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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens
Autoren: Steven Ericson
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hat sonst noch die Macht, sich uns entgegenzustellen? Die Jaghut? Sie leben weit verstreut und sind nur wenige. Die Imass? Was können Waffen aus Stein gegen unseren Stahl ausrichten?« Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Die Forkrul Assail scheinen nicht willens, über uns ein Urteil zu fällen. Und sie scheinen sowieso von Jahr zu Jahr weniger zu werden. Nein, mein Freund, durch den Sieg, den wir an diesem Tag errungen haben, liegt uns diese Welt zu Füßen. Hier werdet Ihr nicht unter den Bürgerkriegen leiden, die Kurald Galain heimsuchen. Und ich und meine Gefolgsleute, wir werden der Spaltung entfliehen, die nun Kurald Emurlahn bedrängt …«
    Silchas Ruin stieß ein Schnauben aus. »Eine Spaltung, die Ihr mit eigenen Händen herbeigeführt habt, Scabandari.«
    Er betrachtete noch immer die Streitkräfte der Tiste unten auf der Ebene und konnte daher das Aufflackern von Wut nicht sehen, das auf seine lässig dahingeworfene Bemerkung folgte, um einen Augenblick später wieder zu verschwinden. Erneut breitete sich Gelassenheit auf Scabandaris Gesichtszügen aus. »Eine neue Welt für uns, Bruder.«
    »Da drüben im Norden steht ein Jaghut auf einem Gebirgsgrat«, sagte Silchas Ruin. »Ein Zeuge des Krieges. Ich habe mich ihm nicht genähert, denn ich habe den Beginn eines Rituals gespürt. Omtose Phellack.«
    »Fürchtet Ihr diesen Jaghut, Silchas Ruin?«
    »Ich fürchte, was ich nicht kenne, Scabandari … Blutauge. Und es gibt über diese Sphäre und ihre Eigenarten noch viel zu lernen.«
    »Blutauge.«
    »Ihr könnt Euch selbst nicht sehen«, sagte Ruin, »aber ich gebe Euch diesen Namen angesichts des Blutes, das nun Eure … Sicht befleckt.«
    »Köstlich, dass ausgerechnet Ihr das sagt, Silchas Ruin.« Dann zuckte Scabandari die Schultern und trat vorsichtig über die leicht verrutschenden Körper hinweg an den nördlichen Rand des Leichenbergs. »Ein Jaghut, habt Ihr gesagt …« Er drehte sich um, doch Silchas Ruin, der noch immer auf die Ebene mit seinen wenigen überlebenden Gefolgsleuten hinabstarrte, kehrte ihm den Rücken zu.
    »Omtose Phellack, das Gewirr des Eises«, sagte Ruin, ohne sich umzudrehen. »Was beschwört er, Scabandari Blutauge? Ich frage mich …«
    Der Wechselgänger aus dem Volk der Edur kehrte zu Silchas Ruin zurück.
    Er griff zur Außenseite seines linken Stiefels hinunter und zog einen Dolch heraus, um dessen Schneide Schatten wallten. Magische Energien spielten über die Klinge.
    Ein letzter Schritt – und er rammte Silchas Ruin den Dolch in den Rücken.
    Der Tiste Andii zuckte krampfartig zusammen, schrie laut auf – während sich die Legionen der Edur schlagartig auf die Andii stürzten und von allen Seiten ins Zentrum des weiten Rings stürmten, um das letzte Gemetzel dieses Tages zu Ende zu bringen.
    Magie wob sich windende Ketten um Silchas Ruin, und der Albino aus dem Volk der Tiste Andii brach zusammen.
    Scabandari Blutauge kauerte sich über ihn. »So ist es eben unter Brüdern, leider«, murmelte er. »Einer muss herrschen. Zwei können es nicht. Du weißt, dass das wahr ist. So groß diese Welt auch sein mag, Silchas Ruin, früher oder später hätte es Krieg zwischen den Edur und den Andii gegeben. Unser Blut hätte es gefordert. Und so wird nur einer über das Tor herrschen. Nur die Edur werden hindurchgehen. Wir werden die Andii zur Strecke bringen, die bereits hier sind – was für einen Kämpen könnten sie denn aufbieten, der in der Lage wäre, mich herauszufordern? Sie sind schon so gut wie tot. Und so muss es sein. Ein Volk. Ein Herrscher.« Er richtete sich wieder auf, während die letzten Schreie der sterbenden Andii-Krieger von der Ebene zu ihnen heraufdrangen. »Ich kann dich nicht auf der Stelle töten – dafür bist du zu mächtig. Daher werde ich dich an einen geeigneten Ort bringen und dich dort zurücklassen – auf dem durchwühlten Boden inmitten von Wurzeln, Erde und Steinen …«
    Er verwandelte sich in seine Drachengestalt. Ein gewaltiger, mit riesigen Krallen versehener Fuß schloss sich um den reglosen Silchas Ruin, und mit mächtigen Flügelschlägen schraubte sich Scabandari Blutauge in den Himmel.
    Der Turm lag keine dreihundert Meilen im Süden; nur die übel zugerichtete niedrige Mauer, die den Hof umschloss, offenbarte, dass das Gebäude nicht von den Jaghut stammte, sondern sich aus eigenem Antrieb neben den drei Türmen der Jaghut erhoben hatte, einem Gesetz folgend, das für Götter wie Sterbliche gleichermaßen
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