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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Ekman
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meine Frage«, sagt sie. »Wie kannst du im Besitz eines Manuskripts sein, das an einen anderen Verlag ging?«
    Wieder breitet sich Stille aus, sehr lange.
    »Wir haben Kontakte«, sagt er schließlich. »Wir – ich meine, nicht wir , sondern der Konzern besitzt Verlage, die, wie du vielleicht gar nicht weißt, den Besitzer gewechselt haben. Du hast es an Rabben und Sjabben geschickt. Und dort hat jemand – der Name tut nichts zur Sache – mal bei uns gearbeitet und möchte wieder hierher. Also hat er angerufen.«
    Schweigen. Er zieht mit dem Mittelfinger das Halsbündchen seines T-Shirts herunter und kratzt sich. Er ist tatsächlich fast bis zum Hals schwarz behaart. Ein Schuljunge, denkt sie. Ein Schuljunge mit rauer Stimme und schwarzen Haaren auf Brust und Fingergliedern.
    »Und du hast es abgekauft?«
    »So könnte man es ausdrücken, ja. Du wirst folglich eine Ablehnung bekommen, du verstehst. Also an dieses Pseudonym und an die Adresse, die du angegeben hast. Einen Brief des Inhalts, dass das Buch nicht zum Verlagsprofil passt, du aber hoffentlich nichts dagegen hast, dass er es an uns weitergeschickt hat.«
    »War’s teuer?«, fragt sie und ist jetzt wirklich interessiert.
    »Jaa – schon, in der Tat. Aber ich finde, das ist es wert.«
    »Das Manuskript?«
    »Nein, nein. Das ist nichts, was du veröffentlichen solltest. Ich möchte dir nur helfen.«
    »Wobei?«
    Darauf kann er offensichtlich nicht antworten. Er trommelt jetzt auf dem leidigen Papierstapel herum. Der paperasse . Dieses Wort hat sie in ihrem langen Schriftstellerinnenleben so oft gehört, dass sie es irgendwann im Larousse nachgeschlagen hat: papier sans valeur . Doch das kann er nicht wissen.
    »Lass es mich lesen«, sagt sie. »Ich werde allmählich wirklich neugierig.«
    Als sie sich das Manuskript nehmen will, legt er beide Hände darauf und sagt, das sei Dynamit und sie dürfe es unter gar keinen Umständen mitnehmen. Er scheint jetzt fast zu glauben, dass sie nicht weiß, was drinsteht. Glauben oder nicht glauben. Er bewegt sich vielleicht genau dazwischen, jedenfalls ist er sehr verlegen.
    »Ich will es lesen«, beharrt sie.
    »Unten im Autorenraum, da kannst du es lesen. Dieses Manuskript darf das Haus nicht verlassen.«
    Er trägt den Manuskriptpacken auf dem Weg nach unten. Lillemor tun die Knie weh. Treppab spürt sie die Arthrose. Als sie beim ersten Mal die andere Treppe hinaufgestiegen ist, die sie in das Zimmer des Buchverlegers geführt hat, trug sie Stöckelschuhe. Das geht jetzt nicht mehr. Sie erinnert sich auch, dass ihr das helle Haar wie ein Heiligenschein um den Kopf stand und sich nicht mal mit Pilsner und Lockenwicklern bändigen ließ. Damals gab es wohl noch keinen Haarbalsam, denkt sie, und dann ist sie verlegen, weil er wieder etwas gesagt und sie es nicht gehört hat. Sie muss nachfragen und ihn bitten, stehen zu bleiben und sich zu ihr umzudrehen. Anders versteht sie ihn nicht.
    »Ich habe gesagt, du kannst dieses Buch nicht allen Ernstes veröffentlichen wollen. Es käme dann nächstes Jahr heraus. Wenn du achtzig wirst. Das kannst du nicht wollen. Außerdem wäre es einer Lillemor Troj nicht würdig, unter Pseudonym zu veröffentlichen.«
    Er scheint doch davon auszugehen, dass sie dieses Manuskript verfasst hat.
    »Ist es denn so schlecht?«
    »Absolut nicht! Aber es ist so – wie soll ich sagen –, es ist so ganz anders als das, was du sonst schreibst.«
    Als sie endlich den Treppenabsatz erreicht haben und die nächste Treppe zum Erdgeschoss hinuntergehen wollen, sagt er: »Das ist ja der reinste Unterhaltungsroman.«
    Da steigt sie erneut in den Brunnen der Zeit hinab, und ebenso deutlich wie das Wort paperasse vernimmt sie die Worte: Was ist eigentlich verkehrt an Unterhaltung?
    In dem kleinen Autorenraum angelangt, an dessen Wänden Porträts von Nobelpreisträgern und anderen großen Schriftstellern – alles Männer – hängen, legt er den Papierstapel auf den Schreibtisch und sagt: »Meiner Meinung nach solltest du das noch mal durchsehen. Bestimmt kommst du dann zu einer anderen Entscheidung. Ich bin überzeugt davon, Lillemor. Möchtest du ein Tässchen Kaffee?«
    »Ja bitte, gern.«
    Wie gut, dass er geht. Er macht sie nervös. Hier, wo sie so oft gesessen und ihre Bücher signiert und mit Widmungen versehen hat, fühlt sie sich zu Hause. Kaum ist er gegangen, nimmt sie den Stapel und beginnt auf der ersten Seite zu lesen.

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