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Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt
Autoren: Jack L. Chalker
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Dreck, dachte er. Selbst die Menschen wurden ohne Einfallskraft geboren. Die Phantasiereichen wurden gezügelt – oder beseitigt. Zu gefährlich, wenn mal jemand dachte, außer nach den Maßstäben des Staates.
    Brazil fragte sich nebenbei, ob einer seiner Passagiere lesen konnte. Vielleicht das Schwein – sein Name für Datham Hain, der sehr große Ähnlichkeit mit einem Schwein hatte –, aber er las vermutlich nur das Zeug, das er verkaufte, oder ähnlichen Mist. Vielleicht ein Handbuch über zwanzig verschiedene Methoden, jemanden zu erdrosseln, dachte er. Hain machte den Eindruck, als könnte ihm das Genuß bereiten.
    Das Mädchen in seiner Begleitung war schwerer zu beurteilen. Wie Hain stammte sie offenkundig nicht von den Kommune-Welten – sie war gereift, um die Zwanzig, und wenn sie nicht so ausgezehrt gewirkt hätte, wäre sie hübsch gewesen. Nicht toll gebaut oder schön, aber hübsch. Sie hatte jedoch einen leeren Blick und war dem fetten Kerl völlig Untertan. Wu Julee hieß sie nach dem Ladeverzeichnis. Julie Wut fragte es in einem Winkel seines Gehirns. Da war es wieder! Verdammt! Er versuchte, die Wurzel des Gedankens zu fassen, aber sie verschwand.
    Aber sie sieht chinesisch aus, sagte die kleine Stimme und tauchte wieder unter.
    Chinesisch . Das Wort hatte einmal etwas bedeutet. Er wußte es. Wo kamen diese Ausdrücke her? Und warum konnte er sich nicht erinnern, woher sie kamen?
    Dann verschwand der Gedanke plötzlich, und er war wieder bei seiner Hauptüberlegung.
    Der dritte Passagier – fast das Übliche, dachte er, nur, daß er nie den üblichen, ewig zwölfjährigen Automaten bei seinen Flügen erwischte. Sie waren alle aufgezogen und konditioniert, um gleich auszusehen, gleich zu denken und zu glauben, ihre sei die beste aller Welten. Kein Grund zu reisen. Aber Vardia Diplo 1261 war jedenfalls unter der Oberfläche dasselbe: sah aus wie Zwölf, war flachbrüstig, wahrscheinlich geschlechtslos gemacht, da eine gewisse Beckenbreite festzustellen war. Sie war Kurier zwischen ihrer Welt und dem nächsten Haufen Roboter entlang der Reihe. Brachte ihre ganze Zeit damit zu, Gymnastik zu treiben.
    Ein dünner Glockenton verkündete, daß das Essen serviert war. Er stand auf und ging zur Messe.
    Die Messe – niemand wußte, warum sie so genannt wurde – bestand lediglich aus einem großen, am Boden befestigten Tisch und einer Reihe von Stühlen, die Teil des Bodens waren, bis man an einem kleinen Ring zog, worauf sie in die Höhe gingen und zu bequemen Sitzen wurden. Ansonsten war der Raum aus milchig weißem Kunststoff – Wände, Boden, Decke, sogar die Tischplatte. Die Monotonie wurde nur durchbrochen von kleinen Tafeln, die Namen, Baudaten und Eigentümer des Schiffes nannten, sowie von seiner und des Schiffes Bestellung durch die Konföderation und seiner Kapitänsurkunde.
    Er ging hinein, rechnete halb damit, daß niemand zur Stelle sein würde, und sah überrascht die beiden Frauen schon am Tisch sitzen. Der dicke Mann stand vor dem Kapitänspatent und las den Text.
    Hain trug eine hellblaue Toga, in der er aussah wie Nero; Wu Julee hatte sich ähnlich gekleidet, sah aber damit besser aus. Die Komwelt-Bewohnerin Vardia trug ein schlichtes, einteiliges, schwarzes Gewand. Er nahm nebenbei wahr, daß Wu Julee in Trance verfallen zu sein schien und vor sich hinstarrte.
    Hain setzte sich zu ihr, eine steile Falte auf seiner Stirn.
    »Was ist an meinem Patent so merkwürdig?« fragte Brazil.
    »Dieses Formular«, erwiderte Hain mit sanfter, beunruhigender Stimme. »Es ist so alt. Nach meiner Erinnerung ist es nie benutzt worden.«
    Der Kapitän nickte und lächelte, dann drückte er einen Knopf unter seinem Stuhl. Die Speisefächer öffneten sich oben, und vor jedem standen Platten mit dampfender Nahrung. Eine große Flasche und vier Gläser stiegen aus einer runden Öffnung in der Tischmitte.
    »Ich habe es vor langer Zeit bekommen«, sagte er, griff nach einem Glas und goß nicht-alkoholischen Wein ein.
    »Sie sind also verjüngt worden, Captain?« fragte Hain höflich.
    Brazil nickte.
    »Sehr oft. Frachtschiffkapitäne sind bekannt dafür.«
    »Aber das kostet – es sei denn, man hat Einfluß beim Rat«, meinte Hain.
    »Gewiß«, sagte Brazil, während er an seinem synthetischen Fleisch kaute. »Aber wir werden gut bezahlt, sind alle paar Wochen nur wenige Tage im Hafen, und die meisten von uns hinterlegen ihre Gehälter einfach, um zu bezahlen, was wir brauchen. Heutzutage gibt es sonst
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