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Schweinehunde / Roman

Schweinehunde / Roman

Titel: Schweinehunde / Roman
Autoren: Lotte & Søren HAMMER
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ins Zimmer kam, hatte Schuhe und Strümpfe ausgezogen, so dass er sie nicht hörte und entsprechend erschrak, als sie ihn ansprach. Außerdem war er es gewohnt, allein zu sein.
    »Puh, Papa, du könntest wenigstens ein bisschen lüften.«
    Die heftige Äußerung bezog sich auf den Qualm der Zigaretten, der schwer im Raum hing. Sie riss die Terrassentür auf, und eine steife Meeresbrise wehte ins Zimmer und spielte wild mit ihren blonden Locken, bis sie das Gefühl hatte, dass der schlimmste Gestank verflogen war, und sie die Tür wieder schloss. Danach ließ sie sich ihm gegenüber auf den Sessel fallen, ohne sich darum zu kümmern, dass dabei die Zeitung, die aus dem Bund ihrer Jogginghose ragte, vollkommen zerknitterte.
    Er sagte: »Guten Morgen, bist du bis nach Blokhus gelaufen? Das ist ganz schön weit!«
    »Na ja, Morgen, es ist bald Mittag, du Langschläfer. Ja, ich war bis Blokhus, aber so weit ist das auch wieder nicht.«
    Er zeigte neugierig auf die Zeitung.
    »Ist die für mich?«
    Sie antwortete ihm in einem ironischen Tonfall, klang aber dennoch freundlich: »Und danke, liebe Tochter, dass du Kaffee gekocht hast.«
    »Und danke, liebe Anna Mia, dass du Kaffee für mich gekocht hast.«
    Sie zog die Zeitung aus dem Hosenbund, erblickte dann aber den Aschenbecher, und ihr harter Blick verriet ihm, was jetzt kommen würde. Mit anklagender Miene deutete sie auf die Kippen, und plötzlich war auch ihr Bornholmer Dialekt wieder da.
    »Vier Zigaretten vor dem Frühstück?«
    »Also, ich habe schließlich Ferien, da ist doch alles ein bisschen anders als normal.«
    Diese Lüge hätte er sich sparen können.
    »Du rauchst viel zu viel, du trinkst zu viel, du isst ungesund, und dich übergewichtig zu nennen ist bald nur noch eine höfliche Untertreibung.«
    Halbherzig versuchte er, sich zu verteidigen:
    »Auf der Arbeit rauche ich fast gar nicht mehr und abends nur ganz wenig, dann darf ich in den Ferien die Zügel doch wohl ein bisschen schleifen lassen.«
    »Tja, sieht man mal davon ab, dass du lügst, klingt das beinahe vernünftig.«
    Er wusste nicht, was er sagen sollte, und blickte auf die Zeitung, die ihm plötzlich unerreichbar erschien. Der Ernst in ihrer Stimme nahm noch zu:
    »Du weißt ganz genau, dass du mir fünfzehn Jahre schuldest, Papa?«
    Die Zahl brannte ihm auf der Seele, und das wohlbekannte Gefühl, ein schlechter Vater zu sein, meldete sich sofort wieder. Es hatte sich jetzt drei Jahre still verhalten. Seit diesem friedlichen Maiabend, an dem sie plötzlich auf seiner Türschwelle gestanden und ihm erklärt hatte, dass sie eine Woche in Kopenhagen und es doch am praktischsten sei, wenn sie bei ihm wohne. Außerdem könne sie so Geld sparen. Aus ihrem Munde hatte das damals wie das Natürlichste der Welt geklungen. Und dann war sie in seine Wohnung marschiert und in sein Leben – ein unbekanntes, sechzehnjähriges Mädchen, süß, temperamentvoll und höchst lebendig … seine Tochter.
    Er hatte kaum eine andere Wahl, als den Rückzug anzutreten und auf Gnade zu hoffen, aber die Worte wollten einfach nicht über seine Lippen. Er hatte keine Lust, sich zu entschuldigen, das kam ihm dumm vor, und ihr Buße und Besserung zu geloben und ein gesünderes Leben in Aussicht zu stellen war leichter gesagt als getan. Außerdem war er von Natur aus zurückhaltend, wenn es darum ging, andere in seine Gefühle einzuweihen. Er versuchte sich an ein paar halbherzigen Versprechen, bis sie plötzlich den Ernst über Bord warf und das Thema wechselte.
    »Lass uns ein anderes Mal darauf zurückkommen, Papa. Sag mir lieber, ob du dich inzwischen an das Ambiente hier gewöhnt hast? Das ist doch wirklich ein mondänes Ferienhaus, das Nathalie hier hochgezogen hat.«
    Auch dieses Thema war brandheiß, wenngleich nicht so persönlich, und wüsste er es nicht besser, hätte er sie verdächtigt, es absichtlich jetzt anzusprechen, da er in der Defensive war. Aber so war sie nicht. Nur er sah in jedem Gespräch ein strategisches Spiel mit Siegern und Verlierern – eine schlechte Angewohnheit, die er etwas zu leicht als Berufskrankheit abtat, als eine Folge zu vieler Verhöre. Er versuchte, sich nicht provozieren zu lassen.
    »Ja, es ist schön hier.«
    »Und warum bist du dann vorgestern, als wir hierher gekommen sind, so ausgerastet?«
    »Weil die Comtesse meine Untergebene ist, das Ganze hat mich einfach umgehauen.«
    »Aber du wusstest doch, dass es ihres ist?«
    »Ja, mein liebes Mädchen, das war mir klar, aber
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