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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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Anstoß zur Februarrevolution
gegeben haben. Es ist 69 Jahre und 19 Tage her, dass sich an der Osloer Börse
der Frieden nach dem Ersten Weltkrieg bemerkbar machte. Der Spekulationsboom
endete, und die norwegischen Schifffahrtsaktien fielen beträchtlich. Es ist 58
Jahre, 11 Monate und 25 Tage her, dass am berühmten Schwarzen Freitag an der
Wall Street eine Panik ausbrach – die den Anfangspunkt für die in der
westlichen Wirtschaft als Große Depression bekannte Periode bildete. Es ist 5
Jahre, 9 Monate und 9 Tage her, dass der norwegische Börsenindex auf 100
festgelegt wurde.
    An diesem Tag rief Per Ole den Makler Kato Welhaven von
Kapitalinvest an. Es war besetzt, es war ununterbrochen besetzt, immer wieder.
Aber er gab nicht auf. Schließlich kam er durch.
    Kato Welhaven war so gestresst, dass Per Ole seinen Schweiß
förmlich spritzen hörte. »Hier ist die Hölle los, Per Ole, alle verkaufen,
die Kurse fallen wie Steine.«
    »Tatsächlich, wie sieht es mit dem Kurs von Snorre
aus?«
    »Snorre? Du hättest ebenso gut nach Pest und Cholera fragen
können. Der Kurs ist runter auf fünfzehn Øre.«
    »Ich kaufe.«
    »Mensch, wenn da nicht einer gegen den Strom schwimmen will.
Wie viel willst du kaufen?«
    »Die ganze Firma. Ich kaufe Snorre. Aber wir warten bis
morgen.«
    »Bis morgen?«
    »Ich glaube, der wirkliche Fall kommt morgen.«
    Per Ole behielt recht. Der Index der Osloer Börse fiel um
weitere neunzehn Prozent. Snorres Kurs war auf elf Øre pro Aktie gesunken, als
er die gesamte Firma aufkaufte.
    Als Per Ole an diesem Tag nach Hause kam, war er gut gelaunt.
Renate, die gemütlich auf ihrem Corbusier-Liegestuhl lag und Kaugummi kaute,
während sie sich mit einem Roman vergnügte, blickte auf.
    »Was ist mit dir? Du wirkst so fröhlich.«
    »Wir haben einen Crash.«
    »Das habe ich mitbekommen. Sogar bei uns in der
Kulturredaktion war der Teufel los. Ich verstehe nicht, wie du deswegen so
fröhlich sein kannst.«
    Per Ole, der ein Kilo Möhren in den Entsafter gedrückt
hatte, ließ ein kleines Glas Karottensaft herauslaufen, ehe er lächelnd
gestand: »Darauf habe ich seit vielen Jahren gewartet.«

40
    Aftenposten, 23. Januar 1988
    The Trend is your Friend
    Seminar in Kursvorhersage in Lysebu
Dozent:
Per Ole
Lindeman
    Aufgrund seiner Kenntnisse im Bereich der Trendentwicklung an
den internationalen Börsen konnte Lindeman den Oktober-Crash bereits vor
einigen Jahren voraussehen. Führungskräfte von Wirtschaftsunternehmen sowie
Investoren sind eingeladen, bei diesem Seminar unter dem Motto »The Trend is
your Friend« zu lernen, wie man Kursentwicklung effektiv als Werkzeug
einsetzen kann.
Teilnahmegebühr:
NOK 10 000
Reservierungen
unter:
Difa Securities Booking
Tel.:
(02) 22 22 02
    Per Ole war ziemlich überrascht, als er entdeckte, dass
einer der Kursteilnehmer sein Vater war. Dennoch war er weder eingeschüchtert
noch verunsichert. Er wuchs. Und das Wachstum, das er im Rückenmark
verspürte, ließ ihn noch härter zupacken. Per Ole strahlte in diesen Tagen
eine besondere Autorität aus. Er genoss den Respekt der Makler. Er war das
Wunderkind der norwegischen Finanzwelt. Er war der Mann, der im stillen
Kämmerlein gesessen und geweissagt hatte, was passieren würde. Er war
begehrt, umschwärmt wie eine Bienenkönigin im Stock. Er setzte den Preis für
seine Seminare hoch auf zehntausend Kronen, das entsprach dem monatlichen
Einstiegsgehalt eines Lehrers. Dennoch waren die Kurse ausgebucht. Die
Wartelisten waren lang. Die Teilnehmer hörten ihn über einen Stoff sprechen,
den er bis in die Fingerspitzen beherrschte. Ihn umgab eine Aura von Kompetenz
und Selbstvertrauen. Auch privat war Per Ole glücklich. Renate und er planten
zusammenzuziehen. Sie hatte eine Vertretungsstelle in der Nachrichtensendung
Dagsrevyen
bekommen. Man erkannte sie auf der Straße. Wenn sie in
einen Laden ging, schauten die Leute sie an, sie grüßten sie, ohne
nachzudenken, oder hielten sich kichernd die Hand vor den Mund, wenn sie
merkten, dass sie eben die Frau angesprochen hatten, die auf dem Fernsehschirm
in ihrer guten Stube die Nachrichten aus aller Welt vorlas. Renate und Per Ole
waren auch schon von einem Paparazzo der Zeitschrift
Se og Hør
fotografiert worden. Die Bilder waren noch nicht veröffentlicht worden, aber
sicher bald - Per Ole war sich dessen so sicher, dass er das Blatt jeden
Dienstag kaufte.
    Doch das Gesicht seines Vaters in den Reihen gebügelter
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