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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens
Autoren: Steven Ericson
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Blick zu. »Unverschämter Kerl.«
    »Warum etwas ändern?«
    »In den Meeren wird die Zeit sichtbar, Jaghut. In den Tiefen gibt es Strömungen, die unermesslich alt sind. In den Untiefen flüstert die Zukunft. Und zwischen ihnen fließen die Gezeiten hin und her, in nie endendem Austausch. So ist meine Sphäre. So ist mein Wissen. Versiegle diese Verwüstung mit deinem verdammten Eis, Gothos. Friere an diesem Ort die Zeit selbst ein. Wenn du das tust, werde ich akzeptieren, dass ich dir etwas schuldig bin – und das könntest du eines Tages vielleicht nützlich finden.«
    Gothos dachte einen Augenblick über die Worte des Älteren Gottes nach und nickte dann. »Schon möglich. Also gut, Mael. Geh zu Kilmandaros. Schlage diesen Tiste-Eleint nieder und zerstreue sein Volk. Aber tu es schnell.«
    Mael kniff die Augen zusammen. »Warum?«
    »Weil ich spüre, wie in der Ferne jemand erwacht – aber leider nicht in so großer Ferne wie es dir lieb wäre.«
    »Anomander Rake.«
    Gothos nickte.
    Mael zuckte die Schultern. »Das war vorauszusehen. Osserc wird sich ihm in den Weg stellen.«
    Der Jaghut lächelte und entblößte dabei seine kräftigen Hauer. »Wieder?«
    Der Ältere Gott konnte ein Grinsen nicht verbergen.
    Doch obwohl beide lächelten, herrschte keine fröhliche Stimmung auf der Gletscherberme.
     
    Das Jahr 1159 von Brands Schlaf
    Das Jahr der Weißen Adern im Ebenholz
    Drei Jahre vor der Siebten Schließung der Letherii
     
    Er erwachte nackt, die Nase voller Salz und halb im Sand vergraben inmitten der Trümmer, die der Sturm zurückgelassen hatte. Möwen kreischten über seinem Kopf, ihre Schatten huschten über den geriffelten Strand. Seine Eingeweide zogen sich in Krämpfen zusammen; er stöhnte und rollte sich langsam herum.
    Es lagen noch mehr Leichen am Strand, wie er sah. Und Wrackteile. Unterschiedlich große Brocken von schnell schmelzendem Eis knisterten im Flachwasser. Tausende von Krabben flitzten hin und her.
    Der große Mann richtete sich auf Hände und Knie auf. Und erbrach bittere Flüssigkeit. Hämmernde Schmerzen zuckten durch seinen Schädel, so stark, dass sie ihn beinah blind machten, und es dauerte einige Zeit, bis er sich schließlich wieder hinsetzte und einmal mehr mit düsterem Blick umschaute.
    Ein Ufer, wo kein Ufer sein sollte.
    Und in der Nacht zuvor waren Berge aus Eis aus den Tiefen aufgestiegen, und einer davon – der größte all dieser Eisberge – hatte die Oberfläche direkt unter der riesigen, treibenden Stadt der Meckros erreicht. Hatte sie zerbrochen, als wäre sie ein aus wenigen Zweigen zusammengebundenes Floß. Die Geschichtsschreibung der Meckros wusste von keinem einzigen Ereignis, das auch nur annähernd der Verwüstung nahe gekommen wäre, die er erlebt hatte. Die plötzliche und praktisch vollständige Auslöschung einer Stadt, die zwanzigtausend Bewohnern eine Heimat gewesen war. Und ihm wurde schmerzhaft klar, dass er es so richtig immer noch nicht glauben konnte – als ob seine eigenen Erinnerungen aus unmöglichen Bildern bestünden, Phantastereien eines fiebernden Gehirns.
    Doch er wusste, dass er sich nichts eingebildet hatte. Er hatte nur zugesehen.
    Und irgendwie überlebt.
    Die Sonne war warm, aber nicht heiß. Der Himmel über ihm war eher milchig weiß als blau. Und die Möwen, das sah er jetzt, waren etwas völlig anderes: Reptilien mit blassen Schwingen.
    Er richtete sich taumelnd auf. Die Kopfschmerzen ließen allmählich nach, doch stattdessen durchfuhren ihn Schauer, und sein Durst war wie ein rasender Dämon, der versuchte, ihm die Kehle aufzureißen.
    Die Schreie der fliegenden Echsen veränderten sich und wurden schriller. Er drehte sich zum Landesinnern um.
    Drei Kreaturen waren aufgetaucht, kletterten durch die farblosen Grasbüschel oberhalb der Flutlinie. Sie reichten ihm kaum bis zur Hüfte, waren schwarzhäutig, haarlos, mit vollkommen runden Köpfen und spitzen Ohren. Bhoka’ral. Er erinnerte sich an sie – damals, in seiner Jugendzeit, war ein Handelsschiff von Nemil zurückgekehrt –, aber die hier schienen wesentlich muskulöser zu sein und waren mindestens doppelt so schwer wie die Schoßtierchen, die die Händler mit in die schwimmende Stadt gebracht hatten. Sie kamen genau auf ihn zu.
    Er blickte sich nach etwas um, das er als Waffe benutzen könnte, und fand ein Stück Treibholz, das eine Art Keule abgab. Diese Keule wog er in der Hand, während er wartete, dass die Bhoka’ral näher kamen.
    Sie blieben stehen und
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