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Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt
Autoren: Jack L. Chalker
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Er hat mich hereingelegt, der Halunke.«
    »Was?«
    »Er war der Wächter, der Erbe des Projektleiters. Ich weiß nicht, ob er nicht vielleicht selbst ein Projektleiter war oder, wie ich, in der fernen Vergangenheit hereingelegt worden war, aber was er wollte, war jedenfalls kein Assistent. Nun, seit das Programm völlig gespeichert ist, braucht man nämlich nur eine Person, um die Umstellung zu steuern, auch wenn zwei Personen vielleicht praktischer wären. Er schickte mich hindurch, mit viel weniger Vorbereitung, als dir in deinem Leben zuteil geworden ist, und löschte sich aus dem Programm. Er hängte mir die Arbeit an und brachte sich um.«
    Sie verspürte Unruhe, als sie an Zigeuners Prophezeiungen über Brazil und sie selbst dachte, aber statt sie auszusprechen, fragte sie: »Und was geschah danach?«
    »Nun, ich schloß die Arbeit ab, machte den Laden dicht und erkannte plötzlich, daß ich von dem, was vorging, eigentlich sehr wenig wußte. Ich ging also nach Hause, zur Erde, und als die richtige Zeit gekommen war, bot ich – in erster Linie mit Tricks, wie ich zugebe – meinen uralten Glauben zwölf Stämmen miteinander verbundener Leute an. Es war die richtige Entscheidung. Aus diesem Glauben erwuchsen viele von den übrigen Religionen und Gesetzessammlungen dieser Welt. Ich gab ihnen die Vorschriften. Ich bekenne, daß sie sich an diese nicht viel besser hielten, als vorher die Leute auf meiner eigenen Welt, aber es gab sie, und insgesamt gesehen war das etwas Gutes. Allein die daraus abgesplitterten Religionen waren entscheidend für die Geschichte unseres Volkes. Der Islam rettete die Gelehrsamkeit und die Größe der Alten vor einer barbarischen Welt; das Christentum verhinderte, daß eine kulturelle Dunkelheit sich völlig ausbreitete, und hielt ein Gefühl der Einheit aufrecht, das die schlimmen Zeiten überdauerte und sich in alle Winkel der Erde ausbreitete. Mein neues Volk litt bedauerlicherweise so sehr wie vorher mein altes. Verfolgt, zu Sündenböcken gemacht, hielten sie trotzdem Glauben und Überlieferung aufrecht. Sie hielten sich am Ende viel besser als meine alte Gruppe.«
    »Brazil«, sagte sie zögernd, »du sagst, die geistige Leistung färbt die neu geschaffenen Welten. Ließe sich das nicht damit erklären, daß der letzte , der das tat, diese Religion hatte und sie, ohne es selbst zu merken, in das kollektive Unbewußte der geschaffenen Rassen einpflanzte?«
    »Das könnte sein«, gab er zu. »Ich habe ab und zu daran gedacht. Aber es kann nicht schaden, auch an das andere zu glauben, nicht wahr? Oder vielleicht daran, daß das Gottes Art und Weise ist, bei allem den Zusammenhang zu wahren.«
    »Ich habe mir dich nie als Mann Gottes vorgestellt«, erklärte sie. »Und ich scheine mich zu erinnern, daß du meinen Großeltern gegenüber behauptet hast, du wärst Gott.«
    »Ich habe ein Talent dafür, die Leute zu veranlassen, daß sie ernst nehmen, was ich sage, wenn ich es nur ernst genug ausspreche«, gab er zurück. »Und ich bin ein zwanghafter Lügner.«
    »Woher weiß ich dann, daß wahr ist, was du mir jetzt alles erzählt hast?« fragte sie belustigt. »Vielleicht war das die Lüge, um jeden Verdacht bei mir auszuräumen, du könntest vielleicht doch Gott sein.«
    »Du wirst es nie wirklich wissen, nicht?« spottete er. »Ich mache mir keine Gedanken darüber. Die Leute glauben ohnehin, was sie glauben wollen.«
    »Wirst du dich aus dem Programm löschen, Brazil? Wirst du dich umbringen und mir alles überlassen? Zigeuner hat es behauptet.«
    Er schwieg lange Zeit.
    »Das war ursprünglich meine Absicht, wenn du einverstanden gewesen wärst«, sagte er zögernd. »Glaub mir, ich will sterben. Du kannst dir nicht vorstellen, wie gern ich sterben möchte.«
    »Ich glaube, ich kann es«, erwiderte sie leise. »Ich habe es am Anfang gespürt, erinnerst du dich?«
    »Du kannst es nicht wissen, nicht wirklich wissen«, sagte er. »Du hast nur die Oberfläche berührt und besitzt keine Vorstellung von der Tiefe. Nein, eigentlich wollte ich dir das alles erzählen und dich dann allein entscheiden lassen, ob du die Aufgabe übernehmen willst, mit dem Wissen, daß du schließlich im Inneren millionenmal sterben, aber nie den Tod erleiden wirst. Aber nun bin ich mir nicht mehr so sicher. Was bedeuten jetzt noch ein paar Millionen Jahre? Ich habe in dich hineingeschaut, Mavra, viel tiefer, als du in mich. Du hast nicht die Übung darin wie ich. Und je länger ich hineinschaute, desto
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