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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge
Autoren: Peter F. Hamilton
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sprang und herbeigerannt kam, um ihren Vater zu begrüßen. Ihr zartes Gesicht strömte über vor Glück. Bevor Marjorie etwas sagen konnte, streckte Louise den Arm aus und hielt ihre jüngere Schwester fest. Gott sei Dank, dachte Marjorie. Niemand konnte wissen, wie diese reservierten Fremden auf ein aufgeregtes kleines Mädchen reagieren würden.
    Genevieves Gesichtsausdruck verwandelte sich augenblicklich in ein Bild des Jammers, als sie mit weiten, protestierenden Augen zu ihrem unerreichbaren Vater aufsah. Doch Louise hielt sie fest in ihrem schützenden Arm.
    »Die Rebellion ist vorbei«, sagte Grant. Er schien seine jüngste Tochter nicht einmal bemerkt zu haben.
    »Du meinst, ihr habt die Aufständischen gefangen genommen?«
    »Die Rebellion ist vorbei«, wiederholte Grant tonlos.
    Marjorie wußte nicht genau, was sie als nächstes tun sollte. Ein Stück weit entfernt hörte sie Merlin mit ungewöhnlicher Aggressivität bellen. Der dicke alte Schäferhund tappte schwerfällig in Richtung der Gruppe draußen vor dem Haus.
    »Wir fangen sofort an«, verkündete Quinn unvermittelt. Er wandte sich um und stieg die breite Treppe hinauf, die zu der schweren Doppeltür des Hauses führte, und sein langes Gewand schlackerte bleiern um seine Knöchel.
    Das Personal, das sich in brennender Neugier oben auf der Veranda versammelt hatte, wich nervös vor Quinn zurück. Die Begleiter des Priesters eilten ihm hinterher.
    Grant sah Marjorie an, und sein Gesicht verzog sich zu etwas, das einer Entschuldigung nahe kam, als die Neuankömmlinge in den beiden anderen Wagen ausstiegen und hinter ihrem Priester hereilten, ohne die Dame des Hauses zu begrüßen. Die meisten von ihnen waren Männer, und ausnahmslos alle trugen den gleichen aufgeregten Gesichtsausdruck.
    Sie sehen aus, als gingen sie zu ihrer eigenen Hinrichtung, dachte Marjorie. Und ihre Kleidung war zum Teil ausgesprochen bizarr. Wie historische Militärkostüme; lange graue Mäntel mit Schößen, breiten roten Schärpen und meterweise goldenen Tressen und Bändern. Marjorie versuchte sich an den Geschichtsunterricht aus ihrer Schulzeit zu erinnern, und verschwommene Bilder von preußischen Offizieren kamen ihr in den Sinn.
    »Wir gehen vielleicht besser rein«, sagte Grant aufmunternd. Es war absurd. Grant Kavanagh fragte weder, noch schlug er auf seinem eigenen Grund und Boden irgend etwas vor. Grant Kavanagh befahl.
    Marjorie nickte zögernd und folgte ihm. »Ihr beide bleibt hier draußen«, sagte sie zu ihren Töchtern. »Ich möchte, daß ihr euch um Merlin kümmert und anschließend um eure Pferde.« Während ich herausfinde, was zur Hölle hier eigentlich gespielt wird, beendete sie in Gedanken ihren Satz.
    Die beiden Schwestern klammerten sich am Fuß der Treppe aneinander, und auf ihren Gesichtern standen Zweifel und Bestürzung. »Jawohl, Mutter«, sagte Louise schwach. Sie zupfte an Genevieves schwarzer Reitjacke.
    Auf der Schwelle zum Haus hielt Quinn inne und blickte sich noch einmal um. Böse Ahnungen rührten sich in seinem Verstand. In Boston schien es nur recht, daß er bei den Vorreitern war, die das Evangelium von Gottes Bruder über die gesamte Insel Kesteveen verkündeten. Niemand konnte Quinn widerstehen, wenn er die Schlange in seiner Brust losließ. Doch es waren so unglaublich viele verlorene Seelen, die aus dem Jenseits zurückkehrten, und ganz unausweichlich waren darunter auch solche, die es wagten, sich ihm zu widersetzen, während andere wankten, nachdem er ihnen den Auftrag erteilt hatte, das Wort zu verkünden. In Wirklichkeit konnte er sich nur auf die treuesten seiner Jünger verlassen, diejenigen, die er direkt um sich versammelt hatte.
    Die Akolythen der Sekte, die er in Boston gelassen hatte, um die zurückgekehrten Seelen zu bändigen und ihnen den wirklichen Grund zu enthüllen, aus dem sie zurückgebracht worden waren, erfüllten seine Bitte allein aus Furcht. Das war der Grund, weswegen Quinn auf das Land gefahren war, um das Glaubensbekenntnis von allen Seelen auf diesem elenden Planeten einzufordern, sowohl der lebenden als auch der toten. Je größer die Zahl seiner Gefolgsleute war, je mehr wirklich an die Aufgabe glaubten, die Gottes Bruder ihnen auferlegt hatte, desto wahrscheinlicher war sein letztendlicher Triumph.
    Doch dieses Land, das Luca Comar in leuchtenden Worten beschrieben hatte, dieses Land war so leer; Kilometer um Kilometer Grasland und Felder, auf denen einfache Bauern aus verschlafenen Weilern
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