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Schwarzer Kuss Der Nacht

Titel: Schwarzer Kuss Der Nacht
Autoren: Robin T. Popp
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Blut. Nirgends!
    Vorsichtig tastete sie ihre Nase ab. Ja, sie war ein bisschen empfindlich, aber nicht gebrochen. Außerdem hatte sie nureinen einzigen kleinen Bluterguss im Gesicht. Ihr Auge war überhaupt nicht geschwollen, und sie sah vollkommen klar.
    Was war das? Wie konnte sie so übel zusammengeschlagen worden sein und trotzdem aussehen, als wäre nichts passiert? Sie hatte geblutet wie ein …
    Eilig lief sie ins Schlaf-/Arbeitszimmer und sah auf den Teppich. Er war genauso makellos sauber wie am Morgen.
    Während sie sich umblickte, wurde ihr zunehmend mulmiger. Ihre Telefonschnur war nicht mehr durchtrennt. Und noch bevor sie das Licht anknipste, ahnte sie, was geschehen würde. Es überraschte sie nicht, nein, es machte ihr entsetzliche Angst.
    Nirgends erkannte sie auch nur das leiseste Anzeichen dafür, dass jemand gewaltsam eingedrungen war, nichts an ihrer Wohnung war anders. Beinahe schien es, als hätte sie sich den Überfall bloß eingebildet.
    »Ich halluziniere
nicht!
«, sagte sie laut vor sich hin – in der Hoffnung, dass es sie überzeugen würde.
    Das tat es nicht. Vor allem beruhigte es sie nicht, zu wissen, dass keine ihrer vorherigen Halluzinationen so furchtbar gewesen war.
    Sie presste ihre Hand auf den Mund, um den Schrei zu ersticken, der ihr entfuhr. Was ihr widerfahren war, war real gewesen. Das hatte sie sich nicht eingebildet. Auf keinen Fall!
    Was hatte ihr Therapeut gesagt? Dass posttraumatische Stresssyndrome sich nicht heilen ließen und Mai für den Rest ihres Lebens an Halluzinationen leiden könnte. Sie wollte ihm nicht glauben, und gerade das Leugnen hatte in jüngster Zeit recht gut gewirkt.
    Anscheinend meldete ihr Problem sich nun mit verschärfter Intensität zurück.
    Mai strich sich nachdenklich durchs Haar. Was würdeder arme Dr. Barbour ihr in solch einem Moment sagen?
Den Schlüssel zu Ihren Halluzinationen finden Sie in sich selbst. Ihre Angst ist es, die Sie angegriffen hat. Sie schlägt auf Sie ein, bis Sie glauben, Sie könnten nicht mehr. Aber Sie besitzen eine innere Kraft, die darum kämpft, Sie vor Ihrer Angst zu retten, und die Sie auch vor sich selbst rettet.
    Bei diesem Quatsch war es eigentlich kein Wunder, dass jemand genug gehabt hatte und den guten Doktor umnietete.
    Mai schalt sich im Geiste für ihre respektlosen Gedanken und ging die Wohnungstür verriegeln. Danach kehrte sie wieder ins Bad zurück. Alles machte sie sehr schwerfällig, allerdings dürfte ihre Müdigkeit eher von ihrer Sorge rühren als von richtiger Erschöpfung. Sie drehte das Wasser auf und zog sich aus, während sie wartete, dass es heiß wurde.
    In der Dusche ließ sie den Strahl auf sich niederprasseln, bis die Wärme allmählich ihr ängstliches Frösteln und mit ihm ihre Selbstzweifel vertrieb. Nach einer halben Ewigkeit ließen die fruchtlosen Grübeleien nach. Zeit, um auszugehen.
    Mai stellte das Wasser ab, ließ den Duschvorhang aber zu, um die Wärme drinnen zu halten, und angelte sich ein Handtuch. Grob rubbelte sie sich Haar und Haut ab, bis sie trocken genug war, um aus der Dusche zu steigen, und zog den Vorhang auf.
    Sobald der Wasserdampf auf den Spiegel traf, beschlug er – und zwei Worte erschienen auf dem Glas.
    Erinnere dich!

Kapitel 2
     
    Entsetzen packte sie mit der Wucht einer ungebremsten Lokomotive. Sie starrte auf den Spiegel und bemühte sich, zu entscheiden, ob sie wieder halluzinierte oder ob jemand tatsächlich auf den Spiegel geschrieben hatte, damit sie es sah, sobald sie das nächste Mal aus der Dusche stieg.
    Ängstlich wickelte sie sich das Handtuch fest um, während sie nach Anzeichen für einen unsichtbaren Angreifer suchte – so flüchtig sie auch sein mochten. Aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie allein war, zumindest im Bad. Was hinter der Tür lauerte, konnte sie nicht einmal erahnen.
    Sie blickte sich nach einer Waffe um, denn sie wäre gewiss nicht so blöd, unbewaffnet da hinauszumarschieren.
    Als Erstes fiel ihr der Ladyshave ins Auge, den sie gleich verwarf. Die Klobürste würde ihr ebenso wenig nützen. Verzweifelt suchte sie das Regal mit ihrer Sammlung an Kosmetikartikeln ab. Grundierung? Eyeliner? Haarspray? Ja, das Haarspray. Vielleicht konnte sie ihn außer Gefecht setzen, indem sie es ihm in die Augen sprühte.
    Bewehrt mit der Spraydose, schlich sie zur Badezimmertür. Womöglich stand er direkt dahinter und wartete. Ihr Herz hämmerte, als sie das Haarspray zum Schutz vor sich hielt und die Tür einen Spalt weit
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