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SECHS

SECHS

Titel: SECHS
Autoren: Niels Gerhardt
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mich umgerissen hat.“ Er grinste.
    „Du hast dir doch nicht etwa Sorgen um mich gemacht, Mamuschka?“
    „Wieso ... wieso haben Sie ...“, Melanie kämpfte erneut mit den Tränen.
    „Warum? Der blöde Hund sollte nur die Quittung rausrücken. Da habe ich ihm mit der Kleinen ein bisschen Beine machen wollen. Nicht weiter schlimm. Und nun sieh ... das hat er davon!“ Er lupfte die Schultern. „Ist doch seine Schuld, oder nicht?“
    Melanie schüttelte ungläubig den Kopf.
    „Was wollen Sie noch damit, Sie mieses Schwein!“, schrie sie, „Sie kommen hier doch gar nicht mehr raus!“
    Sirkowsky kratzte sich wieder mit dem Lauf an der Schläfe.
    „Da würde ich nicht drauf wetten! Immerhin habe ich euch. Aber wenn du nicht bald dein Maul hältst und mir sagst, wo die Quittung ist, dann ...“
    Sirkowsky richtete die Waffe auf sie.
    „Die haben schon den Strom abgeschaltet. Der ganze Zauber geht bald los. Also, wo ist sie?“ Er spannte den Hahn. Hinter ihm verlosch die Taschenlampe.
    Melanie griff mit beiden Händen langsam hinter sich. Aus der einen Tasche ihrer Jeans zog sie einen Zettel und aus der anderen die Sprühdose. Die versteckte sie in der hohlen Hand.
    „Hier!“ Sie hielt ihm das Papier hin und betete, dass der Bluff funktionierte.
    In diesem Moment trat Sofie, mit einem steifen Schritt zur Seite, hinter ihrer Mutter hervor. Sie lächelte, doch ihre Augen waren leer.
    „Sie kommen ...“, sagte sie mit der Stimme von Steinmann. Nur ihr Mund bewegte sich dabei. Melanie konnte es nicht hören. Aber Sirkowsky hörte es und er fühlte es. Die Worte dröhnten in seinem Kopf, in seinem Bauch und in seinem Herzen.
    „... werden dich holen, dich holen“, jetzt mit den Stimmen von Marija, Frauke, Swantje und noch einer weiteren.
    Sirkowskys Augen weiteten sich vor Entsetzen.
    „Hör auf damit! Hör auf! Sag der kleinen Hure, sie soll aufhören!“, brüllte er. Er schloss die Augen und schlug sich mit der Hand mehrmals gegen die Schläfe, wie einer, der verzweifelt versucht bei Verstand zu bleiben. Melanie begriff nicht, was da vor sich ging, sehr wohl aber, dass Sirkowsky durchdrehte. Vor allem aber spürte sie instinktiv, dass sie jetzt handeln musste. Er war abgelenkt.
    Sie sprang zur Seite, öffnete blitzschnell die Ofentür und hielt das Papier am ausgestreckten Arm vor die Flamme.
    „Hol's dir, Arschloch!“, schrie sie und warf den Zettel ins Feuer.
    Sirkowsky war wieder da. Er machte einen Satz auf den Ofen zu, griff in die Flammen und versuchte die Quittung zu retten. Als die Hitze das Fleisch seiner Hand ansengte, schrie er auf. Schnell warf Melanie die Sprühdose mit dem Pfefferspray hinterher, ließ sich nach rechts fallen und riss Sofie mit um. Als sie auf dem Boden lagen, zog sie sich schützend über die Kleine. Claire schrie im Hintergrund.
    Ein Knall ließ den Raum erzittern. Die Druckwelle schlug die Ofentür gegen den Anschlag, so dass das Glas zerbarst. Dann schoss eine Stichflamme in den Raum und ließ Sirkowskys Gesicht in einem züngelnden Inferno versinken. Der Riese stolperte schreiend nach hinten. Melanie blickte auf. Sie sah Sirkowsky ungläubig auf seine Hand starren. Sie dampfte, war rot wie gekochtes Hackfleisch. Aber das war längst nicht alles. Die Haut seines Gesichts hing in braunen Fetzen herunter. Auch sein Kragen brannte jetzt, und das Feuer schälte ihm gerade die Haut vom Hals, wie das Messer die Schale einer Kartoffel. Bevor sie ihr Gesicht in der Armbeuge verbarg, nahm sie wahr, dass sich die Flammen auch durch sein Haar fraßen, den Gestank von angesengten Schweineborsten verbreiteten. Sirkowsky brüllte jetzt wie ein angestochener Ochse.
    Lodernd rannte er auf die beiden zu. Die einzige Lichtquelle im Raum war jetzt Sirkowsky selbst. Das Feuer des Ofens war durch die Druckwelle ausgeblasen worden und das Sicherheitsventil hatte die Gaszufuhr gestoppt.
    Eine zweite Detonation erschütterte das Haus. Sie kam aus Richtung des Flurs. Das SEK hatte das Schloss der Eingangstür weggesprengt und die durch Jasper blockierte Tür aufgeschoben. Schnell drangen die Männer ein und schwärmten nach allen Seiten aus. Nur wenige Sekunden darauf dröhnte ein Schuss durch das Wohnzimmer. Sirkowsky blieb wie angewurzelt stehen. Dann knickte er ein und schlug der Länge nach hin. Er krachte direkt vor Melanie und Sofie zu Boden.
    Melanie lag noch immer über ihrer Tochter, aber sie beobachtete das Geschehen wieder. Über ihren Arm hinweg sah sie grelle Lichtpunkte, die wild
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