer weiß, dass du hier bist, sie wollen, dass du es beobachtest. Du musst still sein, sie dürfen dich nicht aus dem Schrank ziehen. Sie müssen dich vergessen. Du darfst nicht auffallen!
    Plötzlich schiebt sich eine Frau mit entblößtem Oberkörper in das Zimmer. Seitlich, dass Lina nur ihren Rücken sehen kann. Ein großes Tattoo zeigt zwei ineinander verschränkte Kreise. Selbst auf diese Entfernung entdeckt sie in den Kreisen Brandnarben, die aussehen, als würden sie von Zigarettenkippen stammen.
    »Ich muss brennen, Lina«, zischt eine Frauenstimme. Lina kennt diese Stimme, aber das Gesicht dazu findet sie nicht.
    »Erinnerst du dich an die Rote? An unsere liebe Mama mit den schönen roten Haaren?«, zischt die Stimme. »Die Geliebte des Schwarzen Ritters, der gleichzeitig ihr Sohn ist? Die Mutter, die es mit ihrem Sohn treibt? Mit ihren beiden Kindern. Sie kam manchmal dazu. Sie hat sich mit ihren großen Brüsten auf den Schwarzen Ritter gelegt und hat meine Beine gespreizt.«
    Die Frauenstimme kichert.
    »Und die Lanze. Die krumme Lanze. Weißt du noch?«
    Lina bricht der Schweiß aus. Sie sieht die Frau vor sich, die ihrem Sohn und Geliebten durch die Haare streicht. Sie sieht ihre schweren Brüste, die weiße Haut, die ineinander verschränkten Körper, sie hört das Stöhnen.
    »Es ist so gut, und ich brauche das«, sagt der Schwarze Ritter, und Lina hört den glasklaren Klang seiner Stimme.
    Die Frau steht immer noch mit dem Rücken zur Lamellenwand.
    »Sie haben es wieder und wieder getan, Lina, aber du warst ganz nah bei mir. Du hast mich beschützt. Ich wusste, solange du im Schrank bist und auf mich aufpasst, kann mir nichts passieren. Aber dann hast du mich verlassen, Lina. Nach all den Jahren bist du einfach weggegangen. Immer wieder habe ich im Schrank nachgesehen. Aber die Decke, auf der du immer gesessen hast, wenn sie in das Zimmer kamen, war leer.«
    Lina sieht ein kleines Mädchen mit langen goldenen Haaren vor sich. Es ist ihre kleine Schwester. Mit traurigen braunen Augen und einem geschwollenen Gesicht. Sie steht da mit leicht abgespreizten Händen. Der Zeigefinger, der immer auf die Spielfiguren zeigt, wenn sie mit ihnen spricht.
    »Ich habe gewartet, Lina. Tag für Tag. Aber nicht einmal der Weiße Drache darf mich verlassen. Ich hab’s nicht glauben wollen, und ich habe dich gesucht. Aber du hast mit einem fremden Jungen in einem fremden Garten gespielt und mich vergessen. Du warst in einer fremden Familie. Lina, wir dürfen nicht getrennt werden. Ich stand hinter der kleinen Hecke am Ende des Gartens. Ich stand da und habe dich beobachtet. Du musst doch wissen, dass ich da bin, dachte ich. Du hast es gewusst. Aber du hast trotzdem mit diesem Ralf gespielt. Er hatte kein Recht auf dich. Er musste sterben.«
    Lina will etwas sagen, aber sie bringt keinen Laut heraus. Ihre Kehle ist zugeschnürt.
    »Es hat so wehgetan, Lina. Du hast mir das blutige Hemd ausgezogen. Mir die Blutergüsse mit Wasser gekühlt. Erinnerst du dich? Mich eingecremt. Überall, wo es wehtat, überall.«
    Lina rückt näher an die Lamellen heran. Das Gesicht zu der Frauenstimme taucht vor ihr auf.
    »Isabel?«, flüstert sie.
    Die Frau auf dem Stuhl wirbelt herum und klatscht aufgeregt in die Hände.
    »Da bist du ja, Lina!«, sagt Isabel. »Meine Güte, du hast keine Ahnung, wie froh ich bin! Lina, hallo, Lina! Du bist jetzt wach. Du
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