Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz
Autoren: Tanith Lee
Vom Netzwerk:
Mit dem Auto komme ich da nicht rauf. Keine Straße. Sie werden zu Fuß gehen müssen.«
    Er öffnete den Kofferraum und hob die zwei schweren Koffer heraus, die sie den ganzen Tag schon mit sich herumgeschleppt hatte und die ihr bereits die letzten Kräfte geraubt hatten.
    » Kommen Sie zurecht?«, fragte er, was keinesfalls hilfsbereit, sondern abweisend klang.
    » Was bin ich Ihnen schuldig?«, fragte Rachaela.
    » Ist schon erledigt. Haben bei uns ein Konto, die Simons. Weiß gar nicht, wozu, bis jetzt haben sie anscheinend nie ein Auto gebraucht. Passen Sie auf, wo Sie hintreten.«
    Hinter dem Wegweiser führte eine Art Pfad den Berg hinauf. Wurzeln überzogen ihn wie Adern, und Tannennadeln bildeten einen weichen Teppich. Im Sommer würde das Gestrüpp wahrscheinlich noch dichter sein und den Pfad völlig unsichtbar werden lassen.
    Rachaela ging vom Auto weg, der Dunkelheit entgegen. Sie hörte den Motor aufheulen, und den Schotter prasseln, als das Auto auf dem schlechten Weg wendete. Sie blickte sich nicht um.
    Die Koffer waren schwer wie Blei, doch sie enthielten alles, was ihr wichtig erschienen war. Sie hievte sie den Berg hinauf. Sie war müde, und die nervöse Furcht war fast völlig ihrer Erschöpfung gewichen. Existierte das Haus vielleicht gar nicht, so wie in den meisten ihrer Tagträume?
    Sie verließ den Tannenwald. Zedern und massige Eichen mit bemoosten, phosphoreszierenden Stämmen ragten, riesigen Säulen gleich, aus dem Erdreich empor, ein Flechtwerk von dämmrigem Licht als Kontrast zur Dunkelheit. An solch einem Ort könnte alles Mögliche zwischen den Bäumen auf sie lauern.
    Der Pfad führte aus dem Wald heraus. Sie war hoch oben und hörte immer noch das Rauschen der See. Es herrschte Zwielicht, die Sonne war bereits landeinwärts gewandert. Der Himmel schloss allmählich seine Tore. Sie sah zwei Sterne und weit hinter dem offenen Land vor ihr ein Gebäude.
    Da war ein Turm mit kegelförmigem Dach. Zinnen und schräge Mauern. Die letzten Lichtstrahlen verliehen den Reihen der schmalen Fenster einen seltsamen Glanz. Es war ein großes Haus, und in der Dämmerung verwandelte es sich in eine steinerne Pflanze.
    In ihrem Schatten erstreckte sich das weite Land. Tief unten warf sich die See mit aller Macht gegen die Felsen, und das Kreischen der Möwen durchbrach die Stille. Hier sollte sie ihnen gegenübertreten? Wem eigentlich? Benommen von der Anspannung stellte sie die zwei Bleiklumpen zu Boden.
    Sie würde die konturlose Entfernung zwischen sich und dem Haus zurücklegen müssen. Sie musste eine Türglocke läuten oder irgendeinen primitiven Klopfer betätigen, und einer von ihnen würde erscheinen. Sie würde eintreten und dann beginnen zu verstehen.
    Es war kalt hier im Hochland. Jetzt konnte sie schon sieben oder acht silbrig schimmernde Sterne am Himmel ausmachen, dünn und hart schien ihr eisiges Licht.
    Sie nahm die Koffer auf, und in ihre Schultern bohrte sich ein brennender Schmerz. Sie ging auf das Haus zu, stolperte beinahe über verstreut liegende Steine und stoppeliges Wintergras.
    Das Haus kam immer näher, es schien in der bläulichen Abenddämmerung zu schweben.
    Sie erreichte eine von zwei Pfosten unterbrochene Außenmauer. Kein Tor. Der Weg war weit offen, jedoch nicht unbedingt einladend. Über den Kronen der großen Gartenbäume wurde ein Fenster im Haus erleuchtet.
    Rachaela starrte hinauf. Das Licht war gedämpft, doch das Fenster wurde in seinem zarten Schimmer zu einer Blume aus buntem Glas – flüssiges Karminrot, intensives Purpur, zartes Grün. Was sollte dieses Feuer bedeuten? Sollte es überhaupt etwas bedeuten? Nichts?
    Es wirkte nicht wie ein Willkommensgruß, eher wie eine Abschreckung. Der Pfad verlief schnurgerade von der Mauer zum Haus. Zu beiden Seiten von wuchtigen, uralten Eiben flankiert; Friedhofsbäume, zwischen denen die Dunkelheit lauerte und raschelte.
    Auch das Haus war bis auf das eine Fenster ausdruckslos und schwarz. Eine Veranda kam in Sicht. Pechschwarzes Ebenholz, kunstvoll geschnitzt, fünf schmale, zart gemusterte Stufen, die sie schließlich erklomm. Kein Licht hinter der Tür. Ein solider Holzrahmen. Keine Klingel.
    Rachaela suchte nach einem Klopfer oder einem ähnlichen Instrument, das ihr Einlass verschaffen konnte. Die Tür war jedoch nur angelehnt. Sie stand offen für diese leere Welt, die Nacht und die Bäume. Rachaela stellte ihre Koffer ein weiteres Mal ab und gab der Tür einen zögernden Stoß; sie gab nach.
    Schwärze und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher