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Seehaie

Seehaie

Titel: Seehaie
Autoren: emons Verlag
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dran. Ich denke, wir können uns morgen wieder
auf diesen Fall konzentrieren«, sagte er und brach das Gespräch ab.
    Wolf gab die erhaltenen Informationen an Jo weiter.
Sie hatten inzwischen den Ortseingang von Markdorf erreicht, Grund genug, die
Geschwindigkeit auf ein nervenschonendes Normalmaß zu drosseln. Kurz darauf
tauchte das Verwaltungsgebäude der Hohbau G mb H auf. Jo stellte ihren Wagen auf einem der
Besucherparkplätze ab.
    Fünf Minuten später saßen sie Karlheinz Hohmann
gegenüber. Der hünenhafte Unternehmer, ein Selfmademan, der in nur einem
Jahrzehnt ein Unternehmen mit immerhin zweihundertfünfzig Mitarbeitern aus dem
Boden gestampft hatte, stand ihnen sofort zur Verfügung, als sie sich am
Empfang ausgewiesen und den Grund des Besuches genannt hatten.
    »Erhängt, sagen Sie? Ploc? Da bin ich platt. Von dem
hätte ich das zuletzt erwartet. Er war immer ein so aktiver, aufgeschlossener
Typ.«
    »Darf man bei Ihnen rauchen?«, fragte Wolf und fischte
bereits nach seinen Gitanes.
    »Bedaure, unsere Büroräume sind rauchfrei. Etwas zu
trinken kann ich Ihnen anbieten, wenn Sie möchten.«
    »Nein danke! Sehen Sie für den Selbstmord irgendeinen
Grund, der in Plocs Arbeit oder in Ihrem Unternehmen liegen könnte?«
    »Nicht den geringsten!« Dabei reckte Hohmann das Kinn
nach vorne, als müsse er sich über diese Frage entrüsten. Sein mächtiger
Brustkorb spannte sich, die ärmellose Weste klaffte auf und enthüllte eines der
gelben T-Shirts, auf denen der Schriftzug » HOHBAU «
prangte. »Ploc war … lassen Sie mich nachrechnen … ja, beinahe zehn Jahre bei
uns. Lkw-Fahrer, hat die stärksten Brummer gesteuert – und ganz gut verdient
dabei. Okay, manchmal war er etwas schwierig …«
    »Wie meinen Sie das?«, hakte Jo nach.
    »Nun, er war zuweilen ein bisschen launisch,
vorsichtig ausgedrückt. An manchen Tagen musste man ihn wie ein rohes Ei
behandeln. Wie die Osteuropäer eben so sind. Gefühlsmenschen halt. Seit heute
Morgen fehlt übrigens ein weiterer Fahrer. Unentschuldigt! Yosip, ein Kroate.
War mit Ploc befreundet. Ich will nicht hoffen, dass er auch noch ausfällt, wir
brauchen jeden Mann. So, kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
    Hört sich nach höflichem Rausschmiss an, dachte Wolf
und warf Jo einen Blick zu. Sie erhoben sich. Es gab keinen Grund, noch länger
zu bleiben, also verabschiedeten sie sich und gingen zurück zum Auto.
    Auf der Rückfahrt gerieten sie in ein Gewitter. Den
ganzen Tag über hatte sich die Hitze aufgestaut, jetzt entlud sich die Spannung
in gewaltigen Explosionen. Ein Regenvorhang, dicht wie ein Wasserfall, rauschte
auf das ausgeglühte Land hernieder, die Sicht ging gegen null. Jo musste rechts
ranfahren und den Motor abstellen.
    »Kann ich davon ausgehen, Chef, dass bei Ploc weder
eine Autopsie noch eine kriminaltechnische Untersuchung gemacht wird?«, fragte
Jo, als das Prasseln des Regens auf dem Wagendach etwas nachließ.
    »Kannst du«, antwortete Wolf – doch so ganz wollte die
Skepsis nicht weichen. Er konnte selbst nicht genau sagen, was ihn an der
Selbstmordtheorie störte.

4
    An Meersburgs Fährhafen
herrschte geschäftiges Treiben. Fußgänger, Autos, Busse und Lastwagen quollen
in bunter Folge aus dem Bauch des Schiffes, davor stauten sich lange Schlangen
wartender Fahrzeuge, die nach Konstanz hinüberwollten. Endlich war der Strom
der Ankömmlinge versiegt, der Aufsichtführende gab die Einfahrt frei. Wagen um
Wagen rollte unter Deck, gelenkt von den winkenden Armen und scharfen Pfiffen
der Fährleute. Kaum waren die Motoren abgestellt, sprangen die meisten Insassen
aus ihren Autos und eilten über die enge Treppe aufs Oberdeck – das Spektakel
des bevorstehenden Seegewitters übte eine magische Anziehungskraft aus. Und
tatsächlich: Über den Himmel rasten Blitze speiende gelb-schwarze
Cumulonimbuswolken und inszenierten ein Schauspiel, das sich an Dramatik kaum
überbieten ließ. Scharfe Windböen peitschten das Wasser und taten das Ihre, die
Szenerie noch ein bisschen wilder erscheinen zu lassen.
    Gänzlich unbeeindruckt von diesem
Ereignis stieg ein Mann die Treppe hinab, in den Händen zwei bis an den Rand
mit Cola gefüllte Becher balancierend. Auf dem Fahrzeugdeck angekommen,
steuerte er direkt auf den älteren, unscheinbaren Mitsubishi inmitten des
Autopulks zu und reichte einen der Becher durch das heruntergekurbelte
Fahrerfenster. Anschließend umrundete er den Wagen und ließ sich auf dem
Beifahrersitz nieder.
    Sein
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