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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981
Autoren: H. J. Alpers
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habe nicht alle Einzelheiten im Kopf, bevor ich mit dem Schreiben anfange, aber je umfangreicher der Entwurf ausfällt, je zahlreicher die einzelnen Arbeitsschritte gedanklich vorprogrammiert sind, desto leichter kann man alle Hürden bei der Niederschrift nehmen.
    Frage: Erstellen Sie ein richtiges Handlungsgerüst?
    Vinge: Normalerweise schon. Ich verfüge zumindest über die Hauptcharaktere, über die ich schreiben will, natürlich über den Hintergrund, und außerdem habe ich Charakterst u dienentwürfe vorliegen. Für gewöhnlich habe ich Anfang und Schluß der jeweiligen Geschichte im Kopf und, abhä n gig von der Länge, auch mehrere Schlüsselereignisse. Ich kenne einige Leute, die jeden einzelnen ihrer Arbeitsschritte exakt vorausplanen – bei einem solchen Gedanken schwirrt mir der Kopf. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie die das fertigbringen. Was ich zumeist habe, das ist ein klassisch zu nennender Skizzenentwurf, der mich über die jeweiligen Handlungen der Charaktere informiert. Ich muß beständig an den Roman denken, den ich gerade fertiggestellt habe. Ursprünglich hatte ich angenommen, er würde etwa zwe i hundert Seiten lang werden – es hat sich dann herausgestellt, daß es am Schluß sechshundert waren. Ich war davon au s gegangen, daß ich mir über alle wesentlichen Punkte der Geschichte vor ihrer Niederschrift im klaren sei, aber nac h dem ich mich nun einmal in die Geschichte hineingekniet hatte, kam immer mehr hinzu. Die Sache wuchs und wuchs und wurde dann auch viel besser als geplant. Geschichten wie auch Charaktere entwickeln ein Eigenleben. Ich bin darüber eigentlich recht froh, da ich mir bei meinen Ski z zenentwürfen Gedanken gemacht hatte, ob nicht ein zie m lich ausgearbeiteter Plan meine Kreativität im Akt des Schreibens beschneiden könnte, weil sich doch oft im Wachstumsprozeß einer Geschichte noch Dinge aus ihr selbst heraus entwickeln, an die man beim Entwurf nicht gedacht hatte. Ich hatte etwas Angst vor der Vorstellung, daß meine Spontaneität unter einer allzu straffen Planung leiden könnte. Aber ich habe herausgefunden, daß auch dann noch Überraschungen auftauchen, die mir das Schre i ben zum Vergnügen werden lassen, wenn ich einen relativ detaillierten Plan erstellt habe. Es ist so, als habe man ein Spalier errichtet, an dem sich dann die Geschichte wie eine Weinrebe emporrankt. Eine solche Konzeption ist ausg e sprochen nützlich. Sie ist flexibel genug, um das Endprodukt zu einer reichhaltigeren Entfaltung gelangen zu lassen, reichhaltiger, als man es sich ursprünglich vorgestellt hat. Ich kann sie also nur empfehlen und bin der Ansicht, daß sich Leute ganz unnötig Gedanken machen, die sich um die Einengung ihrer Kreativität sorgen, da so etwas einfach nicht eintritt.
    Frage: Ist es Ihnen jemals passiert, daß Sie in der Mitte einer Geschichte plötzlich bemerkt haben, daß sie vollko m men von Ihrem roten Faden abgewichen sind?
    Vinge: Zum Glück noch nie so richtig. Häufig ist jedoch die gedanklich vorgestellte Welt in ihrer vergleichsweise harten und kalten Prosaversion völlig abweichend von den ursprünglichen poetischen Vorstellungen, die man sich g e macht hatte. Es ist so, als betrachte man zunächst ein Bild auf völlig konventionelle Weise und dann durch ein Mikr o skop. Die Dinge, die man dann sieht, verändern auf drast i sche Weise den vorherigen Gesamteindruck. Aber für g e wöhnlich bleibt eine Geschichte für mich ziemlich nahe an dem, was ich mir ursprünglich unter ihr vorgestellt habe. Allerdings stellt meine Geschichte The Crystal Ship (Das Kristallschiff) in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar: Es zeigte sich, daß sie umfangreicher, viel länger und ausführl i cher ausfallen würde als ursprünglich geplant und daß der Charakter des fremden Lebewesens, das darin vorkommt, in den Mittelpunkt der Betrachtung rückte. Es entwickelte e i nen sehr ausgeprägten Charakter und dominierte die Han d lung sehr viel stärker, als ich vorher angenommen hatte. Auf diese Weise wurde die Geschichte länger und komplexer. Und sie bereitete mir die bisher größten Schwierigkeiten, da sie mir aus den erwähnten Gründen entschlüpfte und sich in eine ungeahnte Richtung entwickelte. Aber ansonsten stelle ich immer wieder fest, daß sich die besagte Rebe um besa g tes Spalier rankt. Meine ursprünglichen Voraussetzungen im Entwurf entwickeln sich wie geplant im Verlauf der Niede r schrift der Geschichte. Normalerweise bin ich recht zufri e den mit
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