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Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)

Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)

Titel: Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
Autoren: Michelle Günter
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niemand gesagt hatte, dass sie mit einem
Vogelnest auf dem Kopf durch die Gegend gerannt war.
    „ Ähm“,
machte Tizian und hob verständnislos die Hände. „Okay.
Ich warte dann vor der Tür auf dich, das Frühstück
beginnt nämlich… gleich.“
    Melica verengte die Augen
zu zwei schmalen Schlitzen.
    Tizian schluckte beklommen
– eine halbe Sekunde später war er aus ihrem Badezimmer
verschwunden. Offensichtlich hatte er Angst vor ihr. Melica lächelte
schadenfroh und betrachtete die Kleidung genauer. Dann veränderte
sich ihr Lächeln, wurde breiter und erreichte diesmal sogar ihre
Augen. Sah ganz so aus, als hätte sie endlich Sachen bekommen,
für die sie sich nicht schämen musste.
     

    Als sie ihr Zimmer einige
Minuten später verließ, zierte noch immer ein leichtes
Lächeln ihr Gesicht. Die Sachen, die Tizian ihr gegeben hatte,
hätte sie auch vor ihrer Verwandlung mit Freude getragen. Bevor
sie damit hatte anfangen müssen, sich in dicken Wollpullovern zu
verstecken, hatte sie meistens Kleider getragen. Lange, kurze, bunte,
schlichte – Melicas Kleiderschrank war voll davon. Denn so sehr
sie es auch hasste, reich zu sein – sie war eine Frau. Und
Frauen liebten es nun einmal, einzukaufen.
    Tizians Lippen verzogen
sich zu einem breiten Grinsen, als er sie erblickte. „Wer bist
denn du? Die Frau von gestern Abend mit Sicherheit nicht.“
    Melica rutschte das
Lächeln aus dem Gesicht. Als hätte Tizian ein Schalter in
ihrem Kopf umgelegt, war von ihrer Freude mit einem Mal nichts mehr
zu entdecken. Unverhohlen wütend stemmte sie die Hände in
die Hüften und starrte ihn anklagend an. „Du hättest
mir sagen müssen, dass ich in meinen Haaren den halben Wald
durch die Gegend schleppe!“
    Tizian zuckte mit den
Schultern. „Ich dachte, du wüsstest davon.“
    „ Wenn ich davon
gewusst hätte, hätte ich ganz sicher-“ Ja…was
eigentlich? Melica verstummte. Ihr anklagender Blick jedoch blieb.
    Tizian seufzte schwer. „Es
tut mir leid“, sagte er dann. „Ich habe einfach nicht
daran gedacht. Schließlich hatten wir in dem Moment ganz andere
Probleme.“
    Ein Gong hallte durch das
alte Gemäuer und Tizian warf ihr einen kurzen Blick zu. „Das
bedeutet, dass das Frühstück gleich beginnt. Wir sollten
uns langsam wirklich beeilen.“
    Melica musterte ihn
schweigend. Nur langsam setzte sie in Bewegung und folgte ihm durch
die Gänge. „Was meint ihr eigentlich mit „Frühstück“?“,
fragte sie nach einigen Schritten neugierig.
    „ Frühstück.
Die erste Mahlzeit des Tages. In Deutschland besteht es üblicherweise
aus einem heißen Getränk und aus Backwaren. Das Frühstück
ist ziemlich wichtig für den Körper und die Seele.“
    Melica rollte mit den
Augen. „Danke, Tizian. Das wusste ich noch nicht.“
    „ Immer wieder gern.“
    Da sich Melica nicht ganz
sicher war, ob Tizian die Ironie in ihren Worten bemerkt hatte, fügte
sie vorsichtig hinzu: „Und was genau macht ihr beim Frühstück?“
    „ Essen.“
    „ Sag mal – du
veräppelst mich doch gerade, oder?“, fragte Melica
misstrauisch.
    Tizian warf ihr einen
erstaunten Blick zu. „Nein – warum sollte ich? Beim
Frühstück isst man wirklich.“
    „ Das…das
wusste ich“, murmelte Melica konsterniert.
    „ Warum fragst du
dann?“
    Seufzend schlug Melica die
Augen nieder. Sie öffnete sie erst wieder, als ein lautes Lachen
an ihre Ohren drang.
    Ein nahezu krankhaft
breites Grinsen zierte Tizians Gesicht. „Du musst noch viel
lernen, wenn du dich nicht andauernd blamieren möchtest. Wir
Dämonen lügen ständig. Du darfst nichts davon für
bare Münze nehmen.“
    Melica hob fragend eine
Augenbraue. „Warum könnt ihr nicht einfach die Wahrheit
sagen?“
    „ Wie langweilig wäre
das denn?“ Tizian klang aufrichtig entsetzt.
    Melica hingegen seufzte.
„Macht doch, was ihr wollt. Also: was ist jetzt mit dem
Frühstück? Ihr werdet doch wohl kaum da sitzen und
gemütlich Seelen schlürfen? Nicht nur, dass ihr so viele
Seelen gar nicht auftreiben könntet – es wäre
vollkommen widerlich. Und eklig.“
    „ Die vielen Seelen
zu beschaffen, wäre gar nicht so schwierig. Doch es wäre
falsch, so vielen Menschen grundlos das Leben zu nehmen“,
stimmte ihr Tizian zu und bog nach links. „Früher gab es
bei uns Schattenkriegern jedoch viel mehr Menschen als Dämonen,
zu einer Zeit, in der beide Arten noch gleichberechtigt nebeneinander
leben konnten. Doch diese Zeit ist schon lange vorbei. Inzwischen
gibt es bei uns fast nur noch
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