Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss
Autoren: Lynn Raven
Vom Netzwerk:
rücken.
    » Was machst du da unten? «
    Seloran stand im Halbschatten bei der Tür. Der Ausdruck in ihren Augen schnürte Darejans Kehle zu.
    » N-n-nichts! « Ihre Stimme versagte.
    » Nichts? « Mit schmalem Blick kam ihre Schwester auf sie zu. Ihr schönes Gesicht verzog sich, als sie ins Licht trat. Der helle Perlmuttton ihrer Haut wirkte nahezu grau. Wie in den letzten Tagen lagen dunkle Schatten unter ihren Augen und ihre Wangenknochen traten scharf hervor. Dann beugte sie sich zu ihr hinab, musterte sie beinah lauernd. Die tiefrote Sarinseide ihres Gewandes raschelte. » Wenn du ›nichts‹ machst, warum rutschst du dann auf den Knien auf dem Boden herum? «
    Hatte sie sich geirrt oder hatte Seloran tatsächlich prüfend zu der zerbrochenen Steinplatte gesehen? Fast hätte sie sich selbst mit einem raschen Blick vergewissert, dass die Bruchstücke tatsächlich an Ort und Stelle lagen. Weshalb hatte sie plötzlich Angst vor ihrer Schwester? Was war nur mit ihr los? Möglichst unauffällig atmete sie tief durch und stand auf. Die pochende Angst in ihrer Kehle blieb. Auch Seloran erhob sich, ohne den Blick ihrer dunkelblauen Augen von Darejan zu nehmen.
    » Also? Was tust du hier wirklich, Darejan? « Die Handbewegung ihrer Schwester umfasste den ganzen Raum.
    Darum bemüht, gelassen zu klingen, trat sie an den Arbeitstisch. » Eine meiner Mägde ist krank. Ich habe dich gesucht, da ich dich um eine Medizin zur Stärkung für sie bitten wollte. Du warst nicht hier, deshalb habe ich sie selbst zusammengestellt. « Mit einem schwachen Lächeln sah sie Seloran an und betete, sie würde nicht merken, wie sehr sie innerlich noch immer zitterte. » Leider war ich etwas ungeschickt. «
    » Das sehe ich! « Ihre Schwester schaute sich demonstrativ um. Dieses Mal war Darejan sich sicher, dass Selorans Blick den Bruchteil eines Atemzugs zu lang auf den zerbrochenen Steinplatten verweilte. Dann hob sie mit einer knappen Geste die Hand und die Weinreste auf dem Boden waren ebenso verschwunden wie die Spuren der Flammen oder die Scherbenvon Tiegel und Flasche. » Hast du sonst noch etwas angefasst? «
    Darejan zuckte bei dem kalten Ton ihrer Schwester zusammen. Was ging hier vor? Das Schwert! Die Bruchstücke des Steins! Was hatte das zu bedeuten? Warum wollte Seloran nicht, dass sie etwas davon wusste? » Was meinst du? « Sie versuchte harmlos zu klingen. Unvermittelt war ein Lächeln auf Selorans Lippen und sie trat direkt neben sie.
    » Nichts! « Langsam glitten ihre Finger Darejans Arm hinauf bis zu ihrer Schulter, wo sie scheinbar versonnen mit einer silberschwarzen Strähne spielten. » Ich hatte nur gerade eine etwas unerfreuliche Unterhaltung mit Réfen, wahrscheinlich bin ich deshalb… hm… noch ein wenig angespannt. « Ihre Hand fiel herab, als Darejan sich ihrer Berührung durch einen Schritt zur Seite entzog und das Lächeln erlosch. Seloran wandte sich dem Arbeitstisch zu. Ihr Blick wanderte über die Zutaten, die daraufstanden. Nach einem Moment verzog sich ihr Mund in leiser Missbilligung. » Weshalb machst du dir so viel Arbeit wegen einer Magd? «
    » Was? « , entsetzt starrte Darejan ihre Schwester an.
    Das Lächeln kehrte auf Selorans Lippen zurück. » Weshalb machst du dir so viel Arbeit wegen einer Magd?– Wenn du tatsächlich nur mich nach einem Elixier zur Stärkung hättest fragen müssen. « Sie wandte sich ab. Wie zufällig streifte ihre Hand den Arm ihrer Schwester, als sie zu einem Bord an der gegenüberliegenden Wand ging und eine schlanke Phiole herunternahm. Darejan zögerte noch einen kurzen Moment, dann stieß sie sich vom Tisch ab und durchquerte den Raum.
    » Ich danke dir! « Zu ihrem Erstaunen zitterten ihre Finger nicht, als sie sich um das Glas schlossen.
    Seloran nickte, strich ihr eine silbrigschwarze Strähne zurück. Die Berührung war seltsam kalt und der Ausdruck in den Augen ihrer Schwester… Unvermittelt war die Angst in ihrer Kehle zurück und ließ Darejan zurückschaudern. Selorans dunkle Augen wurden schmal. » Was ist? «
    » Nichts! « Schnell schüttelte sie den Kopf, wich weiter zurück. » Ich werde Nian die Medizin bringen! Entschuldige mich! « Beinah glaubte sie, den Blick ihrer Schwester in ihrem Rücken zu spüren, als sie hastig den Raum verließ.

4
    W enn du meine Befehle noch einmal missachtest, werde ich es dich bereuen lassen! « Selorans Worte gingen ihm noch immer nicht aus dem Sinn. Sie war kurz nach der Mittagsstunde in sein Zimmer gekommen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher