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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum
Autoren: Raymond Khoury
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vorsichtshalber hinter einem großen Felsen versteckt. Sie würde sie später holen.
    Als sie die kleine Siedlung erreichte, zog sie die Strickjacke aus und versteckte das Päckchen darin. Die beiden Fischer hatten
     die Taverne verlassen, doch ein anderer Mann, der sie bei ihrer Ankunft gesehen hatte, erklärte sich bereit, sie zum Haus
     des Arztes zu bringen.
    Mavromaras empfing sie mit einem breiten Lächeln. «Wo haben Sie nur gesteckt? Wir suchen schon die ganze Zeit nach Ihnen.»
     Bevor sie ihm eine Lüge auftischen konnte, schob er sie zu den Zimmern. «Schnell, jemand möchte Sie sehen.»
     
    Reilly schaute sie an, ohne Atemmaske, die rissigen Lippen zu einem tapferen Lächeln verzogen. Er lag halb aufrecht, gestützt
     von drei großen Kissen. Etwas in ihr löste sich.
    «Hallo», sagte er schwach.
    «Selber hallo», begrüßte sie ihn erleichtert. Sie fühlte sich auf einmal unglaublich beschwingt. Ganz beiläufig, damitEleni und der Arzt nichts merkten, legte sie die Strickjacke auf einen kleinen Schrank gegenüber vom Bett. Dann strich sie
     Reilly sanft über die Stirn. Ihr Blick wanderte über sein verletztes Gesicht, und sie biss sich auf die Lippen, um ihre Tränen
     zu unterdrücken.
    «Wie schön, dass du wieder da bist», sagte sie leise.
    Langsam hellte sich sein Gesicht auf. «Von jetzt an suche ich den Urlaubsort aus, okay?»
    Sie lächelte, eine Träne rollte ihre Wange hinunter. «Okay.» Sie schaute den Arzt und seine Frau strahlend an. «Danke.» Sie
     lächelten nur und nickten. «Ich, wir verdanken Ihnen unser Leben. Wie können wir das je wieder gutmachen?»
    «Unsinn», erwiderte Mavromaras. «Es gibt ein griechisches Sprichwort.
De chriasete efcharisto, kathikon mou.
Wer seine Pflicht tut, braucht keinen Dank.» Er und Eleni tauschten einen stummen Blick. «Wir lassen Sie jetzt allein. Sie
     haben sich sicher viel zu erzählen.»
    Tess sprang auf, umarmte den Arzt und küsste ihn auf beide Wangen. Er errötete durch seine Sonnenbräune und verließ mit einem
     bescheidenen Lächeln das Zimmer.
    Dann fiel ihr Blick auf die zusammengeknüllte Strickjacke, die wie eine heimliche Bombe auf dem Schränkchen lag. Sie kam sich
     vor, als hätte sie alle betrogen, das großzügige Ehepaar, das ihr das Leben gerettet hatte, und auch Reilly. Sie spürte den
     verzweifelten Drang, ihm alles zu erzählen. Doch dies war der falsche Zeitpunkt.
    Bald, sagte sie sich.
    Und trat schweren Herzens wieder an sein Bett.
     
    Reilly fühlte sich, als wäre er wochenlang weg gewesen. Er spürte eine seltsam stechende Taubheit in seinen Muskeln, und ihm
     war noch immer schwindlig. Richtig sehen konnte er auch nicht, da ein Auge fast zugeschwollen war.
    Viel wusste er nicht mehr. Er hatte auf De Angelis geschossen und sich danach ins Meer gestürzt. Er hatte Mavromaras gefragt,
     wie er auf die Insel gekommen sei, doch dieser hatte nur die wenigen Details wiederholt, die er von Tess wusste. Daher war
     er ungeheuer erleichtert, als er sie heil und gesund an seinem Bett sitzen sah.
    Er wollte sich vorsichtig aufsetzen, verzog schmerzhaft das Gesicht und lehnte sich in die Kissen zurück.
    «Wie sind wir eigentlich hierher gekommen?», fragte er.
    Tess berichtete, woran sie sich erinnerte. Auch in ihrem Gedächtnis klaffte zwischen Riesenwelle und Strand ein schwarzes
     Loch. Sie erzählte, wie er den Schlag gegen den Kopf erhalten und sie ihre Schwimmwesten zusammengeschnallt hatte, bevor die
     ungeheure Welle sie traf. Sie berichtete von der Holzplatte und zeigte ihm den tiefen Schnitt an ihrem Arm. Sie wollte ihrerseits
     wissen, weshalb die Küstenwache auf sie gefeuert hatte; Reilly rekapitulierte seine Reise von dem Moment an, als De Angelis
     in der Türkei aus dem Hubschrauber gestiegen war.
    «Das tut mir Leid», meinte sie zerknirscht. «Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat. Ich muss von Sinnen gewesen
     sein, dich einfach im Stich zu lassen. Dieses ganze Durcheinander ist einfach   …» Sie fand nicht die richtigen Worte.
    «Schon gut», meinte er und lächelte schwach. «Schwamm drüber. Wir haben es beide geschafft, das ist doch die Hauptsache.»
    Sie nickte zögernd, und Reilly fuhr fort zu berichten, dassder Monsignore die Reiter in New York getötet und auch mit der Maschinenkanone auf die
Savarona
gefeuert hatte. Und wie er selbst De Angelis getötet hatte.
    Dann begann er mit Kardinal Brugnones Enthüllungen.
     
    Tess bekam ein äußerst schlechtes Gewissen, als sie hörte,
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