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Schwingen der Lust

Schwingen der Lust

Titel: Schwingen der Lust
Autoren: Riccarda Blake
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drehte sie sich zu ihm herum. Die Brechstange ragte aus seiner Schulter, und sein Gesicht war durch den Schmerz, den er nun in die Nacht hinaus schrie, noch hässlicher, noch fratzenhafter.
    Er stellte keine Bedrohung mehr dar. Anders als der Schakal namens Hank. Der riss die Pistole nach oben, zielte auf den Fremden und drückte ab.
    Bevor Maggie überhaupt nachdenken konnte, hatte sie schon instinktiv gehandelt ... und sich vor die Feuer spuckende Mündung geworfen.
    Eine dumme Idee! schoss es ihr noch durch den Kopf. Da fühlte sie auch schon den gewaltigen Schlag gegen ihren Bauch und wurde von den Füßen und weit nach hinten gerissen. Eine saudumme Idee!
    Sie krachte auf dem Pflaster auf und verlor das Bewusstsein. Doch während alles um sie herum schwarz wurde, glaubte sie noch, einen wütenden Schrei zu hören, grollend ... mehr ein Brüllen - wie das eines angreifenden Löwen ... und merkwürdigerweise auch etwas, das klang wie das Schlagen gewaltiger Flügel ... in schneller, panischer Folge abgegebene Schüsse ... das Klicken einer leeren Waffe ... Knurren ... verzweifelte Schmerzensschreie.
    Und plötzlich ... nichts mehr.

 
3. KAPITEL
    Traumhaft
    Das Schlagen gewaltiger Flügel. Da war es wieder!
    Maggie hörte es durch die Schwärze hindurch, die sie umgab. Es fühlte sich an, als würde sie schweben. Nein, als würde sie auf starken Armen durch die Luft getragen werden. Sie wollte die Augen öffnen, aber es gelang ihr nicht. Ihr Bauch tat weh. Höllisch weh. Sie erinnerte sich wieder an die Szene in der verlassenen Seitenstraße. An ihren heldenhaften, wenn auch zweifelsfrei dummen Impuls, sich in die Bahn einer Kugel zu werfen. Starb sie gerade?
    „Hab keine Angst, Magdalena“, glaubte sie die tiefe und wohlklingende Stimme des Fremden durch den Nebel der Bewusstlosigkeit dringen zu hören. „Du wirst leben.“
    Dann wieder absolute Dunkelheit ... und Stille.
    Mit dem Gefühl, aus einem Meer von in warmem Öl getränkter Watte aufzutauchen, kam Maggie langsam wieder zu sich. Zumindest teilweise. Sie öffnete die sich tonnenschwer anfühlenden Lider ... und wusste sofort, dass sie entweder noch träumte oder auf dem Weg war ins Jenseits.
    Sie war nackt, lag wie eine federleichte Puppe in kräftigen Armen - und schaute direkt in das Antlitz eines riesigen, pechschwarzen Löwen. Gewaltige, onyxfarbene Widderhörner ragten aus seiner im Licht der Sterne glänzenden Mähne. Seine haselnussbraun-bernsteinfarbenen Augen musterten sie warm und fürsorglich; aber auch hungrig.
    Maggie wollte schreien; doch dazu war sie zu schwach.
    Das Raubtiergesicht über ihr verschwand. Stattdessen schaute nun der Fremde auf sie herab. Nur die Augen waren dieselben. Maggies Verwirrung wuchs, aber die Angst verflog. Sie sah am Gesicht des Fremden vorüber in den Sternenhimmel hinauf.
    Wo bin ich?
    Sie blickte sich um ... und ihr Herz blieb stehen vor Schreck. Sie schaute auf New York herab. Die ganze Stadt lag unter ihr. In einiger Entfernung sah sie das Chrysler Building. In der anderen Richtung konnte sie die Freiheitsstatue auf Liberty Island in der Upper Hudson Bay erkennen. Jetzt wusste sie, wo sie war: Sie lag auf der Spitze des Empire State Buildings.
    Das muss ein Traum sein.
    „Rabasu sedu“, sagte der Fremde in einer merkwürdig altertümlich klingenden Sprache und schaute sie eindringlich an. „Du musst jetzt schlafen, Magdalena.“
    Sie fühlte, dass ihre Lider wieder schwerer wurden und schaute an sich herab. Die Wunde in ihrem Bauch war hässlich und voller Blut. Jetzt, da sie sie sah, fühlte sie auch wieder den Schmerz.
    „Schlaf“, sagte der Fremde noch einmal und beugte sich mit dem Gesicht über die Wunde.
    Maggie hätte schwören können, für einen kurzen Augenblick so etwas wie riesige, schwarze Flügel auf seinem Rücken gesehen zu haben. Doch dann war da plötzlich nichts mehr als die Sterne.
    „Mi dug, kunnû.“ Schon wieder diese alte Sprache. „Ich werde dich heilen.“
    Sie spürte einen warmen Lufthauch auf ihrem Bauch, und als sie, immer matter werdend, wieder hinunterschaute, sah sie, wie der Fremde ihre Wunde küsste.
    Nicht , wollte sie sagen, doch ihre Müdigkeit und ihre ausgetrocknete Kehle ließen nicht zu, dass sie sprach. Wie durch einen immer dichter werdenden Schleier hindurch sah sie, wie das Blut verschwand - so als würde es sich in Luft auflösen. Die Berührung seiner Lippen vertrieb den Schmerz. Da, wo er sie küsste, glühte ein goldenes Licht.
    Schlaf, hörte sie
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