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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz
Autoren: Ulrich Ritzel
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ist. Und weil Berndorf einen zweiten Tatbeteiligten
haben wollte, hat der Glatzkopf ihm einen seiner Kumpel genannt. Angeblich sei das auch der Anstifter gewesen.«
    »Sehr merkwürdige Ermittlungsmethoden«, sagte Dompfaff, um sich wieder ins Gespräch zu bringen.
    »Das können Sie ruhig auch in Ihrer Zeitung schreiben lassen«, meinte Kugler.« Wobei merkwürdig noch ein schwacher Ausdruck ist. Berndorf ist ein Überzeugungstäter. Einer, der von seinen vorgefassten Meinungen nicht mehr abzubringen ist.«
    »Du zündest doch nicht einfach ein Haus an«, sagte Welf. »Da bleiben doch Spuren, du hast Rauch und Ruß an den Händen und im Haar.«
    »Was heißt Haare? Ich denke, Sie reden von einem Glatzkopf«, warf Dompfaff ein.
    »Schon recht«, sagte Kugler. »Die Spuren sind wirklich wichtig. Nun ist mein Mandant ein reinlicher Mensch und hatte sich zufällig frisch geduscht, bevor die Polizei zu ihm kam. Außerdem hat er ja angeblich nicht selbst gezündelt. Sondern nur die Gesamtleitung innegehabt, sozusagen. Der andere allerdings muss wohl ziemlich eingesaut gewesen sein, voller Rauch und Ruß. Und in der Abfalltonne war eine angesengte Jacke.«
    »Na also«, sagte Dompfaff. »Eine verfolgte Unschuld sieht anders aus.«
    »Sachte«, antwortete Kugler. »Der junge Mann wohnt mit einer Frau in einem Austragshaus auf der Alb. Wissen Sie, wie solche Häuser geheizt werden? Dieses hat fast neuzeitlichen Komfort. Es verfügt über Ölöfen. Mein Großvater hatte so einen. Wenn er ihn anheizen wollte, warf er einen Zünder hinein. Einen und nochmals einen . . .«
    »Jaja, als Großvaters Bart noch rot war«, warf Welf ein. »Und irgendwann hat es einen Schlag getan und der Opa hat ausgesehen wie der Kaminfeger.«
    »Genau«, sagte Kugler. »Der junge Mann hat sich ausnahmsweise mal nützlich machen und den Badeofen in Gang setzen wollen. Sein Mädchen wird es bestätigen.«

    Zum Dessert gab es einen Obstsalat, den Dompfaff aber zurückgehen ließ. Er müsse in die Redaktion, sagte er, weil er einen Anruf von Innenstaatssekretär Schlauff erwarte. »Der fragliche Klingelbeutel ist leider nicht so diskret gehandhabt worden, wie Freund Kaufferle das anzunehmen scheint«, sagte er noch und ging. Das Gesicht des Bankers blieb unbewegt. Dompfaffs Weggang löste einen allgemeinen Aufbruch aus. Auch Kugler musste ins Justizgebäude zurück, denn die Verhandlung wurde am Nachmittag fortgesetzt. An der Garderobe hielt ihn der Gynäkologe Freyberg auf und machte Anstalten, ihm über die jüngste Verbesserung des Freyberg’schen Golf-Handicaps zu berichten. Einlochen müsstest du inzwischen nun wirklich können, dachte Kugler und kam mit Mühe los. Als er auf die Straße trat, sah er Welf und Kaufferle vor sich, der Banker in altmodischem Dunkelblau, untersetzt und plump, der Architekt im hellen Übergangsmantel, schlank und gut einen Kopf größer. Trautes Gespräch? Kaum, dachte Kugler. Jörg Welf ging es nicht besonders gut. Der ganzen Baubranche nicht. Er wandte sich nach rechts.
     
    »Wir sollten uns noch über das Projekt Ostbahnhof unterhalten«, sagte Kaufferle.
    »Sind Sie sicher, dass das hier der richtige Platz dafür ist?«, fragte Welf zurück. »Im Übrigen sehe ich keinen Klärungsbedarf. Die Planungen sind abgeschlossen, wir werden beginnen können, sobald die letzten Mieter ausgezogen sind.«
    »Sie sind es aber nicht«, bemerkte Kaufferle. »Außerdem heißt es in der Stadt, in Ihre Häuser würde es hineinregnen. Morgen sind Sie deshalb doch beim Landgericht?«
    »Die Schäden sind bereits behoben«, antwortete Welf. »Das andere sind Peanuts – so heißt das doch in Ihrer Sprache?«
    Kaufferle runzelte die Stirn. »Auch für Peanuts braucht man einen großen Beutel. Gerade für Peanuts.«
    »Wo ist das Problem?«, fragte Welf.
    »Sehen Sie«, sagte Kaufferle, »das Baugeschäft Haun war
früher ein kleiner, seriöser Handwerksbetrieb. Ihr Herr Schwiegervater hat mal da ein Einfamilienhaus gebaut und mal dort eines. Und wenn man eine Garage aufgemauert haben wollte, ging man zum Haun. Tempi passati. Sie hingegen machen große Architektur. Bauhaus-Stil in Ulm-Söflingen. Villenanlage am bayerischen Donau-Ufer. Neue Akzente im Städtebau. Heute Nachmittag sind Sie im Rathaus wegen der neuen Sporthalle. Das ist ein mächtig großes Rad, das Sie drehen. . .«
    Kaufferle blieb stehen. »Es sollte nirgends hineinregnen, Welf. Nicht, wenn man eine Großsporthalle bauen will.«
    Welf sah ihn starr an. »Ich weiß
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