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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel
Autoren: Gena Showalter
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nehmen.
    „Raphael ist zu mir gekommen“, wiederholte er. Tu es einfach, sag es! „Er hat mir erzählt, dass der Rat unzufrieden mit dir ist. Er hat gesagt, dass dein anhaltender Widerstand sie langsam ermüdet.“
    Verschwunden war ihr Lächeln. „Ich weiß“, flüsterte sie. „Es ist nur … Ich kann mich einfach nicht überwinden, ihm wehzutun. Wenn ich ihn beobachte, erfüllt mich das mit Freude. Und nach so vielen Jahren treuer Dienste habe ich ein wenig Freude verdient, oder etwa nicht?“
    „Natürlich.“
    „Wenn er tot ist, werde ich niemals die Dinge tun können, von denen ich jetzt träume.“
    Er runzelte die Stirn. „Was für Dinge?“
    „Ihn berühren. Mich in seine Arme schmiegen.“ Eine kurze Pause. „Ihn küssen.“
    Das waren wahrhaftig gefährliche Wünsche. Oh, wie gut er ihre Macht kannte. „Wenn du diese Dinge nie erlebst, ist es leichter, dem Begehren zu widerstehen“, versuchte er ihr zu erklären. Doch zugleich verabscheute er die Vorstellung, dass dieser wundervollen Frau etwas entging, nach dem sie sich sehnte.
    Er könnte im Rat um Vergebung für Aeron bitten, doch das würde nichts bringen. Ein Erlass war ein Erlass. Ein Gesetz war gebrochen worden, also musste jemand dafür bezahlen. „Schon sehr bald wird der Rat gezwungen sein, dich vor die Wahl zu stellen. Deine Pflicht oder dein Sündenfall.“
    Sie starrte auf ihre Hände, mit denen sie wieder ihr Gewand bearbeitete. „Ich weiß. Ich weiß nicht, warum ich immer noch zögere. Er würde mich sowieso nie begehren. Die Frauen hier sind alle aufregend, gefährlich. So kriegerisch wie er. Und ich bin …“
    „Kostbar“, schnitt er ihr das Wort ab. „Du bist ein unbezahlbarer Schatz. Denk niemals etwas anderes.“
    Sie schenkte ihm ein zittriges Lächeln.
    „Ich habe dich immer geliebt, Olivia. Es wäre mir unerträglich, zu sehen, wie du alles für einen Mann aufgibst, der gedroht hat, dich zu töten. Du weißt doch, was du verlieren würdest, oder?“
    Wieder verblasste ihr Lächeln, als sie nickte.
    „Du würdest direkt in die Hölle stürzen. Die Dämonen dort unten werden sich um deine Flügel reißen. Auf die Flügel gehen sie immer als Erstes los. Du wirst nicht länger unempfindlich gegen Schmerzen sein. Du wirst furchtbare Qualen leiden, und trotzdem wirst du dich aus der Unterwelt freigraben müssen – oder dort zugrunde gehen. Deine Kraft wird erschöpft sein. Dein Leib wird nicht von allein heilen. Du wirst zerbrechlicher sein als ein Mensch, weil du nicht unter ihnen aufgewachsen bist.“
    Auch wenn er sich selbst zutraute, so etwas zu überleben, glaubte er nicht, dass Olivia es könnte. Sie war zu zart. Zu … behütet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich jeder Aspekt ihres Lebens um Glück und Freude gedreht. Nie hatte sie etwas anderes kennengelernt.
    Zu ihr wären die Dämonen der Hölle sogar noch grausamer als zu ihm, dem Mann, den sie mehr als jeden anderen fürchteten. Sie war alles, was sie hassten. Durch und durch gut. Eine solche Unschuld und Reinheit zu zerstören, würde sie begeistern.
    „Warum erzählst du mir das?“ Ihre Stimme bebte. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    „Weil ich nicht will, dass du die falsche Entscheidung triffst. Weil ich will, dass du weißt, womit du es zu tun hast.“
    Einen Augenblick lang blieb es still, dann sprang sie auf und warf ihm die Arme um den Hals. „Ich liebe dich, das weißt du, oder?“
    Fest drückte er sie an sich, denn er spürte, das war ihre Art, sich zu verabschieden. Er spürte, es war das letzte Mal, dass sie so miteinander reden konnten. Doch er würde sie nicht aufhalten, egal für welchen Weg sie sich entschied.
    Sie löste sich von ihm und strich sich das blendend weiße Gewand glatt. „Du hast mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Ich lasse dich nun also mit deiner Frau allein. Möge die Liebe dich immer begleiten, Lysander.“ Bei ihren letzten Worten breitete sie die Flügel aus. Aufwärts und davon flog sie, glitt durch die Decke – und durch Biankas Blumen –, bevor sie verschwand.
    Er hoffte, sie würde ihren Glauben wählen, ihre Unsterblichkeit, und nicht den Hüter des Zorns , fürchtete jedoch, es würde anders kommen. Sein Blick schweifte zu Bianka, die nun den Mittelgang entlang zum Ausgang spazierte. An seiner Bank blieb sie stehen und runzelte die Stirn, bevor sie den Kopf schüttelte und ging. Hätte er zwischen ihr und seinem Ruf und Lebensstil wählen müssen, hätte er sich für sie entschieden, das wurde ihm
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