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Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt
Autoren: Jack L. Chalker
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Essens hatte sie pro Woche über drei Kilogramm zugenommen.
    Keuchend, während ihr Herz so schnell schlug, daß sie es spüren konnte, stieg sie weiter. Erneut wurde ihr schwindlig, ihr Kopf schmerzte sie, und sie konnte kaum weitergehen. Einmal erfaßte sie ein so starkes Schwindelgefühl, daß sie beinahe ausrutschte und stürzte. Als sie hinunterschaute, entdeckte sie, daß sie kaum zwölf Meter hoch gestiegen war. Sie kam sich vor, als hätte sie einen hohen Berg erklettert, und begriff, daß sie nicht mehr lange weitermachen konnte. Schließlich noch ein Absatz, noch eine Biegung, und sie sah eine Tür. Nach Luft ringend, mußte sie die letzten Meter beinahe kriechen.
    Die Tür ging auf, und ein kleiner Mann mit Rattengesicht sah sie halb verächtlich, halb angewidert an.
    »So, so, so«, sagte er. »Wo wollen wir denn hin, Flußpferdchen?«
     
     
    Sie war so erschöpft, daß sie von drei Männern zum Aufzug zurück- und in ihr Zimmer getragen werden mußte. Ihren Fragen und Reaktionen entnahmen die drei, daß der Bann, unter dem sie gestanden hatte, gebrochen war. Aus einer gehorsamen Schwachsinnigen war eine nahezu hysterische Gefangene geworden.
    Der Mann mit dem Rattengesicht gab ihr eine Spritze zur Beruhigung, und das half ein wenig. Während das Mittel zu wirken begann, rief er über eine Sprechanlage vor ihrem Zimmer an, um über ihren neuen Zustand zu berichten und Anweisungen einzuholen. Das dauerte nicht lange, und er kehrte ins Zimmer zurück und betrachtete sie. Sie atmete immer noch schwer, sah ihn aber an und flehte: »Würde mir, bitte, jemand sagen, wo ich bin und was hier vorgeht?«
    Das Rattengesicht lächelte gemein.
    »Sie sind der Gast von Antor Trelig, Hoher Rat und Parteivorsitzender von Neuer Ausblick, auf seinem Privatplanetoiden Neu-Pompeii. Sie sollten sich geehrt fühlen.«
    »Geehrt?« fauchte sie. »Das ist ein Mittel, meinen Vater unter Druck zu setzen, nicht wahr? Ich bin eine Geisel!«
    »Kluges Ding, was?« sagte der Mann. »Nun ja, Sie sind während der vergangenen zwei Monate sozusagen hypnotisiert gewesen, und jetzt müssen wir so mit Ihnen fertig werden, wie Sie sind.«
    »Mein Vater –«, begann sie zögernd, »wird doch – er ist doch nicht…?«
    »Er wird binnen einer Woche mit seinem ganzen Stab und allem hier sein«, erwiderte der Mann.
    Sie drehte den Kopf zur Seite.
    »O nein!« stöhnte sie. Dann dachte sie einen Augenblick daran, wie es sein würde, wenn er sie so sah.
    »Ich möchte lieber sterben, als daß er mich so sieht«, sagte sie.
    »Keine Sorge«, erwiderte der Mann grinsend. »Er liebt Sie auch so. Ihr Zustand ist die Nebenerscheinung einer Droge, die wir Ihnen zur Sicherheit gegeben haben. Normalerweise geben wir nur eine genau bemessene Menge Schwamm, aber wir mußten dafür sorgen, daß nichts passierte, um Ihr Gehirn zu schädigen, solange wir Ihren alten Herrn brauchen, und wir haben es gewissermaßen übertrieben. Eine Überdosis führt bei den einzelnen Leuten zu ganz unterschiedlichen Folgen. In Ihrem Fall haben Sie gefressen wie ein Pferd. Immer noch besser als umgekehrt, glauben Sie mir. Besser als andere Reaktionen auf Überdosierung, die z.B. auf die Hormone wirken, so daß die Mädchen ganz behaart werden und tiefe Stimmen kriegen, oft noch Schlimmeres.«
    Sie wußte nicht, was Schwamm war, aber sie hatte die Vorstellung, daß man sie mit einer Droge süchtig gemacht hatte, die, wenn man sie nicht behandeln würde, ihr den Verstand zerfressen würde.
    »Mein Daddy kann mich heilen«, sagte sie trotzig.
    »Vielleicht«, meinte der Mann achselzuckend. »Ich weiß es nicht. Ich arbeite hier nur. Aber wenn er es kann, dann tut er es nur, weil der Chef es ihm erlaubt, und inzwischen werden Sie weiter auseinandergehen. Keine Sorge – manche mögen das.«
    Die Worte und der Tonfall beunruhigten sie.
    »Ich esse keinen Bissen mehr«, schwor sie.
    »O doch«, sagte er, schickte die beiden anderen Männer hinaus und stellte die Tür allein auf äußere Betätigung durch Code. »Sie werden nicht aufhören können. Sie werden um Essen betteln – und wir müssen Sie doch bei Laune halten, nicht?«
    Er schloß die Tür.
    Sie brauchte nur drei Minuten, um sich zu vergewissern, daß die Tür nicht aufging, und sie war so sehr Gefangene wie zuvor, nur wußte sie es jetzt.
    Und dann nagte der Hunger in ihr.
    Sie versuchte einzuschlafen, aber der Hunger ließ es nicht zu. Er verzehrte sie, ausgelöst von der Überdosierung der Droge, die verschiedene
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