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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge
Autoren: Peter F. Hamilton
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sie hatte sich so lange kontrolliert, daß jede plötzliche Störung unweigerlich Fragen aufwerfen würde. Die Veränderung ihres Äußeren hingegen war ein subtiler Hinweis, vorausgesetzt, ihre Überwachungsroutinen arbeiteten gut genug.
    Der Andockschlauch war fünf Meter lang und schmaler als der Korridor, kaum zwei Meter im Durchmesser. Loren schob sich hinein, nur um festzustellen, daß die Schleusenluke am anderen Ende verriegelt war.
    Endlich. Eine Ausrede, um doch noch die energistischen Kräfte zu benutzen.
    Rings um die Schleuse verliefen zahlreiche Leitungen. Loren spürte die massiven Energieversorgungskabel hinter den himmelblauen Kompositwänden; sie brannten hell und bernsteinfarben in ihrem Bewußtsein. Auch andere Kabel verliefen dort, kleiner und schwächer. Eines davon erwachte zum Leben und aktivierte einen kleinen Kommunikatorblock, der in den Rahmen der Schleusenluke eingelassen war.
    »Sie sind Loren, nicht wahr?« ertönte eine Männerstimme aus einem Lautsprecher. »Loren Skibbow, Gerald Skibbows Frau. Ich bin sicher, Sie sind es. Mein Name ist Dr. Riley Dobbs. Ich war Geralds behandelnder Arzt, bis Sie ihn entführt haben.«
    Sie starrte erschrocken auf den Lautsprechergrill. Wie zur Hölle hatte er das herausgefunden?
    Energistische Macht floß durch ihren Leib, strömte aus dem Jenseits wie eine heiße Quelle und erfaßte jede einzelne von Lorens Zellen. Sie formte den Schwall mit ihrem Bewußtsein, während er in ihr höher und höher aufstieg, verwandelte ihn in ein Muster, das sie sich vorstellte, ein Muster, das ihrem undeutlichen Wunsch entsprach. Es legte sich über die Realität. Funkenschauer zuckten über das Metall der Schleusenluke.
    »Loren, ich möchte Ihnen helfen! Ich bin bevollmächtigt, Ihnen zu helfen. Bitte hören Sie mir zu! Gerald ist mein Patient, und ich möchte nicht, daß ihm etwas geschieht. Ich glaube, da sind wir beide der gleichen Meinung.«
    »Gehen Sie zur Hölle, Doktor. Besser noch, ich bringe Sie persönlich hin. Sie haben meinen Mann verletzt und ihm fast den Verstand geraubt. Das werde ich Ihnen niemals verzeihen.«
    Hinter ihr im Korridor wurden Geräusche laut, ein leises Scharren und Klirren. Als sie sich darauf konzentrierte, konnte sie die Bewußtseine der Marines spüren, die sie langsam umzingelten. Kalt und vorsichtig, aber mit äußerster Entschlossenheit.
    »Gerald wurde durch die Possession verletzt«, sagte Dr. Dobbs. »Ich habe versucht, ihn zu heilen. Ich möchte seine Behandlung fortsetzen.«
    Die Funken wirbelten inzwischen über das Komposit des Andockschlauches und fraßen sich in die Oberfläche des Materials.
    »Unter dem Lauf einer Waffe?« fragte sie beißend. »Ich weiß, daß Ihre Leute hinter mir sind.«
    »Die Soldaten werden nicht schießen. Ich verspreche es, Loren. Es wäre doch sinnlos. Es würde nur die Person das Leben kosten, in deren Körper Sie geschlüpft sind. Niemand will das. Bitte lassen Sie uns reden. Ich habe den Behörden bereits große Zugeständnisse abgerungen. Gerald darf nach unten auf die Oberfläche. Man wird sich sehr sorgfältig um ihn kümmern, und ich werde seine Therapie fortsetzen. Vielleicht gibt es sogar eines Tages ein Wiedersehen mit Marie.«
    »Sie meinen Kiera. Dieses Miststück würde meine Tochter sicher niemals gehen lassen.«
    »So sicher ist das nicht, Loren. Lassen Sie uns darüber reden. Bitte. Sie können nicht mit dem Raumflugzeug fliehen. Selbst wenn Sie an Bord kämen, könnten sie es nicht durch das Verteidigungsnetzwerk steuern. Der einzige Weg für Gerald hinunter zur Oberfläche besteht darin, daß ich ihn begleite.«
    »Sie werden Gerald nie wieder anrühren, Mister. Er ist in meinem Versteck in Sicherheit, und Sie haben mich nicht gefunden, die ganze Zeit, seit ich hier bin.«
    Die Wände der Luftschleuse gaben ein leises Knacken von sich. Sämtliche Funken hatten sich inzwischen zu einem Ring vereinigt und formten einen Kreis aus leuchtendem Komposit rings um Loren. Sie lächelte hart. Das Ablenkungsmanöver war fast zu Ende. Dobbs’ Eingreifen war ein wunderbarer zusätzlicher Bonus gewesen.
    Loren konnte spüren, wie die Marines hinter der offenen Innenschleuse in Stellung gingen. Sie holte tief Luft und bemühte sich, nicht an das zu denken, was gleich geschehen würde. Weißes Feuer brach mit schrecklichem Kreischen aus ihren Füßen hervor. Es schoß in den Korridor und zerplatzte in eine Lawine individueller Feuerbälle, die in die wartenden Marines fuhren.
    »Nein,
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