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Schwarzes Verlangen

Schwarzes Verlangen

Titel: Schwarzes Verlangen
Autoren: Gena Showalter
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wieder genau so enden würde, wie er sie kennengelernt hatte – erfüllt von einer brennenden Todessehnsucht?
    Ich kann nicht zulassen, dass er das tut.
    Aber … wenn sie sich nach einer Sache noch mehr sehnte als danach, ihn an ihrer Seite zu haben, dann danach, ihn glücklich zu sehen. Zu wissen, dass er das Leben lebte, von dem er immer geträumt hatte.
    Beides konnte sie nicht haben. Nicht, solange der Dämon in ihm war. Denn der einzige Weg, ihn samt dem Dämon hierzubehalten, wäre, ihm Schuldgefühle einzureden, und das würde sie ihm nicht antun. Sie würde ihn nicht mit ihren Emotionen fesseln, wie es die Lakaien einst mit ihren Ketten getan hatten.
    Sie musste ihn gehen lassen, nicht wahr?
    Ihr Herz begann zu rasen. Nein. Ich muss ihn nicht gehen lassen, erkannte sie. Nicht, wenn ich ihn retten und endlich befreien kann, wenn ich Leben gegen Leben eintausche.
    Ihr Leben gegen das seine.
    Fast ihr ganzes Leben lang war sie täglich für die Vergehen anderer bestraft worden. In den vergangenen Wochen hatte sie alles in ihrer Macht Stehende getan, um zu vermeiden, dass das je wieder geschah. Sie hatte Pläne geschmiedet und gekämpft und gesiegt. Doch jetzt hatte sie eine Chance, Kanes Leid ein für alle Mal ein Ende zu setzen.
    Wenn sie den Dämon in sich aufnahm … Wenn sie zu dem Treffen mit demGesandten ging …
    Dann könnte sie den Todesstoß empfangen und Kane retten.
    Sie würde sterben. Einst war ein Teil von ihr fest entschlossen gewesen, das zu erreichen. Doch jetzt? Alles in ihr lehnte sich dagegen auf. Aber für Kane würde sie es tun. Sie würde das leisten, wofür Blutsklaven gedacht waren, und bereitwillig die Strafe eines anderen auf sich nehmen.
    Er verdiente eine Chance, der Mann zu sein, von dem er immer geträumt hatte. Er wäre besser in der Lage, dieses Volk zu regieren, als sie es je könnte. Und er würde es tun. Er würde nicht vor der Pflicht zurückschrecken, nur weil sie nicht mehr da war. Dazu war er zu ehrenhaft.
    Ich muss jetzt handeln. Was hatte ihre Mutter immer gesagt? Ein Pferd musste erst gesattelt werden, bevor man es reiten konnte.
    Sie wusste, dass ihr nur noch wenige Stunden blieben, bis der Morgen graute und der Gesandte ihn im Garten erwarten würde. Leise glitt sie aus dem Bett und zog sich an. Dann machte sie sich auf in den Kerker, durch den Geheimgang, den ihr Vater immer so gern gehabt hatte. Am Eingang standen zwei Soldaten Wache. Als sie Josephina erblickten, nickten sie ihr zu und zogen ihre gekreuzten Schwerter beiseite, um ihr den Weg freizumachen. Eilig ging sie an ihnen vorbei.
    Schon vor Wochen hatte sie sich mit den Fällen der Männer und Frauen befasst, die ihr Vater hier unten gefangen gehalten hatte, und herausgefunden, dass die meisten nichts Schlimmeres getan hatten, als ihn zu verärgern … oder etwas zu besitzen, das er haben wollte. Deshalb hatte sie die „Übeltäter“ freigelassen und ihnen säckeweise Gold aus den königlichen Schatzkammern gegeben. Mit Geld waren weder die erduldeten Schmerzen noch die verlorenen Jahre wiedergutzumachen, aber es war zumindest ein Anfang.
    Statt die verbleibenden Gefangenen im Eingangsbereich festzuketten, die Arme über dem Kopf gefesselt, sodass jeder kommen und sie begaffen konnte, hatte sie alle einzeln in Käfige gesperrt. Und sie hatte dafür gesorgt, dass sie zu weit voneinander entfernt waren, um miteinander zu sprechen und Fluchtpläne zu schmieden.
    Der erste Käfig war der ihres Vaters.
    Nachdenklich blickte sie durch die Gitterstäbe. Er tigerte am anderen Ende auf und ab und ereiferte sich murmelnd über die Ungerechtigkeit seiner Situation. Seine Kleider waren verdreckt und zerrissen und sein Haar zerrauft.
    Als er sie entdeckte, erstarrte er. „Du“, stieß er zischend hervor. „Lass mich raus. Sofort.“
    „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Du hast dir deinen Platz hier unten verdient. Ich versuche noch immer, das Chaos zu beseitigen, das du einem ganzen Volk beschert hast.“
    „Einem Volk, das mir gehört. Ich kann mit denen machen, was immer ich will.“
    „Nicht mehr.“
    Er verengte die Augen, bis nur noch Schlitze zu sehen waren. „Bist du in der Hoffnung nach hier unten gekommen, du könntest dir meine Liebe erkaufen? Um mich mit dem zu verhöhnen, was ich verloren habe, und zu versprechen, du würdest es mir zurückgeben, wenn ich dich nur anerkenne?“
    Humorlos lachte sie auf und erntete ein verwirrtes Blinzeln. „Dafür ist es längst zu spät. Und nein, ich bin
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