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Schwarzer Koks (German Edition)

Schwarzer Koks (German Edition)

Titel: Schwarzer Koks (German Edition)
Autoren: James Grenton
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scheißegal, was man von ihr dachte. Aber an diesem Tag war das aus irgendeinem Grund anders. Ihre Hand rutschte unter den Mantel und spielte mit dem Sicherungsflügel der Glock. Sie könnte den Taxifahrer zwingen, in eine verlassene Nebenstraße abzubiegen und Hackfleisch aus dem Drecksack machen. Ihn sogar exekutieren. Kopfschüttelnd zog sie die Hand wieder heraus. Nicht doch, sie war wegen eines Auftrags in London. Soweit kam es noch, dass sie sich von einem popligen Taxler ablenken ließ.
    Sie ließ ihn einige Straßen vor ihrem Ziel halten: ein Pub namens White Lion, gleich östlich von der U-Bahn-Station Bethnal Green. Sie ging an langen Reihen von Backsteinhäusern vorbei und trat ein. Alte Männer mit Hängebacken und verquollenen Augen saßen auf Hockern um wacklige Tische herum. Sie nippten an ihren Bieren und starrten auf den Fernseher in der oberen hinteren Ecke, in dem eine Seifenoper lief. Die Wände zierten große Risse, von denen die vergilbte Tapete weghing. Der Gestank schalen Schweißes hing in der Luft.
    Der Wirt saß auf einem Hocker hinter der Bar. Er war ein kleiner magerer Mann mit einem Rüssel von einer Nase, grauem Bart und dünnen Büscheln schmierigen Haars. Er erinnerte sie an einen der alten Pygmäen, die ihr vor Jahren während einer verdeckten Mission in einem vergessenen Dschungel Zentralafrikas untergekommen waren.
    »Er ist hinten.« Der Wirt wies mit dem Daumen auf eine grünliche Tür. »Hier durch.«
    Amonite stieß sie auf. Drei Gesichter fuhren auf. Alle hatten sie weiße Linien vor sich auf dem ramponierten Tisch. Einer der drei war Tony, die beiden anderen kannte sie nicht. Einer hatte eine gewundene Narbe auf dem rechten Unterarm, eine zerschlagene Nase und eine dicke silberne Kette um das Stielchen von einem Hals. Der andere hatte eine Spinne auf eine seiner Backen tätowiert; er trug einen Kampfanzug und eine rote Kappe, letztere verkehrt herum, wohl in dem vergeblichen Versuch, wie ein Hiphopstar auszusehen.
    »Amonite, was für eine Freude«, rief Tony und wischte sich mit dem Hemdsärmel den Koks von der plumpen Nase. Sein rasierter Schädel schimmerte in dem matten Licht der einzigen Birne im Raum. Bei jeder Bewegung wabbelten die Speckfalten um seinen Hals.
    Amonite spürte, wie sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl. Es tat gut, jemanden zu sehen, der noch hässlicher war als sie. Sie trat die Tür hinter sich zu. Die Wand bebte. Sie riss ihre Pistole heraus.
    »Ich dachte, du wärst untergetaucht«, sagte Tony und sah Amonite dabei von oben bis unten an. Als betrachte er einen Wolkenkratzer.
    »Mach den Kopf zu, Tony. Wo ist mein Geld?«
    »Das… das ist…«
    »Was soll ich mit dem Stoff machen, wenn du das Geld nicht hast?«
    Tonys Adamsapfel tat einen Satz.
    »Vielleicht schieb ich ihn dir in deinen schleimigen Arsch?«
    »Amonite, bitte, ich kann das erklären.«
    Angesichts der Verzweiflung in Tonys Stimme überlief Amonite ein wohliger Schauer. Sie wies mit der Pistole auf die beiden anderen Männer. »Wer zum Teufel sind die zwei Schwuchteln da?«
    »Jungs, das hier ist Amonite Victor.« Tony wies mit einem zitternden Finger auf sie. »Ich schätze, ihr habt schon von ihr gehört.« Die beiden waren blass geworden. Tony nickte in Richtung des Kerls mit der Narbe. »Der hier ist Nazzer. Dealt für mich.« Er nickte in Richtung des Typen mit dem Tattoo. »Der da ist Frankie. Macht mir die Steuer.«
    »Also, Jungs, wo ist mein sauer verdientes Moos?«
    Die beiden hoben die Achseln, der Blick ihrer erweiterten Pupillen auf Amonites Glock.
    »Amonite, du musst mir zuhören.« Die feisten Hände auf den Tisch gestützt, stand Tony auf. »Wir hatten da, äh… ein kleines Problem.
    »Was für ein Problem?«
    »Der Stoff ist verschwunden und–«
    »He, Nazzer.« Amonites Pistole fuhr herum. »Hände so, dass ich sie sehen kann.«
    Nazzer nahm die Hände unter dem Tisch hervor. Amonite bleckte die Zähne. Vermutlich hatte Nazzer da unten eine Waffe versteckt. Wenn er noch einmal danach zu greifen versuchte, würde er es bedauern. Ihre Stimme seelenruhig, wandte sie sich wieder an Tony.
    »Also, wo waren wir?«, fragte sie.
    »Ich beschaffe dir das Geld morgen.«
    Eine blitzartige Bewegung aus Nazzers Richtung; wieder verschwand seine Hand unterm Tisch. Amonite schoss ihm in den Hals. Das Geschoss sorgte für eine Blutfontäne. Nazzer sackte seitwärts weg. Er hielt sich röchelnd mit beiden Händen die Gurgel. Amonite trat auf ihn zu und gab ihm mit einer Kugel
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