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Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)

Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)

Titel: Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
Autoren: Michelle Günter
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war.
    Mit schweren Schritten
stolperte sie auf eine kleine Tür in der Ecke des Raumes zu. Es
war tatsächlich ein Badezimmer, das dort auf sie wartete. Als
sich Melica jedoch neugierig umblickte, verlor sie den Boden unter
ihren Füßen. Poetisch gesprochen. In Wirklichkeit stand
sie fest auf dem harten Stein, die Augen weit aufgerissen, das
Gesicht verzerrt vor Entsetzen. Dann schlüpfte ein wütendes
Schnauben von ihren Lippen, dicht gefolgt von einer Schimpftirade,
die kleine Kinder völlig verstören würde.
    Melica war nicht der Typ,
der grundlos mit Obszönitäten um sich warf – dass sie
nun vollkommen austickte, bewies also nur allzu deutlich, dass die
Situation einfach scheiße war. Und das alles nur, weil sie
einen einfachen Blick in einen Spiegel geworfen hatte!
    Warum zum Teufel hatte ihr
denn niemand etwas gesagt? Gesagt, dass ihre blonden Haare völlig
verklebt waren und es irgendwie trotzdem schafften, wild von ihrem
Kopf abzustehen? Dass Tausende von kleinen Ästen zwischen ihren
Strähnen steckten? Dass man von ihrem Gesicht nicht einmal mehr
die Hälfte sehen konnte, weil die Haut von getrocknetem Schlamm
und Dreck überzogen war? Melica hatte völlig vergessen,
dass sie sich Ewigkeiten durch die Wälder gequält hatte.
Und dass sie am Ende umgekippt war – so wie es aussah direkt in
eine gigantische, widerliche Pfütze. Alle hatten sie so gesehen.
Gregor, Renate, Isak, Jonathan, Tizian, Yvonne. Und nicht einer hatte
ein Wort darüber verloren. Melica schaffte es ja nicht einmal,
wütend zu sein – in ihr war gar kein Platz für ein
anderes Gefühl außer Scham. Gott! Sie mussten sie für
völlig wahnsinnig halten!
    Melicas Wangen glühten
tiefrot, langsam schüttelte sie den Kopf. Sie konnte keinem von
ihnen wieder unter die Augen treten. Sie würde vor Peinlichkeit
sterben! Kein Wunder, dass Zane sie so interessiert gemustert hatte.
Jeder würde so reagieren, wenn er einer lebendigen Vogelscheuche
begegnen würde!
    Eigentlich hatte sie ja
geplant, sich kurz Wasser ins Gesicht zu spritzen, sich die Zähne
zu putzen und dann schlafen zu gehen. Doch nun, wo sie wusste, dass
sie aussah wie ein psychisch gestörter Yeti? Melica schloss kurz
die Augen. Dann riss sie die Tür zur Dusche auf und trat hinein.
Das kalte Wasser traf auf ihren Kopf und ihre Kleidung, Schmutz löste
sich und floss davon. Erschöpft lehnte Melica ihre Stirn gegen
die Wand. Was hatte sie nur getan, dass sie ein solches Leben
verdient hatte?

    ~*~
     
    „ Melihiiiica!“
Das Wimmern einer sterbenden Katze riss sie aus dem Schlaf. Müde
schlug Melica die Augen auf.
    „ Meeeeheeelica!“
Es war keine Katze. Und das hier war auch nicht ihr Bett. Sie befand
sich direkt auf Augenhöhe mit ihren Knien. Nicht, weil diese
frei im Raum schwebten. Sondern schlicht und einfach, weil Melica
allem Anschein nach zusammengesunken in einer alten Duschkabine
kauerte. Tolles Hobby.
    „ Meliicaa!“
    „ Was ist denn?“,
murrte Melica schlecht gelaunt und erhob sich schwerfällig vom
kalten Boden. Das Problem, warum sie hier ganz unseriös im
Badezimmer herumlag, hatte sie inzwischen gelöst. Nun, zumindest
konnte sie die Lösung auf zwei mögliche Antworten
einschränken. Entweder war sie beim Duschen eingeschlafen. Oder
irgendein Wahnsinniger war in der Nacht in ihr Zimmer eingebrochen,
hatte sie sich ganz höhlenmenschmäßig über die
Schulter geworfen und dann in der Duschkabine platziert. Warum jemand
so etwas tun sollte, war Melica zwar schleierhaft, aber Wahnsinnige
waren nun einmal nicht immer bei klarem Verstand. Eigentlich waren
sie das sogar recht selten. Konnte man als Wahnsinniger eigentlich
auch sinnvolle Dinge von sich geben?
    Melica hatte keine Zeit,
noch weiter zu philosophieren, denn Sekunden später wurde die
Tür aufgerissen und Tizian spazierte hinein. In seinen Armen
hielt er einen Haufen Hosen, Blusen, Kleider und Unterwäsche,
die er ihr ohne zu Zögern zuwarf.
    Melica schnaubte genervt,
als ihr eine Jenas direkt ins Gesicht schlug. „Kannst du nicht
aufpassen?“, fauchte sie und schleuderte dem grünäugigen
Dämon wütende Blicke entgegen.
    Dieser musterte sie
beunruhigt. „Welche Laus ist dir denn über die Leber
gelaufen?“
    „ Du hast kein Recht,
Menschenredewendungen zu benutzen!“, stellte Melica klar. „Und
jetzt hau‘ ab! Ich muss mich umziehen!“ Es gab vier
Gründe für Melicas unbeschreiblich gute Laune. Sie war
müde, hatte Hunger, einen verspannten Rücken und war nun
doch wütend, weil ihr
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